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Den Profis den Rücken stärken!

Der anspruchsvolle Job der pädagogischen Fachkräfte im Sozial- und Erziehungsdienst muss in der Öffentlichkeit stärker wertgeschätzt werden. Dafür kämpft die GEW mit der Kampagne „Wir sind die Profis“.

Die GEW setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, die Sozial- und Erziehungsberufe aufzuwerten. Die Ziele sind, bessere Rahmenbedingungen für die soziale Arbeit zu schaffen, Kita-Qualitätsgesetze einzuführen, eine hochwertige Ausbildung für alle Sozialberufe und eine angemessene Finanzierung der Einrichtungen zu ermöglichen. Denn nur so bleibt das Berufsfeld attraktiv und junge Menschen können für die herausfordernde Tätigkeit gewonnen werden.

2009 und 2015 haben die Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst durch beeindruckende Streiks schon erhebliche Verbesserungen erreicht. Freie und kirchliche Träger haben nachgezogen. Es gibt aber noch offene Forderungen und weiteren Nachholbedarf, um die Sozialberufe wirklich attraktiv zu machen.

Jetzt geht es um einen weiteren Schritt zur Aufwertung der Tätigkeit in Kitas, sozialen Einrichtungen und in der Behindertenhilfe. Es geht um eine bessere Eingruppierung und bessere Arbeitsbedingungen für die kommunal Beschäftigten im Geltungsbereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). 2015 und 2009 kämpfte die GEW gemeinsam mit ver.di für die Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst. In den Tarifverhandlungen konnten sie für die Beschäftigte spürbare Verbesserungen erreichen. Dennoch blieben viele Forderungen offen. 2020 sollten die Verhandlungen fortgesetzt werden, pausierten jedoch pandemiebedingt. Die GEW fordert, gemeinsam mit ver.di, die für die DGB-Gewerkschaften die Verhandlungen führt, von den Arbeitgebern echte Anerkennung und Wertschätzung statt nur lobender Worte.

Wir sind die Profis. Sozial- und Erziehungsberufe: anspruchsvoll und wertvoll!

 

Die gewerkschaftlichen Forderungen:

Verbesserung der Eingruppierungsmerkmale, insbesondere durch:

  • Eingruppierung der Tätigkeit der Kinderpfleger*in/ Sozialassistent*in in die
    EG S 4
  • reguläre Eingruppierung der Erzieherinnen und Erzieher in die EG S 8b
  • Abbildung der pädagogischen Tätigkeiten im offenen Ganztag
 
Verbesserung der Eingruppierung der Beschäftigten im Bereich der Sozialarbeit
durch Gleichstellung mit vergleichbaren Studienniveaus sowie Ausbringen neuer
Merkmale für die Schulsozialarbeit.
Schaffung weiterer Merkmale ab EG S 17 für Tätigkeiten in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und in der Leitungstätigkeit
Anpassung der Stufenlaufzeiten an die allgemeinen Regelungen und Öffnung der Stufen 5 und 6 für alle Entgeltgruppen im Sozial- und Erziehungsdienst
Anpassung der Eingruppierung der Kita-Leitungen an die vorhandenen Anforderungen
Stellvertretende Leitungen verbindlich vorsehen und Festlegung der Mindesteingruppierung in die EG S 11a

Anpassung der Bedingungen, vor allem unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen durch das Bundesteilhabegesetz durch z. B.

  • Aufnahme der Berufsbezeichnungen Arbeitserzieher*in, geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) und der Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung mit Sonderpädagogischer Zusatzqualifikation (FAB mit SPZ).
  • Eingruppierung der Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung und
    pädagogischer Qualifikation in die EG S 8b.
  • Bessere Bewertung der Tätigkeit Beschäftigten im handwerklichen
    Erziehungsdienst durch Eingruppierung in die EG S7
  • Berücksichtigung der Tätigkeit der Schulassistenz / Schulbegleitung sowie
    weiterer Assistenztätigkeiten und Eingruppierung entsprechend des
    Anforderungsprofils
  • Umbenennung der monatlichen Heimzulage in eine Zulage Wohnen und
    Erhöhung auf 150,00 Euro
  • Regelungen zur Vergütung während der Ausbildung zur
    Heilerziehungspflege (HEP)
 
Rechtsanspruch auf Qualifizierung für alle Beschäftigten z. B. von Kinderpflegerinnen und -pflegern sowie Sozialassistentinnen -und assistenten zu Erzieherinnen bzw. Erziehern

Qualität der Arbeit verbessern und Entlastung der Beschäftigten erreichen durch:

  • Ausdehnung der Vorbereitungszeit, um mehr Zeit für die mittelbare
    pädagogische Arbeit zu haben
  • Einführung von Entlastungstagen durch ein Konsequenzenmanagement
 

Anerkennung der Berufstätigkeit und der bei anderen Trägern erworbenen Berufserfahrung

Qualifizierung und angemessene Vergütung für Praxisanleitung sowie die Ausstattung mit Zeitkontingenten

Erläuterungen zu den Forderungen:

Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen üben immer schwierige fachliche Tätigkeiten aus!

Erzieher*innen sind laut Tarifvertrag als Grundeingruppierung in die Entgeltgruppe S 8a eingruppiert, Kinderpfleger*innen in die Entgeltgruppe S 3. Um überhaupt noch genügend Fachkräfte für ihre Kitas zu gewinnen, zahlen einige Kommunen wie Stuttgart und Frankfurt bereits seit Jahren alle Erzieher*innen nach der Entgeltgruppe S 8b. Diese Eingruppierung setzt voraus, dass sie „besonders schwierige fachliche Tätigkeiten“ ausüben. Wir sind der Meinung das trifft auf alle Erzieher*innen überall zu. Sie alle üben besonders schwierige fachliche Tätigkeiten aus und sind nach der Entgeltgruppe S 8b zu bezahlen. Auch Kinderpfleger*innen und Sozialassistent*innen üben alle schwierige fachliche Tätigkeiten aus. Daher fordern wir die Tätigkeitsmerkmale so anzupassen, dass sie alle in der Entgeltgruppe S 4 eingruppiert sind.

Die Ganztagsbetreuung an Schulen wird bundesweit ausgebaut. Im „offenen Ganztag“ übernimmt eine wachsende Zahl von pädagogischen Fachkräften die Betreuung der Schüler*innen außerhalb der Unterrichtszeiten. Bei der geforderten Qualifikation gibt es eine weite Streuung von formal nicht qualifizierten „Hilfskräften“ bis zu voll ausgebildeten pädagogischen Fachkräften. Ihre Eingruppierung ist jedoch bislang nicht durch eigene Tätigkeitsmerkmale in der Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst abgebildet. Das führt dazu, dass sie vielerorts falsch und zu niedrig eingruppiert werden. Durch die Abbildung der Tätigkeiten in der Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst soll sichergestellt werden, dass sie einheitlich und entsprechend ihrer fachlichen Qualifikation bezahlt werden.

Für die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter*in muss man ein Studium auf Bachelorniveau abschließen und ein Anerkennungsjahr absolvieren. Wir fordern, dass sie auch so eingruppiert werden, wie andere Beschäftigte mit vergleichbaren Studienniveaus.  Nach den Tätigkeitsmerkmalen für andere Berufsgruppen mit vergleichbaren Studienniveaus sind diese Beschäftigten in die EG 10 der allgemeinen Tabelle eingruppiert. Das entspricht in etwa der Entgeltgruppe S 15 der S-Tabelle.

Bundesweit wird die Schulsozialarbeit ausgebaut. Das ist richtig und wichtig, denn als Bindeglied zwischen Jugendhilfe und Schule wirkt Schulsozialarbeit in ihrer täglichen Arbeit ergänzend und innovativ in die Schule hinein. Die Angebote richten sich an die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Familien und ergänzen die erziehende und bildende Arbeit der Schule. Die besonderen fachlichen und pädagogischen Herausforderungen müssen durch eigene Tätigkeitsmerkmale erfasst und entsprechend vergütet werden.

Bislang erreichen nur wenige Beschäftigte, z.B. Leiter*innen sehr großer Einrichtungen, die höchsten Entgeltgruppen der S-Tabelle: S 17 und S 18. Durch die Aufnahme weiterer Tätigkeitsmerkmale in diesen Entgeltgruppen sollen mehr Beschäftigte die Möglichkeit haben, sich in ihrer Tätigkeit dahin zu entwickeln, wenn sie besondere Aufgaben und mehr Verantwortung übernehmen.

Für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst gilt eine besondere Entgelttabelle, die sogenannte S-Tabelle. Diese hat im Vergleich zur allgemeinen Entgelttabelle im TVöD verlängerte Stufenlaufzeiten von drei Jahren in der Stufe 2 und vier Jahren in der Stufe 3. Damit sich Berufserfahrung lohnt, sind diese Stufenlaufzeiten an die allgemeine Tabelle anzugleichen. Außerdem soll es für alle Tätigkeiten sechs Erfahrungsstufen geben. Bisher ist für Beschäftigte in der Entgeltgruppe S 4 Fallgruppe 3 („Beschäftigte in der Tätigkeit von Erzieherinnen ...“) und in der Entgeltgruppe S 8b Fallgruppe 3 („Beschäftigte in der Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen ...“) die Stufe 4 bereits die Endstufe.

Die Eingruppierung von Kita-Leitungen und stellvertretenden Leitungen richtet sich bisher ausschließlich nach der Zahl der Durchschnittsbelegung der Einrichtung. Die tatsächlichen Anforderungen für die Leitungstätigkeit wachsen aber auch mit der Zahl der Beschäftigten oder ergeben sich aus dem besonderen Profil der Einrichtung. Dies muss sich auch in einer besseren Eingruppierung niederschlagen, z.B. durch einen Faktor, der die besonderen Betreuungsanforderungen für unter Dreijährige oder Kinder mit Integrationsbedarf berücksichtigt („Faktorisierung der Platzzahlen“).

Mit dem Tarifabschluss 2015 haben die Tarifparteien sich darauf verständigt, dass in jeder Kindertagesstätte eine ständige Vertreterin oder ein ständiger Vertreter der Leiterin oder des Leiters bestellt werden soll. Diese Soll-Bestimmung wird von den Kommunen nicht flächendeckend umgesetzt. Daher fordern wir eine verbindliche Regelung. Damit die zusätzliche Verantwortung einer leitenden Tätigkeit gegenüber der rein pädagogischen Arbeit angemessen herausgehoben wird, soll die Eingruppierung mindestens in die Entgeltgruppe S 11a erfolgen. 

In der Behindertenhilfe gibt es verschiedene Beschäftigtengruppen, die z.B. aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und einer pädagogischen Zusatzausbildung als Arbeitserzieher*innen, (geprüfte) Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung oder im handwerklichen Erziehungsdienst tätig sind. Wir fordern, dass alle Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung und pädagogischer Qualifikation mindestens in die EG S 8b einzugruppieren sind. Beschäftigte, die ohne handwerklichen Abschluss im handwerklichen Erziehungsdienst tätig sind, in die S 7. Die Tätigkeiten der Schulassistenz/Schulbegleitung sowie weiterer Assistenztätigkeiten sind entsprechend des Anforderungsprofils zu berücksichtigen.

Bislang erhalten Beschäftigte Angestellte für die Dauer der Tätigkeit in einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder Jugendwohnheim oder einer vergleichbaren Einrichtung (Heim) eine monatliche Zulage. Wenn in dem Heim in dem Heim überwiegend Menschen mit Behinderung im Sinne des § 2 SG IX oder Kinder und Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege ständig untergebracht sind, beträgt diese Zulage derzeit 61,36 Euro, in anderen Heimen 30,68 Euro monatlich. Eine Begrenzung der Zulage auf Wohnheime entspricht nicht mehr den Zielen des Bundesteilhabegesetztes und auch das Bundesarbeitsgericht geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass für eine Tätigkeit im „betreuten Wohnen“ Anspruch auf eine Heimzulage besteht. Die Zulage soll daher in Zulage Wohnen umbenannt und entsprechend der besonderen Anforderungen auf 150 Euro monatlich erhöht werden.

Mit dem Tarifabschluss 2018 wurden praxisintegriert Auszubildende zur*zum Erzieher*in in den TVAöD Pflege aufgenommen und erhalten seither eine Ausbildungsvergütung. Eine solche Regelung soll auch für praxisintegriert Auszubildende zur Heilerziehungspflege geschaffen werden, damit sie ebenfalls Anspruch auf eine Ausbildungsvergütung erhalten.

Durch einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung soll sichergestellt werden, dass Quereinsteiger*innen den Berufsabschluss zur Fachkraft nachholen können. Denn auf Dauer können nur voll ausgebildete Fachkräfte eine hochwertige pädagogische Arbeit leisten. Wo Personalengpässe durch Quereinsteiger*innen geschlossen werden, stehen die Arbeitgeber in der Verantwortung berufsbegleitende Qualifizierungsangebote zu machen. Pädagogische und soziale Arbeit entwickelt sich auch laufend weiter und die Beschäftigten nehmen vielfältige Angebote wahr, sich weiter zu qualifizieren. So erhalten und erweitern sie ihre Fachkompetenz und helfen die hohe Qualität der Arbeit in den Einrichtungen zu sichern. Damit sie das nicht auf eigene Kosten tun, muss im Tarifvertrag ein Rechtsanspruch auf Qualifizierung verankert werden. Tätigkeitsbezogene Weiterbildungsmaßnahmen sind vom Arbeitgeber zu finanzieren. Die Beschäftigten sind dafür unter Fortzahlung des Entgelts freizustellen.

Zu den Aufgaben der Erzieher*innen gehören die direkte pädagogische Arbeit mit den Kindern und die mittelbare pädagogische Arbeit. Diese umfasst u.a. Vor- und Nachbereitungszeit, Elternarbeit, Beobachtung und Dokumentation, sowie Kooperation mit anderen Pädagog*innen und Einrichtungen. Die mittelbare pädagogische Arbeit ist gleichwertiger Bestandteil der Arbeit und nicht als nachrangig zu betrachten. Bislang stehen den Beschäftigten im Tarifgebiet West für „Vorbereitung und Qualifizierung“ lediglich 19,5 Stunden im Jahr zur Verfügung. Die Zeitkontingente für mittelbare pädagogische Arbeit müssen deutlich erhöht werden. Die GEW fordert einen Zeitanteil von 25 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit. Diese Zeiten müssen verbindlich in die Dienstpläne eingearbeitet werden mit klaren Regeln, was bei Verstößen passiert („Konsequenzenmanagement“). Wenn Beschäftigte die vorgesehen Zeiten für mittelbare pädagogische Arbeit in einem bestimmten Zeitraum unterschreiten, sind zum Ausgleich Entlastungstage vorzusehen.

In den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst zählt bei anderen Arbeitgebern erworbene Berufserfahrung nur begrenzt bei der Zuordnung zu den Entgeltstufen. Wir sind der Meinung, dass Berufserfahrung in Sozial- und Erziehungsberufen immer gleich wertvoll ist, egal bei welchem Arbeitgeber sie erworben wurde. Deshalb ist sie auch bei der Stufenzuordnung immer voll anzuerkennen. Das wäre zugleich ein wichtiger Beitrag, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes in den Sozial- und Erziehungsberufen zu erhöhen.

Aufgrund der hohen Praxisanteile in der Erzieher*innenausbildung und in den Studiengängen zur Sozialen Arbeit gehört die Praxisanleitung zu den regelmäßigen Aufgaben erfahrender Kolleg*innen. Das wird im Tarifvertrag bisher nicht abgebildet. Weder durch eine verbindliche (Weiter)Qualifizierung noch durch eine angemessene Vergütung oder Ausstattung mit Zeitkontingenten. Praxisanleitung darf aber nicht nur „nebenher“ laufen, sondern erfordert entsprechende Rahmenbedingungen, damit neue Kolleg*innen optimal auf den Beruf vorbereitet werden ohne dass die anleitenden Kolleg*innen dafür zusätzliche Belastungen in Kauf nehmen müssen.

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