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Bündnis Frist ist Frust: „Vier Milliarden Euro für Befristung und Ausbeutung“

Mittelbauvertreterinnen und -vertreter sowie Gewerkschaften kritisieren Umsetzungspläne des „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“

Berlin/Frankfurt a.M. – Als Vergeben einer historischen Chance bewertet das Bündnis „Frist ist Frust“ den „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“. Den Aushandlungsprozess zu diesem Bund-Länder-Vertrag wird die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) voraussichtlich am Freitag (26.6.) in Berlin endgültig abschließen. Das Bündnis, initiiert vom Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft sowie den Gewerkschaften ver.di und GEW, kritisiert, dass die jährlich rund vier Mrd. Euro, die durch den Vertrag ab 2021 zeitlich unbegrenzt an die Hochschulen fließen, nicht an mehr dauerhafte Beschäftigung und bessere Arbeitsbedingungen an den Hochschulen geknüpft werden. Stattdessen werde die Verantwortung vom Bund an die Länder und von dort an die einzelnen Hochschulen verschoben. Das Bündnis hatte unter anderem gefordert, die Schaffung von Dauerstellen verbindlich im Vertrag festzuschreiben, eine Obergrenze für die Lehrverpflichtung einzuziehen und die Beschäftigten in den Prozess einzubeziehen. Nichts davon werde aus Sicht des Bündnisses umgesetzt.

Dr. Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und verantwortliches Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, sagt dazu: „Wir wissen aus Erfahrung: Je größer der beschäftigungspolitische Spielraum der Hochschulen ist, desto höher ist die Befristungsquote. An den Universitäten sind wir bei etwa 90 Prozent angekommen! Zum Schutz der Beschäftigten muss die Freiheit der Hochschulen in dieser Frage dringend begrenzt werden. Hierfür hätte der Zukunftsvertrag die perfekten Voraussetzungen geboten. Die Hochschulen bekommen jährlich vier Milliarden Euro aus dem Zukunftsvertrag, die der Sicherung einer hohen Qualität in Studium und Lehre dienen sollen. Warum der Bund, der dauerhaft 50 Prozent der Gelder zahlt, den Ländern keine klaren Vorgaben macht, wie die Beschäftigungs- und Qualitätssicherungsziele des Zukunftsvertrages zu erreichen sind, ist unbegreiflich. Hochschullehre ist eine Daueraufgabe, für die Dauerstellen zu schaffen sind.“

Sylvia Bühler, für Bildung, Wissenschaft und Forschung zuständiges Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes kritisiert: „Es passt nicht zusammen, wenn sich Hochschulen und Politik auf der einen Seite darauf verlassen, dass Beschäftigte in der Corona-Krise ad hoc ein digitales Semester aus dem Boden stampfen und sie auf der anderen Seite einem Großteil dieser Beschäftigten prekäre Arbeitsbedingungen zumuten. Anerkennung und Wertschätzung sieht anders aus. Der Zukunftsvertrag ist jedenfalls für zehntausende befristet Beschäftigte kein Vertrag in eine bessere Zukunft und damit eine große Enttäuschung. Studium und Lehre dürfen nicht auf prekärer Arbeit aufgebaut sein, stattdessen braucht es Dauerstellen und klare Perspektiven. Wir geben keine Ruhe, bis diese ungehörigen Praktiken abgestellt sind.“

Dr. Dr. Peter Ullrich, Vertreter des Netzwerks für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss) betont: „Der ‚Konsultationsprozess‘ der vergangenen Monate zum Zukunftsvertrag zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den zuständigen Länderministerien war von einer skandalösen Intransparenz geprägt. Beteiligung der Betroffenen – Fehlanzeige. Das lässt nichts Gutes für die Umsetzung in den Ländern und an den Hochschulen erwarten. Politik und Hochschulleitungen täten aber gut daran, diesen Fehler nicht zu wiederholen. Die Beschäftigten werden ihnen das nicht nochmal durchgehen lassen.“

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