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GEW: „Kein Grund zum Jubeln“

Bildungsgewerkschaft zur Studie „Unterwegs zur inklusiven Schule“: „Bund und Länder müssen sich dringend weiter anstrengen“

Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat von Bund, Ländern und Kommunen mehr Anstrengungen bei der Umsetzung der Inklusion angemahnt. „Es gibt keinen Grund zum Jubeln. Politik muss mehr Geld in die Hand nehmen sowie Konzepte und Strukturen entwickeln, damit Inklusion erfolgreich sein kann“, betonte Ilka Hoffmann, für Schule verantwortliches GEW-Vorstandsmitglied, mit Blick auf die heute veröffentlichte Studie „Unterwegs zur inklusiven Schule“ der Bertelsmann Stiftung. „Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass der Fortschritt bei der Inklusion bescheiden ist. Das gilt insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Bundesregierung die UN-Behindertenkonvention bereits vor fast zehn Jahren unterzeichnet hat.“ Hoffmann kritisierte, dass Bund und Länder weder eine Strategie noch Standards vorgelegt hätten, wie Inklusion in den Schulen umgesetzt werden solle.

Die Umsetzung sei regional extrem unterschiedlich, in vielen Bundesländern halbherzig bis zögerlich und vom Bund eher theoretisch angegangen worden. „Wir brauchen jetzt dringend ein Bund-Länder-Programm, damit die Inklusion nicht vor die Wand gefahren wird. Einige Bundesländer haben sich mittlerweile negativer Stimmungsmache gebeugt und sogar den Rückwärtsgang eingelegt. Das darf nicht sein“, unterstrich die GEW-Schulexpertin. „Wir fordern die Bildungspolitik auf, die Inklusion nicht in der Schublade verschwinden zu lassen.“

„Gerade in Zeiten, in denen Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten zunehmen und der Rechtspopulismus auf dem Vormarsch ist, wird gute Inklusion in den Bildungseinrichtungen wichtiger denn je“, hob Hoffmann hervor. „Wer die Demokratie und das friedliche Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft fördern will, muss damit in der Bildung anfangen.“

Info: Die Studie „Unterwegs zur inklusiven Schule“ 2018 nimmt zum ersten Mal nicht die sogenannte „Inklusionsquote“ in den Blick, sondern untersucht die „Exklusionsquote“. Mit „Exklusionsquote“ ist der Anteil aller Kinder und Jugendlichen gemeint, der in Förder- und Sonderschulen unterrichtet wird. Hintergrund dieser Perspektive ist die Erkenntnis, dass die „Inklusionsquote“ wenig aussagekräftig ist, um den Fortschritt der schulischen Inklusion zu messen. Der Grund: Diese Quote erhöht sich allein dadurch, dass Kindern und Jugendlichen, die in der Regelschule unterrichtet wurden, ein sonderpädagogischer Förderbedarf zuerkannt wurde. Deren Zahl stieg in fast allen Bundesländern, da die schlechte personelle Ausstattung der Schulen kaum Zeit für die individuelle Förderung der Kinder ließ. Die Inklusionsquote sagt also mehr darüber aus, welche Probleme die Schulen haben, Kinder und Jugendliche mit Lern- und Verhaltensproblemen zu fördern, als über den Fortschritt in der inklusiven Bildung.

Die Studie „Unterwegs zur inklusiven Schule“ 2018 kommt zu dem Schluss, dass die Exklusionsquote bundesweit zurück gegangen sei, allerdings in fast zehn Jahren, die seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch Deutschland vergangen sind, lediglich um ein Zehntel. In Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz steige die Quote sogar wieder an.

Die Bertelsmann-Stiftung spricht vor allem mit Blick auf den Förderbedarf Lernen von einem Erfolg und einer „Annäherung an internationale Standards“. Hoffmann weist dagegen darauf hin, dass es diese Kategorie – „Förderbedarf Lernen“ oder auch „Lernbehinderung“ – in kaum einem anderen Staat der Welt gebe. Daran könne also internationaler Erfolg kaum gemessen werden.

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Ulf Rödde
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