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GEW: „Jetzt Weichen für Kurswechsel im Bologna-Prozess stellen“

Bildungsgewerkschaft zur gemeinsamen Tagung von Kultusminister- und Hochschulrektorenkonferenz

Frankfurt a.M. - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bund, Länder und Hochschulen aufgefordert, jetzt die Weichen für den in Aussicht gestellten Kurswechsel in den Bologna-Reformen zu stellen. „Seit den Bildungsprotesten des vergangenen Jahres gibt es einen breiten politischen Konsens: Die Ziele des Bologna-Prozesses zur Reform des Studiums im Europäischen Hochschulraum stoßen auf Zustimmung, ihre Umsetzung in Deutschland funktioniert jedoch vielerorts nicht. Deshalb brauchen wir in dreierlei Hinsicht einen Kurswechsel im Bologna-Prozess: erstens eine deutliche Reduzierung der Arbeits- und Prüfungsbelastung in den neuen Studiengängen, zweitens eine bessere Durchlässigkeit beim Übergang vom Bachelor zum Master und drittens eine intensivere Betreuung der Studierenden“, erklärte das für Hochschulen verantwortliche GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller aus Anlass einer gemeinsamen Tagung von Kultusministerkonferenz (KMK) und Hochschulrektorenkonferenz (HRK) am Mittwoch in Berlin.

Keller begrüßte, dass die KMK ihre „Strukturvorgaben für Bachelor- und Masterstudiengänge“ sowie die „Rahmenvorgaben für die Modularisierung“ überarbeitet habe, kritisierte diese aber zugleich als „halbherzig“. „Die Reform der lange Zeit für sakrosankt erklärten KMK-Vorgaben war überfällig. Die jetzt vorgelegten Veränderungen bleiben aber hinter den im Dezember geweckten Erwartungen zurück. Die Hochschulen können künftig auf Modulprüfungen verzichten oder Prüfungen zusammenlegen – aber nur als begründete Ausnahme von der Regel. Es fehlt eine transparente Regelung, die die Prüfungsbelastungen in allen Studiengängen auf ein zumutbares Maß beschränkt“, betonte Keller. „Unter dem Übermaß an ‚Workload’ leiden nicht nur Studierende, sondern auch die Lehrenden. Sie müssen Prüfungen abnehmen, Anwesenheitslisten kontrollieren und Modulhandbücher schreiben“, unterstrich der GEW-Hochschulexperte.

Auch die neuen KMK-Regelungen für den Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium kritisierte Keller als unzureichend. „Die Länder sind künftig zwar nicht mehr verpflichtet, besondere Zugangshürden beim Zugang zum Masterstudium zu verlangen, diese sind aber weiterhin ausdrücklich vorgesehen. Die Hochschulen können beispielsweise eine Mindestnote im Bachelor-Examen verlangen oder eine Übergangsquote vorschreiben. Die GEW bleibt bei ihrer Forderung nach einem freien Zugang zum Masterstudium, der weder durch Note noch Quote beschränkt werden darf“, erklärte Keller. „Die Studierenden wollen und sollen selbst entscheiden, ob sie einen Master machen wollen.“ Dies sei eine der zentralen Forderungen der Bildungsproteste, die wir ernst nehmen sollten.

Die GEW begrüßt die Initiative von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) zu einem „Qualitätspakt für die Lehre“. „Die Bologna-Reformen werden nur dann nachhaltig Erfolg haben, wenn die Betreuung der Studierenden substanziell verbessert wird. Bund und Länder müssen sich daher schnell auf die Eckpunkte des angekündigten Qualitätspakts verständigen“, forderte Keller. Er machte darauf aufmerksam, dass an den Universitäten jeder Hochschullehrer 58 Studierende zu betreuen habe. Der Wissenschaftsrat empfehle dagegen ein Betreuungsverhältnis von 1:40. „Der ‚Qualitätspakt für die Lehre’ ist überfällig und muss mindestens die vom Wissenschaftsrat bezifferten 1,1 Milliarden Euro pro Jahr beinhalten. Der Pakt muss außerdem in der Fläche wirken. Er darf nicht nach dem Vorbild der ‚Exzellenzinitiative’ als Wettbewerb ausgestaltet werden“, sagte Keller.

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