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GEW: „Her mit den Dauerstellen – Ampelkoalition muss jetzt liefern!“

Bildungsgewerkschaft zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz: Mit Aktionskonferenz den Druck auf die Bundesregierung erhöhen

Berlin – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Ampelkoalition aufgefordert, den für diesen Winter angekündigten Gesetzentwurf für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) endlich vorzulegen. „Bereits in ihrem Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 haben SPD, Grüne und FDP eine WissZeitVG-Reform versprochen und sich dabei auf den GEW-Slogan ‚Dauerstellen für Daueraufgaben‘ bezogen. Seit der Veröffentlichung der Evaluation des Gesetzes im Mai 2022 haben wir es schwarz auf weiß: Der Trend zu immer mehr Zeitverträgen mit immer kürzeren Laufzeiten in der Wissenschaft ist ungebrochen. Die Ampelkoalition muss das Gesetz jetzt endlich radikal reformieren und dem Befristungsunwesen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen Einhalt gebieten“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte, aus Anlass der heutigen Aktionskonferenz der Bildungsgewerkschaft in Berlin.

„Das 2007 in Kraft getretene Gesetz hat in beispielloser Weise die Prekarisierung der Arbeit in Hochschule und Forschung vorangetrieben. 84 Prozent aller wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten sind befristet beschäftigt. 42 Prozent von ihnen mit einem Vertrag, dessen Laufzeit weniger als ein Jahr beträgt. Zwei Drittel aller Promovierenden werden mit einer halbfertigen Doktorarbeit auf die Straße gesetzt. Kettenverträge bestimmen den Alltag der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Wer mindestens acht Jahre an einer Universität beschäftigt ist, kann auf sieben bis acht befristete Arbeitsverträge zurückblicken. Das WissZeitVG stellt den Arbeitgebern eine Lizenz zum willkürlichen Befristen aus – es muss daher zu einem Wissenschaftsentfristungsgesetz weiterentwickelt werden“, betonte Keller mit Blick auf den Dresdner Gesetzentwurf, den die GEW im September 2022 während ihrer Wissenschaftskonferenz in der sächsischen Landeshauptstadt präsentiert hat.

„Der Bund muss Rahmenbedingungen festlegen, die eine erfolgreiche wissenschaftliche Qualifizierung ermöglichen, und die Weichen für eine Entfristungsoffensive in der Wissenschaft stellen. Dazu gehören Vertragslaufzeiten von in der Regel sechs, mindestens aber vier Jahren für Promovierende und das Recht auf Qualifizierung in der Arbeitszeit. Wenn keine Qualifizierung möglich ist, werden Daueraufgaben erledigt, für die Dauerstellen eingerichtet werden müssen“, betonte der GEW-Hochschulexperte. „Mit der Promotion ist die wissenschaftliche Qualifizierung nach Maßgabe des Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmens abgeschlossen. Promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern muss deshalb entweder eine Dauerstelle oder ein Zeitvertrag mit verbindlicher Entfristungszusage angeboten werden“, sagte Keller. Darüber hinaus müsse endlich die Tarifsperre aus dem Gesetz gestrichen werden, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, sachgerechte Regelungen zu Zeitverträgen auszuhandeln. „Die Stärkung der Tarifautonomie und -bindung ist eines der Leitmotive des Ampelkoalitionsvertrags. Dieses Prinzip muss auch für die rund 800.000 Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen gelten“, mahnte der GEW-Vize.

„Hire and Fire in Hochschule und Forschung – das ist nicht nur unanständig gegenüber den hoch qualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sondern untergräbt auch die Kontinuität und damit Qualität von Lehre und Forschung sowie die Attraktivität des Arbeitsplatzes Wissenschaft“, unterstrich Keller. Der Bund habe in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik „wenig zu sagen“, aber er habe die Gesetzgebungskompetenz für das Arbeitsrecht. „Die Ampelkoalition muss jetzt Farbe bekennen, dem Befristungsmissbrauch die Rote Karte zeigen und Grünes Licht für Dauerstellen für Daueraufgaben in der Wissenschaft geben,“ appellierte der GEW-Sprecher abschließend.

Info: Die GEW-Aktionskonferenz „Her mit den Dauerstellen!“ findet heute von 10:30 bis 15:15 Uhr in Berlin statt und kann auf der GEW-Webseite im Livestream verfolgt werden.

Um 11 Uhr wird der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Jens Brandenburg, sprechen, um 13:30 Uhr startet die Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten von SPD, Union, Grünen, FDP und Linken. Davor werden Vertreterinnen und Vertreter der Gesetzesevaluationen Stellung nehmen.

Hier finden Sie den Dresdner Gesetzentwurf der GEW und weitere Informationen zum WissZeitVG.

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Ulf Rödde
Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands, Pressesprecher / Redaktionsleiter E&W
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