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GEW: „Corona-Krise zeigt: Nur ein gut ausgestattetes inklusives Schulsystem ist krisensicher und bietet Chancengleichheit“

Bildungsgewerkschaft zur Studie von Hollenbach-Biele und Klemm: „Inklusive Bildung: zwischen Licht und Schatten“

Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat mit Blick auf die heute veröffentliche Inklusions-Studie von Nicole Hollenbach-Biele und Klaus Klemm die Politik gemahnt,ihre Anstrengungen für ein inklusives Bildungs- und Gesellschaftssystem zu verstärken“. „Die Kultusministerinnen und -minister müssen gemeinsam Standards und Konzepte für die inklusive Bildung entwickeln und die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland ratifiziert hat, endlich ernst nehmen. Das heißt konkret: die materiellen, personellen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine gelingende Inklusion zu schaffen und flächendeckend inklusive Fortbildung und Schulentwicklung anzubieten“, sagte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied Schule, am Donnerstag in Frankfurt a.M. „Demokratie heißt Partizipation und gleiche Rechte für alle Menschen. Demokratie und Inklusion gehören zusammen. Der Blick auf die Bildungspolitik allein vom Abitur aus, geschmückt mit einzelnen ‚Förderbonbons‘, ist im Kern nicht demokratisch.“

„Schulen, die inklusiv arbeiten und es gewohnt sind, unterschiedliche Lern- und Lebensbedingungen in den Blick zu nehmen, haben die Corona-Krise besser gemeistert als andere. Wir müssen die Erfahrungen aus der Krise zum Anlass nehmen, ein Schulsystem, das stark auf Elitebildung setzt, auf den Prüfstand zu stellen“, betonte Hoffmann.

„Die Bildungspolitik hat es bisher versäumt, die UN-Behindertenrechtskonvention beherzt umzusetzen“, unterstrich die GEW-Schulexpertin. Sie ignoriere die Befunde der Bildungsforschung, nach denen die soziale und kognitive Lernentwicklung der Kinder an inklusiven Schulen besser gelinge als in einem gegliederten Schulsystem. „Die Corona-Krise hat die sozial- und bildungspolitischen Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte überdeutlich sichtbar gemacht. Wegen der schlechten Rahmenbedingungen wie Lehrkräftemangel und unzureichende technische Ausstattung der Schulen haben die Maßnahmen in der Krisenzeit Diskriminierungen und Benachteiligungen, die es bereits vorher gab, noch einmal verstärkt“, sagte Hoffmann.

So seien die Menschen mit Behinderungen zu Beginn der Pandemie offenbar vergessen worden. Die Schulen seien vorsorglich geschlossen worden, die Förderschulen blieben offen. Zu Beginn der Krise sei auch die besondere Gefährdung von Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe nicht in den Blick genommen worden. Das Krisenmanagement habe Millionen Menschen schlicht übersehen. „Separierende Systeme bedeuten offensichtlich: Aus den Augen, aus dem Sinn“, kritisierte Hoffmann. „Gute inklusive Konzepte setzen sowohl auf die Eigenaktivität der Lernenden als auch auf differenzierende Lernangebote. Beides ist notwendig, wenn möglichst alle Kinder und Jugendlichen auch in einem Wechsel von Präsenz- und Fernunterricht erreicht werden sollen. Eine Demokratie darf es sich nicht leisten, dass das Recht auf Inklusion davon abhängt, wo ein Kind aufwächst.“

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