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Mit Kindern über den Ukraine-Krieg sprechen

Der Ukraine-Krieg ist auch für Kinder sehr nah – sie spüren dabei die Verunsicherungen und Ängste bei den Erwachsenen. Besonders Kinder mit Fluchterfahrungen oder Migrationsgeschichte kann das überfordern. So kannst du im pädagogischen Alltag und in der Kita darauf reagieren.

Der Ukraine-Krieg ist auch für Kinder sehr nah – sie spüren dabei die Verunsicherungen und Ängste bei den Erwachsenen. (Foto: Shutterstock/GEW)

Der Überfall der Ukraine bewegt auch die Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. Innerhalb von zwei Wochen haben Tausende Gefluchtete aus der Ukraine Deutschland erreicht – vor allem Mütter und Kinder. Sie brauchen unsere Unterstützung und Schutz, den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe kommt hierbei eine besondere gesellschaftliche Verantwortung zu. Doch was bedeutet das für die Fachkräfte? Soll ich den Krieg überhaupt thematisieren? Und wenn ja, muss ich dabei neutral bleiben und welche Materialien kann ich verwenden? Die Bildungseinrichtungen müssen darauf reagieren, sagt GEW-Kitaexpertin Doreen Siebernik „Erzieherinnen und Erzieher, sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, haben seit 2015 viele Erfahrungen mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Kitas und in der Jugendhilfe gemacht. Sie sind die Profis, um in dieser Situation den Familien Stabilität und Sicherheit zu geben.“

Gleichzeitig stellt die GEW klar, dass es für die Einrichtungen eine große Herausforderung werden wird, auf die Situation angemessen zu reagieren: Die Pädagoginnen und Pädagogen sind erschöpft nach zwei fast Jahren Arbeiten in der Coronapandemie., ergänzt Siebernik. Erfahrungsgemäß engagieren sich die Fachkräfte in außerordentlichem Maße für geflüchtete Kinder und Jugendliche, sagt Siebernik. Trotzdem brauchen die Einrichtungen der Kinder und Jugendhilfe zusätzliche Fachkräfte. Sowohl Expertise in asylrechtlichen Fragen und für Traumata als auch herkunftssprachliche Fachkräfte werden verstärkt benötigt.

Die GEW gibt Tipps und Empfehlungen, wie das aufgegriffen werden kann. Dazu gibt es Hinweise zum Umgang mit traumatisierten Kindern und Kindern und Jugendlichen mit ukrainischer oder russischer Migrationsgeschichte

Tipps zum Umgang mit Angst und Unsicherheit der Kinder

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind Hunderttausende Menschen auf der Flucht. Um Eltern und Kindern beim Umgang mit dieser traumatischen Erfahrung zu helfen, gibt es pädagogische Materialien – auch auf Ukrainisch.

Wie gehe ich mit den Gefühlen der Kinder und mit den eigenen um? Wie gehe ich professionell und emphatisch an das Thema heran? Was kann ich als Fachkraft dazu beitragen, den Kindern in dieser Situation Halt zu geben?

Bilderbücher bieten Fachkräften und Kindern die Möglichkeit, einen einfachen Zugang zu Gefühlen und Gedanken zu erlangen.

  • Maclear, Kyo:  Wir sind hier: Eine Geschichte von Flucht und Hoffnung. Zuckersüß Verlag 2021 (ab 3 Jahren)
  • Sleger, Yoeri: Das Krokodil sucht eine neue Heimat. Carl-Auer Verlag 2021 (ab 3 Jahren)
  • Pintadera, Fran: Irgendein Berg.  Peter Hammer Verlag 2018 (ab 4 Jahren)
  • Szillat, Antje: Du gehörst (nicht) dazu!. Coppenrath Verlag (ab 4 Jahren)
  • Kobald, Irena; Blackwood, Freya: Zuhause kann überall sein. Knesebeck Verlag (ab 5 jahren)
  • Spilsbury, Louise: Weltkugel 3: Wie ist es, wenn es Krieg gibt? Alles über Konflikte. Gabriel Verlag 2019 (ab 5 Jahren)
  • Roberts, Ceri:  Weltkugel 2: Wie ist es, wenn man kein Zuhause hat?: Alles über Flucht und Migration. Gabriel Verlag 2018 (ab 5 Jahren)
  • Popov, Nikolai: Warum?. Minedition (ab 5 Jahren)
  • Bodmer, Thomas; Serres, Alaine: Ich bin ein Kind und ich habe Rechte. NordSüd Verlag (ab 5 Jahren)
  • Tuckermann, Anja: Schulz, Tine: Alle Da: unser Kunterbuntes Leben. Klett Kinderbuch (ab 5 Jahren)

Die Pädagogin und Lehrbeauftragte des Ruth Cohn Instituts, Susanne Stein, hat ein Trauma-Bilderbuch für Familien mit Kindern auf der Flucht geschrieben und illustriert. „Das Kind und seine Befreiung vom großen, großen Schatten der Angst“ mit 26 Bildern, einem Anhang mit Informationen für Eltern sowie Ideen für Kinder soll Familien sowie professionelle Helferinnen und Helfer im Umgang mit posttraumatischen Belastungen unterstützen.

Stein stellt die Booklets auf ihrer Webseite kostenlos in 14 Sprachen zur Verfügung – auch auf Ukrainisch.

Das Trauma-Bilderbuch zeigt auf, was geflüchtete Kinder brauchen: praktische Hilfen im Alltag, tröstende Botschaften der Eltern und eventuell den Weg in eine Therapie. Weitere Infos.

Tipps für den Umgang mit dem Ukraine-Krieg in der Schule

  • Prüfe den Wahrheitsgehalt von Nachrichten und sprich auch mit Kindern über Falschinformationen. In den Sozialen Medien und Netzwerken werden international zunehmend Falschinformationen über den Krieg Russlands gegen die Ukraine verbreitet. Auch in Deutschland gibt es fragwürdige Informationen. Correctiv.org geht diesen Gerüchten nach und klärt diese auf.
  • Sprich mit Kindern, Jugendlichen und Eltern über ihre Sorgen und Ängste und nimm sie ernst.
  • Nimm dir selbst ab und zu eine Pause von den vielen schlechten Nachrichten – so bleibst du gesund.

Kinder und Jugendliche sind über Smartphone und Soziale Medien ständig einer Fülle von Informationen ausgesetzt. Das Portal Schau-Hin zeigt, wie man Kinder und Jugendliche im Umgang mit Nachrichten und Medien begleitet.

Antworten auf häufige Fragen aus der Praxis

Nein. Die Kinder und Jugendhilfe hat den originären Auftrag, schon die jüngsten Kinder im Geiste der Menschenwürde, Demokratie und Gleichberechtigung zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern zu bilden und ihre Entwicklung zu verantwortungsbewussten Persönlichkeiten, sowie ihre aktive gesellschaftliche Teilhabe, zu fördern. Die juristischen Vorgaben des Kinder- und Jugendhilfegesetz hierzu sind eindeutig und verbinden den Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsauftrag an die Ausbildung von grundlegenden Sozialkompetenzen. Im Kontext der Kinderrechte müssen Kinder an allen sie betreffenden Angelegenheiten mitentscheiden können. Dies unterstreicht den Charakter der Kinder und Jugendhilfe als „Kinderstube der Demokratie“. Eine professionelle „parteipolitische Neutralität“ bezieht sich auf das Unterlassen von Werbung für wirtschaftliche, politische, weltanschauliche und sonstige Interessen. Sie bedeutet nicht, dass sie sich zu politischen Themen nicht äußern dürfen.

Die kritische Auseinandersetzung mit tagespolitischen Themen – wie etwa dem Krieg in der Ukraine – gehören ebenso dazu wie die Thematisierung von Diskriminierungen innerhalb und außerhalb der Bildungseinrichtungen.

Wichtig ist, die Sorgen und Ängste der Kinder ernst zu nehmen, egal welchen familiären Hintergrund sie haben. Bildungseinrichtungen müssen immer ein Schutzraum für alle Kinder und Jugendlichen sein. Es kann sinnvoll sein, auf betroffene Familien zuzugehen und Einzelgespräche mit ihnen zu führen. Bei Diskussionen in der Einrichtung ist es wichtig, betroffenen Rückzugsräume zu ermöglichen, z.B. in dem sie nicht an einer Lesekreisen teilnehmen. Insbesondere mit Blick auf Stigmatisierungen oder Ausgrenzungen sollten Fachkräfte wachsam sein und diesen Dynamiken entgegentreten, auch innerhalb der eigenen Team-Strukturen.

Weiterführende Tipps

Gerade in der aktuellen Situation ist es wichtig Demokratie- und Friedenspädagogik offensiv in den Vordergrund zu stellen.

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) haben jeweils auf ihren Homepages Beiträge zur Begleitung und Unterstützung der Fachkräfte im Kontext der Demokratie- und Friedenspädagogik. Der paritätische Gesamtverband bietet eine kostenfreie E-Learning Plattform „Partizipatzion und Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung“ an, auf die wir sehr gerne verweisen wollen.

Die eigene mentale- und körperliche Gesundheit nicht aus dem Blick verlieren

Die Situation und die ständige Berichterstattung wirkt auch auf die Fachkräfte aus. Als GEW sind wir in unseren Landesverbänden und Gliederungen mit Angeboten des kollegialen Austausches für euch da. Da alle unterschiedlich mit der Thematik umgehen möchte, wollen wir auf die Rufnummer der Telefonseelsorge hinweisen. Diese ist Rund um die Uhr geschaltet, kostenlos und anonym. 0800- 111 0 111 oder unter 080-111 0 2222

Akute Hilfe bei Angst oder Panikattacken bietet auch die Nummer gegen Kummer. Sie wendet sich speziell an Kinder und Eltern: 0800 – 111 0 550. Telefonische Beratung, montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, dienstags und donnerstags bis 19 Uhr. Anonym und kostenlos. www.nummergegenkummer.de