Expertisen zum Thema Lehrer_innenbildung
Die GEW-nahe Max-Traeger-Stiftung hat zu ausgewählten Fragestellungen rund um das Thema Lehrer_innenbildung die Anfertigung von wissenschaftlichen Expertisen durch ausgewiesene Wissenschaftler_innen und Expert_innen gefördert.
(Maik Walm und Dr. Doris Wittek, Universität Rostock/Universität Marburg, 2014)
Diese Expertise gibt einen Überblick über den Flickenteppich der Lehrer_innenbildung in den 16 Bundesländern. In Deutschland ist die Lehrer_innenausbildung in allen Ländern in zwei Phasen – das Studium und den Vorbereitungsdienst – untergliedert. Die dritte Phase der Lehrer_innenbildung – Fort-und Weiterbildung im Schuldienst – ist deutlich weniger strukturiert. In der ersten Phase zeigt sich, dass sich die Studiendauer und -struktur je nach Lehramtstyp und Bundesland sehr unterschiedlich darstellt: von einer gleichen Studiendauer für alle Lehramtsstudiengängen in mittlerweile sieben Bundesländern bis hin zu unterschiedlichen Varianten einer Differenzierung der Studiendauer für verschiedene Lehrämter. Auch die Dauer des Vorbereitungsdienstes ist in den Ländern unterschiedlich, wenngleich in elf Bundesländern eine Angleichung auf 18 Monate stattgefunden hat. Ein ähnliches Bild liefert die Struktur des Studiums, da Umfang und Inhalte von fachdidaktischen, bildungswissenschaftlichen und fachwissenschaftlichen Anteilen des Studiums nach Bundesland und Lehramts-Typ unterschiedlich ausgestaltet sind. Gemeinsamkeiten gibt es vor allem bei den praxisbezogenen Studieninhalten, aber auch bei den Prüfungsleistungen im Vorbereitungsdienst. In den meisten Bundesländern kann das Lehramtsstudium je nach Lehramtstyp mit einem Master und/oder Staatsexamen abgeschlossen werden. Darüber hinaus gibt es in fast allen Bundesländern die Möglichkeit eines Seiten- oder Quereinstiegs, aber nicht immer für alle Schulformen. Des Weiteren zeigen sich Unterschiede in der Zulassung, Altersbegrenzungen, Berufserfahrung und in der berufsbegleitenden Qualifizierung. Insgesamt zeigt die Expertise von Walm und Wittek, dass im Kontext hochschulpolitischer Prozesse wie etwa dem Bologna-Prozess oder der Qualitätsoffensive Lehrerbildung in den letzten Jahren durchaus Bewegung in die Struktur der Lehrer_innenbildung gekommen ist, allerdings kann nicht von einer einheitlichen länderübergreifenden Entwicklung gesprochen werden.
(Sonja Weeber und Dietmar Hobler, sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Transferinstitut SowiTra Berlin, 2015)
Diese Expertise hat eine statistische Analyse der geschlechtsspezifischen Verteilungen von Lehramstudent_innen nach Lehramtstyp und Studienbereichen zum Gegenstand. Die statistische Aufarbeitung stützt sich auf die Daten der Hochschulstatistik des Statistischen Bundesamtes im Wintersemester 2013/14. Es zeigt sich, dass von allen Lehramststudent_innen bundesweit 66 Prozent Frauen sind. Der Frauenanteil unter den Lehrer_innen in der Primar- und Sekundarstufe I sowie an Förderschulen ist besonders hoch, während die Geschlechterverhältnisse an der Sekundarstufe II und an Gymnasien deutlich ausgeglichener sind. Dies spiegelt sich auch in der Wahl der Studienbereiche bzw. –fächer wider. Frauen wählen häufig Germanistik, welches auch ein Hauptfach für die Grundschule ist (Deutsch), während Männer sich eher für Fächer entscheiden, die für die Sekundarstufe I und II relevant sind. Das Ergebnis der Analyse ist, dass geschlechterspezifische Unterschiede in der Lehrer_innenbildung deutlich werden und das eine geschlechtergerechte und geschlechtersensible Lehrer_innenbildung notwendig ist.
(Prof. Dr. Nicolai Dose und Dr. Leon Arvid Lieblang, Universität Duisburg-Essen, 2015)
Die einphasige Lehrer_innenbildung geht in der Bundesrepublik Deutschland auf Modellversuche in den 1970er Jahren an den niedersächsischen Universitäten in Oldenburg und Osnabrück zurück, in der DDR war die einphasige Lehrer_innenbildung – wie bis heute in praktisch allen anderen Industrieländern weltweit - Standard. Damals wie heute wurde und wird eine wirkungsvollere Verknüpfung von Theorie und Praxis gefordert. Das Gutachten befasst sich mit den möglichen rechtlichen Auswirkungen einer einphasigen Lehrer_innenbildung auf die Absolvent_innen wie die Vergleichbarkeit der Abschlüsse in den verschiedenen Bundesländern, besoldungsrechtliche Aspekte sowie dienst-und arbeitsrechtliche Aspekte. Das Gutachten kommt zum Ergebnis, dass die in eine einphasige Lehrer_innenbildung integrierte Praxisphase nicht kürzer als 18 Monate sein sollte – dann wäre eine Gleichwertigkeit der Ausbildung und somit auch ein Wechsel zwischen Bundesländern gewährleistet. Sofern die Gleichwertigkeit gegeben ist, besteht auch Rechtfertigung für eine Absenkung der Eingangsbesoldung von Absolvent_innen einer einphasigen Lehrer_innenbildung. Auch eine Benachteiligung von tarifbeschäftigten Lehrer_innen, die eine einphasige Lehrer_innenausbildung absolviert haben, ist nicht gerechtfertigt. Im Ergebnis weist das Gutachten von Dose und Lieblang nach, dass eine einphasige Lehrer_innenausbildung keine besoldungs-, dienst- und arbeitsrechtlichen Folgen hat, wenn die Gleichwertigkeit der Qualifikation gewährleistet ist.
(Prof. Dr. Tina Hascher und Anja Winkler, Universität Bern, 2017)
Im Zentrum der Expertise stehen Modelle der einphasigen Lehrer_innenbildung, die abgesehen von Deutschland im internationalen Vergleich Standard sind, dabei werden Kriterien für die Gestaltung sowie Qualitätsmerkmale herausgearbeitet. In den untersuchten Ländern Schweiz, Österreich, Niederlande, England, Finnland, Frankreich, Italien, Ungarn, USA und Australien gibt es unterschiedliche Modelle einer einphasigen Lehrer_innenbildung, so variiert etwa Zahl und Länge der ins Studium integrierten Praktika. Grundsätzlich braucht es für eine einphasige Lehrer_innenbildung einen engen Theorie- und Praxis Bezug, Weiterbildungen für die Ausbilder_innen, eine gemeinsame Planung über alle Bereiche und Institutionen hinweg sowie eine Verankerung der Praxisphasen im Curricula. Auf dieser Grundlage geben Hascher und Winkler Empfehlungen für die Ausgestaltung einer einphasigen Lehrer_innenbildung. Voraussetzung dafür ist eine nachhaltige Umgestaltung der Strukturen und Prozesse, Professionalisierung der Ausbilder_innen sowie die Vorbereitung der Hochschulen und Schulen von Nöten. Erfahrungen aus dem Modellprojekten und Praxissemester sind mit einzubeziehen.
(Dr. Sabine Klomfaß, Universität Hildesheim, 2017)
Diese Expertise befasst sich mit zwei Aspekten von Vielfalt. Erstens geht es um die Gewinnung einer Lehrer_innenschaft, welche die gesellschaftliche Vielfalt repräsentiert. Voraussetzung dafür ist der Abbau von Benachteiligung in der Lehrer_innenbildung. Dies beinhaltet eine mögliche Bevorzugung von benachteiligten Gruppen bei der Studienzulassung, aber auch die Erfassung von mittelbarer (institutioneller) und unmittelbarer (persönlicher) Diskriminierung in den einzelnen Phasen der Lehrer_innenbildung. Zweitens fokussiert die Expertise auf die Rolle der Lehrer_innen in der Schule, welche nicht nur die individuelle Vielfalt ihrer Schüler_innen erkennen müssen, sondern auch analysieren und einordnen können, welche strukturellen Ursachen hinter Ungleichheiten stecken. Ziel ist, einen reflektierten Umgang mit Diversität in der Lehrer_innenbildung zu etablieren. Wissensvermittlung in der Theorie und Praxis in allen Phasen der Lehrer_innenbildung ist unabdingbar, so Klomfaß. In der zweiten und dritten Phase muss es darum gehen, das Wissen an den schulischen Bedingungen vor Ort anzuwenden und Ungleichheitsverhältnisse zu identifizieren und zu benennen. Das Erkennen von Vielfalt und Ungleichheit im schulischen Kontext erfordert einen fallspezifischen Zugang. Als eine mögliche Methode wird die Fallkonstruktion vorgestellt, welche die Entwicklung eines reflexiv-kritischen Habitus als Teil der pädagogischen Professionalität unterstützt. Dabei sind nicht nur Lehrer_innen sondern auch Lehrer_innenbildner_innen angesprochen, da diese auch ihre Rolle in den Machtverhältnissen hinterfragen und reflektieren sollen.
(Dr. Ingrid Arndt und Benjamin Haas, Universität Bremen, 2017)
Am Beispiel Bremens Sekundarstufe 1 wird die Bedeutung von Teamarbeit und Kooperation auf den Ebenen der Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung untersucht. Als Grundlage dienten Interviews mit Lehrkräften und Schulleitungen an 21 von 33 Bremer Oberschulen. Die Expertise analysiert den Ist-Zustand an den Schulen und hält Gelingensbedingungen fest. Darüber hinaus stehen Professionalisierung, Personal- und Organisationsentwicklung sowie Rahmenbedingungen von Teamarbeit und Kooperation im Zentrum der qualitativen Analyse.
(Prof. Dr. Peer Pasternack, Benjamin Baumgarth, Anke Burkhardt, Sabine Paschke, und Nurdin Thielemann, Institut für Hochschulforschung an der Universität Halle-Wittenberg, 2017)
Das Buch mit dem Titel „Drei Phasen. Die Debatte zur Qualitätsentwicklung in der Lehrer_innenbildung“ befasst sich mit der Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Lehrer_innenbildung über alle drei Phasen – das Studium, den Vorbereitungsdienst sowie Fort- und Weiterbildung – hinweg. Hierbei wird nicht nur der Begriff Qualität definiert, sondern die Autorinnen und Autoren analysieren Themen und Instrumente der Qualitätsentwicklung, die institutionellen Rahmenbedingungen und Anforderungen sowie phasenübergreifende Qualitätsinstrumente in der Lehrer_innenbildung.