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Studiengebühren

Der Kampf gegen die Einführung von Studiengebühren hat die studentische Politik in den vergangenen Jahren wesentlich bestimmt. Die GEW hat die Studierenden dabei unterstützt.

Seit Sommer 1999 tritt die GEW dafür ein, die Studiengebührenfreiheit im Hochschulrahmengesetz zu verankern. Mit der Verabschiedung der 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) am 15.08.2002 schien dieses Ziel erreicht zu sein. Am 26.01.2005 hat das Bundesverfassungsgericht der Klage von CDU-regierten Bundesländern gegen die 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) stattgegeben. Damit ist der Bundesregierung und dem Bundestag das Recht genommen, durch ein Studiengebührenverbot für gleiche Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Teilen der Republik zu sorgen.

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat im Juli 2004 ihre Politik aufgegeben, zusammen mit den Studierenden und Gewerkschaften Studiengebühren abzulehnen. Weil sie sich zu schwach fühlt, andere Prioritäten in den öffentlichen Haushalten durchzusetzen, bittet sie jetzt ihre Studierenden zur Kasse. Aus bildungspolitischer Sicht geht es bei den Gebühre nicht nur um das kurzfristige Stopfen von Haushaltslöchern, sondern um das Infragestellen des Sozialstaates. Bildungsausgaben werden privatisiert. Die ideologischen Wurzeln dieser Politik liegen in der neoliberalen Auffassung, dass Bildung eine handelbare Dienstleistung sei. Um diese Fragen geht es auch in der Auseinandersetzung um das General Agreement of Trade in Services (GATS), ein globales Handelsabkommen mit ganz praktischen Auswirkungen auf die Eigenständigkeit von Bildung und Wissenschaft.

Nach dem Verfassungsgerichtsurteil entbrannte die Debatte um Studiengebühren neu, erste Gebührenmodelle wurden auf den Tisch gelegt. Das Institut für Hochschulforschung in Halle-Wittenberg (HoF) stellte in einem Arbeitsbericht "Studiengebühren nach dem Urteil" die verschiedenen Standpunkte übersichtlich zusammen und bot so einen guten Einstieg in die Kontroverse.

Mit dem Thema Studiengebühren und Studienkonten hat sich die GEW-Projektgruppe "Studentische Sozialpolitik" (seit 2010 Projektgruppe "Soziale Öffnung der Hochschulen") auseinandergesetzt. Schon die Beschlusslage des GEW-Hauptvorstands vom November 2002 war eindeutig: "Der Hauptvorstand setzt sich weiterhin für die generelle Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums ein.

Studienkontenmodelle, wie sie beispielsweise in Rheinland-Pfalz diskutiert werden, bedeuten die faktische Einführung von Studiengebühren. Der Hauptvorstand lehnt Studienkontenmodelle aus sozial- und wissenschaftspolitischen Gründen ab."

Im April 2005 forderte der GEW-Gewerkschaftstag ein "gebührenfreies Hochschulstudium bis zu Diplom-, Master- oder vergleichbaren Abschlüssen: Um ein Teilzeitstudium zu ermöglichen, ein Studium mit Kind zu fördern, studentische Interessenvertretung und studentische Mobilität zu unterstützen, sollen die bisherigen Regelstudienzeiten flexibilisiert werden (plus 50 Prozent). Die materiellen Rahmenbedingungen müssen so verbessert werden, dass sich die Studierenden auf ihr Studium konzentrieren können". Im vom GEW-Gewerkschaftstag 2009 beschlossenen wissenschaftspolitischen Programm der GEW heißt es erneut eindeutig: "Die GEW lehnt Studiengebühren ohne Wenn und Aber ab - auch in Form von nachlaufenden Studiengebühren, Langzeitstudiengebühren, Verwaltungsgebühren oder Studienkonten."

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts schufen sieben Bundesländer die gesetzlichen Grundlagen zur Gebührenerhebung. Seit dem Sommersemester 2007 mussten die Studierenden in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Niedersachsen eine Beteiligung von 500 € leisten. In Nordrhein-Westfalen wurde die Erhebung den Hochschulen freigestellt, so dass in moderner Kleinstaaterei verschiedene Beträge je Hochschule genommen wurden. Das Saarland und Hessen führten zum Wintersemester 2007 Gebühren ein. In einigen der genannten Bundesländer gab bzw. gibt es unterschiedliche Befreiungstatbestände; von der Möglichkeit einer Verschuldung durch Kreditvergabe sind ältere Menschen und Nicht-EU-BürgerInnen ausgenommen. 2008 (Hessen), 2009 (Saarland, ab Sommersemester 2010) bzw. 2011 (Nordrhein-Westfalen, zum Wintersemester, Baden-Württemberg (zum Ende des Wintersemesters 2011/12) und Hamburg (zum Wintersemester 2012/13) sind die Gebühren in den genannten Ländern von jeweils veränderten Landtagsmehrheiten wieder abgeschafft worden. In Bayern war im Januar 2013 ein Volksbegehren gegen Studiengebühren erfolgreich. Die dortige Staatsregierung kam einem Volksentscheid zuvor, indem sie den Weg zur Abschaffung der Studiengebuehren zum Wintersemester 2013/14 im Freistaat Bayern per Landtagsbeschluss freimachte. Der Koalitionsvertrag für die seit Februar 2013 amtierende neue niedersächsische Landesregierung sieht ebenfalls die Abschaffung der Studiengebühren vor, so dass die Chance besteht, dass allgemeine Studiengebühren bald bundesweit der Vergangenheit angehören. Allerdings gibt es in einigen Ländern weiterhin z.B. sogenannte "Langzeitstudiengebühren".

Die GEW-Studierendengruppen, die Landesausschüsse (LASS) und der Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten in der GEW (BASS) beteiligen sich aktiv am Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) und den von ihm initiierten Demonstrationen und Aktivitäten.

Die GEW unterstützt die vom freien zusammenschluss der studentInnenschaften (fzs) angestrebte Rüge der Bundesregierung wegen Verletzung des UN-Pakts für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt), da dieser die "Unentgeltlichkeit des Studiums" fordert. Im Oktober 2007 legte die GEW gemeinsam mit dem freien zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) dem für die Überwachung des UN-Sozialpakts zuständigen Ausschuss der Vereinten Nationen in Genf einen Bericht vor, in dem die Verletzung des Rechts auf Bildung durch Einführung von Studiengebühren in Deutschland moniert wird. In ihrem den Vereinten Nationen im November 2011 vorgelegten Alternativbericht zur Umsetzung des Pakts in der Bundesrepublik wiederholte die GEW ihre Kritik. Die von StudierendenvertreterInnen organisierte, 2008 mit denkbar knapper Mehrheit abgewiesene Verfassungsklage in Hessen, die Popularklage und das Volksbegehren in Bayern wie auch die musterhaften Einzelklagen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wurden/ werden von der GEW begleitet. Weitere Gegenaktivitäten, wie beispielsweise Aufrufe zum Boykott der Studiengebühren, wurden und werden von der GEW unterstützt.