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Augmented und Virtual Reality in der Bildung

Der Einsatz von Augmented und Virtual Reality könnte die Ausbildung in Schule, Universität und Beruf maßgeblich verändern. Die GEW erklärt, was sich hinter den neuen IT-Technologien verbirgt, und welche Aspekte aus Gewerkschaftssicht kritisch sind.

Woman in virtual reality helmet. VR glasses.

Augmented Reality (AR)

Augmented Reality (AR), also die erweiterte Realität, bezeichnet eine computerunterstützte Darstellung, welche die reale Welt um virtuelle Aspekte erweitert. AR wird derzeit meist via Smartphones genutzt: Über die Kamera des Gerätes werden zusätzliche Informationen oder Objekte in das Abbild der realen Welt eingeblendet. Dies reicht von einfachen Texteinblendungen über Video- und Soundausgaben bis zu animierten 2D- oder 3D-Inhalten.

Um AR zu erleben, müssen Nutzerinnen und Nutzer eine Softwareanwendung herunterladen. Für AR gibt es zahlreiche Apps, die von Informationen bei der Orientierung in fremden Städten bis zur Erkennung von Planeten und Satelliten am Himmel reichen. Die Technologie ist bereits in vielen Museen im Einsatz, um Exponate um Informationen zu ergänzen.

Virtual Reality (VR)

Im Gegensatz zur erweiterten Realität wird in der virtuellen Realität mittels Computergrafik eine eigene Welt geschaffen, in die Nutzerinnen und Nutzer möglichst intensiv eintauchen sollen. Für das immersive Erlebnis werden derzeit noch eine Datenbrille, ein sogenanntes Head-mounted Display (HMD), und ein Hochleistungsrechner benötigt oder eine aktuelle Spielekonsole (PS5 oder XBox Series X/S). In der VR ist meist Interaktion des Nutzers mit seiner künstlichen Umgebung möglich, etwa durch Kopf- und Handbewegungen.

Gute VR-Brillen sind zwar mittlerweile in jedem Elektronikmarkt erhältlich, für ein wirklich leistungsstarkes System aus Brille und PC müssen Nutzer indes weiter einige tausend Euro ausgeben. Nachholbedarf gibt es zudem noch bei den Inhalten, also der Software für die neuen Datenbrillen.

Darüber hinaus gibt es Mixed Reality (MR), eine Kombination aus AR und VR, bei der die Grenzen zwischen physischer und digitaler Welt weiter verschwimmen. Experten zufolge sind AR und VR ohnehin nur Überleitung zum nächsten Schritt: einer neuen Computing-Plattform wie zuvor der PC und das Smartphone. Die Branche arbeitet auch an dem aus "Star Trek" bekannten Holodeck – einem Raum, der komplett aus einer digitalen Illusion besteht.

Der Einsatz von AR und VR in der Bildung

Virtuelle Welten werden schon längst in der Aus- und Weiterbildung genutzt, beispielsweise von Piloten. Die neuen Technologien können durch den „Learning by doing“-Ansatz Unterrichtsinhalte eindrucksvoll vermitteln und könnten in Zukunft eine Ergänzung zu realen Lehrkräften darstellen - wobei die Betonung auf Unterstützung liegt. Bislang kann kein VR-System und keine künstliche Intelligenz Inhalte so einordnen oder auf Nachfragen reagieren, wie es echte Lehrkräfte tun.

Dennoch gibt es interessante Szenarien: Schülerinnen und Schüler könnten bei einem virtuellen Ausflug das römische Kolosseum zur Zeit der Gladiatorenkämpfe besuchen oder im Biologieunterricht den menschlichen Körper sezieren. Das Berliner Startup Realities.io etwa ermöglicht die Reise an ferne Orte via Photogrammetrie: Orte werden bis zu 400 Mal fotografiert und die Bilder anschließend mit einer Software zusammengesetzt, so dass Räume plastisch und lebensecht wirken. Google stellte bei der didacta 2017 Expeditions vor: Das System besteht aus einfachen VR-Brillen und einem Steuerungs-Tablet für Lehrkräfte. Damit könnten Klassen gemeinsam virtuelle Reisen auf den Mount Everest, den Mond oder in das Innere des menschlichen Körpers unternehmen.

Noch fehlen den Schulen indes die finanziellen Mittel, um VR im Lehrplan zu etablieren. Wahrscheinlicher könnte ein Einsatz von VR an Universitäten und Hochschulen sein, die Drittmittel für Forschungsprojekte bekommen können. Auf der Cebit 2017 wurde gezeigt, wie die Stanford University in den USA VR nutzt: Mit dem Stanford Virtual Heart können Kinderkardiologen angeborene Herzfehler erforschen und korrigierende Operationen ausführen. Auch in der Beruflichen Bildung und in der Weiterbildung könnte VR genutzt werden, zum Beispiel um den Umgang mit Maschinen oder bestimmte Reparaturen zu üben.

GEW-Position zu neuen IT-Technologien im Bildungsbereich

Die GEW erkennt an, dass die Lebenswelt junger Menschen heute weitgehend digitalisiert ist. Sie warnt jedoch nachdrücklich davor, technikgetrieben den jeweils aktuellen Hard- und Softwarelösungen hinterherzulaufen. „Im Zentrum der Debatte sollte die Frage stehen, wie Lehrkräfte digitale Medien im Unterricht einsetzen können, damit diese einen pädagogischen und didaktischen 'Mehrwert' erbringen“, sagt die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Lehrende müssen lernen, Bildungsmaterialien aus dem Internet auszuwählen, die der Qualität geprüfter Schulbücher standhalten. Hard- und Softwarekonzerne dürfen keinen Einfluss auf Unterrichtsinhalte nehmen. Bund und Länder müssen dafür einen finanziellen, infrastrukturellen und rechtlichen Rahmen schaffen. Auch GEW-Schulexpertin Ilka Hoffmann betont, digitale Materialien im Netz dürften „nicht zu einem weiteren Einfallstor für die Kommerzialisierung schulischer Bildung werden“. Der Einfluss von Privatwirtschaft und Lobbyisten müsse begrenzt werden. „Bildung ist ein öffentliches Gut und kein Geschäftsmodell.“