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RückkehrerInnen-Tagung

Interkulturalität und Demokratie

Unter dem Thema „Interkulturalität und Demokratie“ veranstaltete die Arbeitsgruppe AuslandslehrerInnen (AGAL) der GEW vom 18. bis 22. November 2016 in Mariaspring bei Göttingen ihre 21. Fachtagung zur deutschen schulischen Arbeit im Ausland.

Iris Köhler-Fritsch

Den rund 50 TeilnehmerInnen bot sich ein buntes Bild von erhellenden Vorträgen, Diskussionen in Arbeitsgruppen und den Präsentationen der RückkehrerInnen, die von ihren schulischen Erfahrungen aus allen Teilen der Welt berichteten.

Können RückkehrerInnen aus der schulischen Arbeit im Ausland zur Interkulturalität und Internationalität der Schulen in Deutschland beitragen?

Mit dieser Fragestellung beschäftigte sich Prof. Dr. Anatoli Rakhkochkine von der Universität Erlangen-Nürnberg in seinem spannenden Vortrag. Die Erfahrungen aus der pädagogischen Praxis seien sehr reichhaltig und deshalb seien Austauschforen wie diese Tagung sehr wichtig für beide Seiten. Denn die Wissenschaft verfüge über die Fragestellungen, kaum aber über den „Feldzugang“. Sei der Lehrerberuf bis vor Kurzem überwiegend national orientiert gewesen, würden die heutigen LehramtsstudentInnen aufgefordert, internationale Erfahrungen zu machen. Während die AuslandslehrerInnen lange Zeit die einzigen gewesen seien, die internationale Erfahrungen mitbrachten, sei heute Interkulturalität im Anforderungsprofil für Lehrkräfte enthalten. Schule müsse sich vom nationalen zu einem internationalen Bildungsraum hin entwickeln. Den in den nationalen Schuldienst zurückkehrenden Lehrkräften komme dabei eine zentrale Rolle zu, denn sie schätzten die Diversität an Schulen. Aber ihre Erfahrungen müssten auch reflektiert werden können, damit aus Erfahrungen Handlungskompetenzen erwachsen können. Frau Prof. Hanna Kiper schlug vor, zu diesem Zweck einen Leitfaden für hinausgehende LehrerInnen zu entwickeln. Denn interkulturelle Erfahrungen bedeuteten nicht automatisch interkulturelle Handlungskompetenzen.

„Drei Jahre Auslandsschulgesetz“

war das Thema von Cornelia Pieper, die als Staatsministerin die Ausarbeitung dieses Gesetzes maßgeblich vorangetrieben und mit verantwortet hat. Das ASchG sei ein wichtiger Schritt zur Rechtssicherheit der Schulen im Ausland. Aber es sei Zeit, das Gesetz nicht nur zu evaluieren, sondern auch zu reformieren. „Ich finde die Idee eines Auswärtigen Schulamtes hervorragend“. Mit diesem Satz traf Frau Pieper ins Zentrum der AGAL-Arbeit. Ist doch diese Forderung der AGAL, deren Verwirklichung viele strukturelle Probleme lösen würde, mehr als 30 Jahre alt. Als heutige Generalkonsulin in Danzig, „einem Brennpunkt deutsch-polnischer Geschichte“, berichtete Frau Pieper von ihren Erfahrungen und Projekten. Sie hob die Bedeutung des 2014 eröffneten Europäischen Zentrums der Solidarność und die „deutsche Woche“ als einen Beitrag zur Interkulturalität und Verständigung hervor.

Viele deutsche Schulen seien den globalen Herausforderungen nicht genügend gewachsen und den RückkehrerInnen aus dem Ausland komme eine Schlüsselaufgabe bei deren Entwicklung zu. Es brauche weitere gute Projekte wie das globale Klassenzimmer per Videokonferenz, bilinguale Schulen und nachbarschaftliche Zusammenarbeit vor allem in Grenzgebieten.

Der „Global Citizen“ als Ziel von Bildung und Hochschulbildung

Dieses Ziel stellte Frau Prof. Dr. Jutta Mägdefrau von der Universität Passau in das Zentrum ihres Vortrages zum Thema „Interkulturalität in der Lehrerbildung: Potenziale durch universitäre Internationalisierungskonzepte und Auslandsschularbeit?“. Sie begann mit einem Zitat des Generalsekretärs des DAAD, Christian Bode: „In einer immer enger zusammenrückenden Welt müssen wir uns auch die Frage stellen, welche geistigen und moralischen Orientierungen die Führungskräfte dieser Welt brauchen, um die Globalisierung friedlich, fair und ertragreich für alle zu gestalten. Daran fehlt es komplett (…). Die Zocker dieser Welt (…) waren alle bestens international trainiert und doch ohne jeden moralischen Kompass, kurz: Sie waren qualifiziert, aber nicht gebildet.

Wir brauchen endlich auch eine Debatte über das Persönlichkeitsziel, das unsere Bildung und Hochschulbildung befördern soll. Nach meiner Auffassung muss es das Leitbild eines Global Citizen sein“. Das Fundament für den „Global Citizen“, so Frau Prof. Mägdefrau, müsse in der Schule gelegt werden. Dafür seien global kompetente Lehrer notwendig, denn der regionale Raum, für den LehrerInnen ausgebildet werden, sei längst internationalisiert. Ein Bekenntnis zur gesellschaftlichen Vielfalt sei nötig, doch ein Gesamtkonzept für die Internationalisierung von Lehrerbildung an den Universitäten müsse erst noch entwickelt werden. Dabei sei es wichtig, die Erfahrungen der zurückgekehrten Auslandslehrkräfte in die innerdeutsche Lehrerausbildung zu integrieren.

Joachim Lauer im Gespräch – Podiumsdiskussion zum Thema „Wie demokratisch sind Deutsche Auslandsschulen?“

Wie auch bei den vergangenen Tagungen stellte sich der Leiter der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, Herr Joachim Lauer, den Fragen der TagungsteilnehmerInnen. Zu Beginn hob Herr Lauer die positive Bedeutung der „Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen an Lehrkräfte im Auslandsschuldienst“ für ADLK und BPLK hervor, was bei der AGAL und allen Anwesenden auf Zustimmung stieß. Die Frage nach den Versorgungszuschlägen für Ortslehrkräfte bleibe aber weiterhin ungelöst, so ein Beitrag aus dem Plenum. Dann wandte sich das Gespräch dem Thema der Tagung zu – Interkulturalität und Demokratie in der deutschen Auslandsschularbeit.

Im Hinblick auf das Problem der Personalvertretung wies Herr Lauer darauf hin, dass die deutschen Schulen den nationalen Gesetzen des Sitzlandes unterliegen und deshalb nicht mit einem übergreifenden Personalvertretungsrecht in das nationale Recht eingreifen können. Auf eine Nachfrage in Bezug auf die Demokratiegefährdung in vielen Ländern und die Rolle der Lehrkräfte im Ausland verwies Herr Lauer auf die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland, die allein verantwortlich für politische Stellungnahmen und Aktivitäten seien. Diese Auffassung wurde von den TeilnehmerInnen der späteren Podiumsdiskussion geteilt. Die Podiumsdiskussion selbst war ein weiteres Highlight der Tagung, war sie doch mit Herrn Oliver Schramm vom Auswärtigen Amt, Frau Dorothée Bauni von der KMK, Herrn Thilo Klingebiel vom WDA, Herrn Reiner Ries von der ZfA und dem neugewählten Bundesvorsitzenden der AGAL, Günther Fecht, hochkarätig besetzt. Moderiert wurde sie in bewährter Weise vom ehemaligen AGAL-Vorsitzenden Franz Dwertmann.

Schulleitungshandeln an den Deutschen Auslandsschulen

Sebastian Kukuk präsentierte seine Forschungsergebnisse zu diesem Thema, die er durch qualitative Interviews gewonnen hat. Er bestätigte damit viele Erkenntnisse, die bereits die 20. AGAL-Tagung zum Thema „Leiden an Leitung“ 2014 erbracht hatte.

Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage

Als Projektleiterin in Deutschland präsentierte Sanem Kleff dieses europaweite Netzwerk. Es bietet Kindern und Jugendlichen im strukturellen Rahmen von Schule die Möglichkeit, ihren Beitrag zum Aufbau einer Zivilgesellschaft zu leisten und gemeinsam gegen jede Form von Diskriminierung einzustehen.