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Schulzeit am Gymnasium

Aus der Download-Datei wird ersichtlich, dass einige Bundesländer ihre frühere Tradition (Sachsen und Thüringen) der 12-jährigen Schulzeit bis zum Abitur beibehalten haben oder wieder haben aufleben lassen. Die Kolleginnen und Kollegen sowie die Schülerinnen und Schüler dieser Länder sind an die damit verbundenen organisatorischen und inhaltlichen Bedingungen, die sich zumeist in geringeren Wahlmöglichkeiten zeigen, gut gewöhnt und stehen ihnen in wesentlichen Teilen affirmativ gegenüber. Bei rückläufigen Schülerzahlen verkleinern sich die Oberstufen, so dass eine Einschränkung der Wahlmöglichkeiten droht.

Die westdeutschen Bundesländer haben die verkürzte Schulzeit bis zum Abitur am Gymnasium - in Niedersachsen auch an Gesamtschulen - im Verlaufe des letzten Jahrzehnts eingeführt und dabei durch die auftretenden Doppeljahrgänge große Belastungen für den Ausbildungsmarkt, die Hochschulen und die Zukunftschancen der Schülerinnen und Schüler in Kauf genommen. Dies hat zu vielen Protesten und großer Unruhe geführt, was 2013 mit dem ersten G8-Abitur in NRW wohl seinen Höhepunkt erreichen wird. Die angespannte Situation wird durch das Aussetzen der Wehrpflicht noch verschärft. Auch die kürzeren Bachelorstudiengänge, die nur eine 12-jährige Schulzeit voraussetzen, unterstützen den Verfrühungseffekt und liefern junge, qualifizierte und „berufsfähige“ Absolventen, die nach neuesten Entwicklungen gerade im technischen Bereich händeringend gesucht werden.

Hier stehen die vermeintlichen Vermarktungsansprüche der „Wirtschaft“ bzw. der „Gesellschaft“ und die erwünschte längere Lebensarbeitszeit, die höhere Einnahmen für die sozialen Sicherungssysteme bedeutet, im Vergleich zu den „Bildungsansprüchen“ der jungen Generation und der Nachhaltigkeit ihrer Bildung eindeutig im Vordergrund. Diese Ansprüche widersprechen aus unserer Sicht auch dem Idealtypus des Staatsbürgers mit einer breiten Allgemeinbildung. Dabei gibt es unseres Wissens nach nur ein zentrales Argument für die Verkürzung der Schulzeit: Die deutschen Abiturientinnen und Abiturienten sind älter als die vergleichbaren Absolventinnen und Absolventen in anderen europäischen Ländern und dadurch im Wettstreit um die besten Arbeitsplätze benachteiligt. Sie haben für die Zulassung zum (Bachelor-) Studium ein Jahr länger als notwendig gelernt.

Allerdings durchkreuzen viele Schülerinnen und Schüler das Bestreben auf Verfrühung des Eintritts ins Berufsleben, indem sie Auslandsaufenthalte und Abenteuerreisen oder freiwillige soziale Dienste im Rahmen des FSJ oder des Bundesfreiwilligendienstes absolvieren.