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Gymnasiale Oberstufe, Zentralabitur

In den letzten Jahren sind in vielen Bundesländern Modelle der Gymnasialen Oberstufe umgesetzt worden, die den ursprünglichen Ideen der Reform aus dem Jahre 1972 zuwiderlaufen. Wir sind zusammen mit anderen Bereichen der GEW in eine intensive Diskussion eingetreten. Ein weiterer Schwerpunkt bezeiht sich auf die bundesweite Einführung des Zentralabiturs.

Am 17. September 2011 fand in der Tellkampfschule in Hannover eine Tagung zum Thema "Gymnasiale Oberstufe" statt. Die Erarbeitung einer Bestandsaufnahme machte möglich, verloren gegangene politische und pädagogische Spielräume zu erkennen und über einen neuen Diskurs nachzudenken. „Alle am Diskussionsprozess Beteiligten waren der Meinung, dass die grundsätzlichen Ideen der Reform des Jahres 1972 – Gleichwertigkeit der Fächer, individuelle Wahlmöglichkeiten, Studien- und Berufsvorbereitung, Persönlichkeitsentwicklung – weiterhin Bestand haben sollen. Diese müssen um neuere Konzepte für den Unterricht mit jungen Erwachsenen unter Beachtung der Einschränkungen, die sich aus der kürzeren Schulzeit bis zum Abitur, der größer werdenden Heterogenität der SchülerInnengruppen und den Zwängen des Zentralabiturs ergeben, ergänzt werden“ stellte Stephan Mertens fest. In der Schlussrunde wurde diese Feststellung noch zugespitzt und die Wiedereinführung der fünf- bzw. sechsstündigen Leistungskurse sowie des Abiturs im 13. Jahrgang gefordert. „Die Verdichtung und Verschulung von Bildungsprozessen, die wir sowohl in der gymnasialen Oberstufe als auch im Bachelor- und Masterstudium beobachten können, geht zu Lasten von Bildungsqualität und dem Genuss an der geistigen Auseinandersetzung. Das ist eine Fehlentwicklung“, formulierte Ingrid Paulsen.
Der neue Diskurs über die gymnasiale Oberstufe ist nicht nur notwendig sondern könnte aufgrund der neuen politischen Konstellationen in den Bundesländern auch erfolgversprechend sein.

In der Bildungspolitik hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Deregulierung von Schule im Rahmen neoliberaler Steuerungsmodelle. Die Schulen sollen bei flachen Hierarchien autonom wirtschaften, Drittmittel eintreiben, zunehmend ihr Personal selbst einstellen und sich ein eigenes Schulprogramm geben.
Um die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu gewährleisten, werden zentrale Abschlussprüfungen für notwendig erachtet. Die pädagogischen Gestaltungsmöglichkeiten sind dann im Endeffekt geringer als bei vernünftig reguliertem dezentralem Abitur - und die Landesregierungen haben einen Teil ihrer Verantwortung auf die einzelnen Schulen abgeschoben.
Die Absicht unserer Ausführungen ist, den oft ideologischen Gehalt der Argumente für und wider das Zentralabitur offen zu legen. Die GEW lehnt das (bundesweite) Zentralabitur weiterhin ab, da die Gestaltungsspielräume bei dezentralen Prüfungen den punktuellen Mehraufwand rechtfertigt.