KI in der Bildung
Zwischen Innovation und Unsicherheit
Das Jahr 2024 markierte den Durchbruch von KI-Anwendungen für einen Massenmarkt. Welche Auswirkungen hat das für das Lernen in der Schule? Darüber diskutierten Expert*innen auf der diesjährigen Bildungsmesse didacta in Stuttgart.
Der Durchbruch von Künstlicher Intelligenz (KI) im Jahr 2023 hat den Schulalltag nachhaltig verändert. Lehrkräfte und Bildungseinrichtungen stehen vor grundlegenden Fragen: Wie soll mit KI-generierten Hausaufgaben umgegangen werden? Welche Prüfungsformate sind noch sinnvoll? Und ist gute Bildung überhaupt noch ohne Algorithmen möglich? Dabei geht es nicht nur um technische Aspekte, sondern auch um ethische und gesellschaftliche Konsequenzen. Wo liegen die Grenzen des Einsatzes von KI in der Bildung? Wie kann eine menschenzentrierte und nachhaltige KI-Entwicklung aussehen?
Auf der Bildungsmesse didacta 2025 in Stuttgart diskutierten dazu Joscha Falck, Lehrer an der Mittelschule Rednitzhembach und Bildungsblogger, die Soziologin Professorin Sigrid Hartong von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und David Warneck, stellvertretender Landesvorsitzender der GEW Baden-Württemberg. Moderiert wurde die Debatte von Birgita Dusse aus dem Hauptvorstand der GEW.
„KI hat ein enormes Potenzial hat. Doch gleichzeitig höre ich von vielen Kolleginnen und Kollegen, dass sie sich von der rasanten Entwicklung überfordert fühlen und es an Fortbildungen fehlt.“ (Josha Falck)
Schon zu Beginn der Diskussion wurde deutlich: Die Meinungen zur Rolle von KI im Bildungsbereich gehen auseinander. Während sie in manchen Schulen bereits fest in den Unterricht integriert ist, fehlt anderswo das nötige Wissen oder die technischen Rahmenbedingungen. Joscha Falck berichtete, dass er KI regelmäßig zur Unterrichtsvorbereitung und im Klassenzimmer einsetzt. „Ich sehe, dass KI ein enormes Potenzial hat. Doch gleichzeitig höre ich von vielen Kolleginnen und Kollegen, dass sie sich von der rasanten Entwicklung überfordert fühlen und es an Fortbildungen fehlt“, stellte er fest.
Eine nicht-repräsentative Umfrage unter GEW-Mitgliedern in Baden-Württemberg bestätigt diesen Eindruck. „Viele Lehrkräfte nutzen KI nicht, obwohl sie überzeugt sind, dass sie ihnen die Arbeit erleichtern könnte. Ihnen fehlt die Zeit, sich einzuarbeiten, sowie der Zugang zu rechtssicheren Anwendungen und praxisnahen Fortbildungsangeboten“, fasste Warneck zusammen.
Trotz der Herausforderungen sieht Falck große Chancen in der Technologie. Er hat ein Konzept entwickelt, das Schülerinnen und Schülern nicht nur den reflektierten Umgang mit KI-Anwendungen vermittelt, sondern auch ihr technologisches Verständnis fördert und sie beim Lernen unterstützt. Dabei sei es jedoch essenziell, den direkten Austausch zwischen Lehrkräften und Lernenden nicht zu vernachlässigen. „Eine Schule, die sich nur auf automatisierte Prozesse verlässt, wird ihrem Bildungs- und Demokratieauftrag nicht gerecht“, betonte Falck.
„KI kann unterstützen, aber Zusammenhalt, Zivilcourage und Demokratie lassen sich nicht durch Algorithmen ersetzen.“ (David Warneck)
Auch Warneck unterstrich, dass klare Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI an Schulen geschaffen werden müssen. „Die Gewerkschaft muss mitentscheiden, welche Anwendungen genutzt, wie Daten gespeichert werden und welche ökologischen sowie wirtschaftlichen Folgen entstehen“, forderte er. Statt pauschaler Verbote brauche es einen bewussten Umgang mit der Technologie. „KI kann unterstützen, aber Zusammenhalt, Zivilcourage und Demokratie lassen sich nicht durch Algorithmen ersetzen“, so Warneck weiter.
„Technologie ist immer auch politisch.“ (Prof. Sigrid Hartong)
Hartong lenkte die Diskussion auf die gesellschaftlichen Auswirkungen der Technologie. Sie warnte davor, KI nur als neutrales Hilfsmittel zu betrachten. „Technologie ist immer auch politisch“, erklärte sie. KI-Systeme beeinflussen globale Machtverhältnisse, verbrauchen enorme Ressourcen und schaffen neue Abhängigkeiten. Die Lösung liege nicht in simplen Checklisten oder Leitlinien zur ethischen Nutzung, sondern in einer umfassenden gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit den Folgen der Digitalisierung.
Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig: KI kann die Demokratiebildung nicht ersetzen – aber sie kann sie unterstützen. Der kritische Umgang mit Informationen und Medienkompetenz müsse stärker im Lehrplan verankert werden. Gleichzeitig dürfe die Verantwortung nicht allein bei den Schulen liegen. „Auch Politik und Gesellschaft müssen klare Rahmenbedingungen setzen“, lautete das Fazit der Diskussion.