Zum Inhalt springen

Zusatzversorgung: Verhandlungen abgeschlossen

Mit Verbesserungen bei den Startgutschriften, beim Mutterschutz und der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften endeten die Verhandlungen über die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Die Gespräche waren nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2007 nötig geworden, der die Berechnung der Startgutschriften für rentenferne Jahrgänge verworfen hatte.

Arbeitgeber tragen die Kosten

Positiv zu vermerken ist, dass die Arbeitgeber sich – anders als noch zu Beginn der Verhandlungen – bereit erklärt haben, die finanziellen Mehrbelastungen aus dem BGH-Urteil alleine zu tragen. Zu Beginn der Verhandlungen hatten die Arbeitgeber noch gefordert, zugleich über steigende Lebenserwartung, sinkende Zinsen an den Kapitalmärkten und deren Auswirkungen auf die Rentenhöhe im Punktesystem zu verhandeln. Hierüber werden nun ab Herbst gesonderte Verhandlungen aufgenommen. In diesen werden die Gewerkschaften dann ihrerseits u.a. die Anhebung des Rentenalters thematisieren.

Den Gewerkschaften war von Beginn an klar, dass nur in Bezug auf den vom BGH ausdrücklich verworfenen Berechnungsschritt (Steigerungssatz) Verbesserungen durchsetzbar sein werden. Die Systemumstellung als solche und die übrigen umstrittenen Berechnungsbestandteile der Vollversorgung (Nettoberechnung, Halbanrechnung u.a.) und der Startgutschrift (fehlende Dynamisierung, Näherungsverfahren) waren vom BGH akzeptiert worden. Hier waren die Arbeitgeber nicht zu Nachjustierungen bereit.

Gemeinsames Ziel der Gewerkschaften und der Arbeitgeber war es, die VBL-Renten endlich rechtssicher zu machen. Das ist dringend nötig: Schon jetzt beziehen tausende Kolleginnen und Kollegen, die 2001 noch unter 55 Jahren waren, eine „vorläufige“ Rente. Im nächsten Jahr erreichen die ersten von ihnen die Altersgrenze 65. Schon jetzt können mehrere zehntausend Versorgungsausgleichsfälle wegen der Unsicherheit über die Höhe der VBL- oder ZVK-Rente nicht abgeschlossen werden. Beide Verhandlungsseiten gehen davon aus, dass die Neuregelung den Anforderungen des BGH genügt.

Zuschläge zur Startgutschrift

Zuschläge zur Startgutschrift bekommen Versicherte, die relativ spät in den öffentlichen Dienst eingetreten sind und zum Zeitpunkt der Systemumstellung schon relativ alt, aber noch nicht „rentennah“ waren. Darin drückt sich spiegelbildlich aus, dass dieser Personenkreis bei der Systemumstellung am meisten verloren hatte. Hierfür muss in jedem Einzelfall eine Vergleichsrechnung durchgeführt werden. Die Betroffenen bekommen von der VBL oder ZVK mit der nächsten Jahresmeldung eine entsprechende Mitteilung. Kein Betroffener muss von sich aus tätig werden.

Der BGH hatte gerügt, dass die 2001 errechnete sogenannte Vollversorgung nur mit über 44 Jahren Pflichtversicherung erreichbar gewesen wäre. Das benachteilige Menschen mit längerer Ausbildungsdauer (z.B. Akademiker) oder längeren Vordienstzeiten. Deswegen hatten sich die Tarifvertragsparteien bereits am 10. Mai 2011 grundsätzlich geeinigt, in einer Vergleichsberechnung ein Verfahren anzuwenden, welches für Betriebsrenten in der Privatwirtschaft angewendet wird (§ 2 Betriebsrentengesetz). Dabei wird ab Beginn der Beschäftigung bei diesem Arbeitgeber bis zum Rentenalter hochgerechnet. Scheidet jemand früher aus, so bekommt er die hochgerechnete Rente anteilig.

Allerdings haben die Arbeitgeber sich strikt geweigert, in allen Fällen einen Zuschlag zu finanzieren, in denen die Vergleichsrechnung einen höheren Wert als die bisherige Startgutschrift ergibt. Sie sehen diese Auffassung durch das Urteil des BGH bestätigt, welches ausdrücklich betont, dass die Tarifvertragsparteien einen größeren Gestaltungsspielraum haben und sich bei der Reform des Betriebsrentensystems nicht an die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte halten müssen, die für Einzelarbeitgeber gilt.

In der letzten Verhandlungsrunde ging es deshalb vor allem darum, welche Abweichung der Startgutschrift von der Vergleichsrechnung nach § 2 Betriebsrentengesetz die Tarifvertragsparteien als akzeptabel erklären – bzw. im Umkehrschluss: Ab welchem Abstand zwischen bisheriger Startgutschrift und Vergleichsrechnung soll ein Zuschlag gewährt werden? Einen vollen Ausgleich, das haben die Arbeitgeber klar gesagt, hätte es nur bei einer Erhöhung des Arbeitnehmeranteils an der VBL-Umlage von derzeit 1,41 Prozent gegeben.

Am Ende stand die Einigung: Liegt der Anteil an der Vollversorgung, der sich aus der Vergleichsberechnung nach § 2 Betriebsrentengesetz ergibt, um mehr als 7,5 Prozentpunkte über dem Anteil an der Vollversorgung, der der jetzigen Startgutschrift zu Grunde liegt, so gibt es einen Zuschlag zur Startgutschrift. Auch die Vollversorgung selbst wird etwas anders berechnet, weil § 2 Betriebsrentengesetz berücksichtigt, welche Rente der/die Beschäftigte bis zum Rentenalter noch hätte erreichen können. Für alle, die (bei durchgehender Beschäftigung ab 2001) rechnerisch bis zum 65. Geburtstag auf wenigstens 32 Jahre öffentlicher Dienst kommen, ergibt sich aber der gleiche Wert wie nach der alten Rechnung.

Beispielrechnung:

Beginn Beschäftigung öffentlicher Dienst: 1.1.1982 (Alter 30)
Umstellung auf Punktemodell: 31.12.2001 (Alter 50)
d.h. 20 Jahre, bei Weiterbeschäftigung bis Alter 65: 35 Jahre öffentlicher Dienst

bisherige Startgutschrift 2001: 2,25 % x 20 Jahre = 45 % der Voll-Leistung*

Vergleichsrechnung nach § 2 Betriebsrentengesetz: 20/35 = 57,14 % der Voll-Leistung*
Zuschlag zur Startgutschrift: (57,14 % – 45 % – 7,5 %) = 4,64 % der Voll-Leistung*

* Voll-Leistung = 91,75 % des pauschalierten Nettoeinkommens minus hochgerechnete gesetzliche Rente nach dem Näherungsverfahren

Das war für die Gewerkschaftsseite ein bitterer Abschluss – immerhin erklären wir damit, dass wir zustimmen, bei der Systemumstellung schlechtere Ergebnisse hinzunehmen, als sie ein Arbeitsgericht bei Einzelarbeitgebern dulden würde. Aber die Alternative wäre gewesen, alle Beschäftigten stärker zur Kasse zu bitten, um einer Viertel Million älterer KollegInnen eine höhere Startgutschrift zu verschaffen. Diese Lösung haben alle Mitglieder der Verhandlungskommission – von ver.di, GEW und dbb – abgelehnt.

Mutterschutzzeiten besser bewertet

Zeiten des Mutterschutzes werden künftig Beschäftigungszeiten gleichgestellt. Sie gelten als vollwertige Versicherungszeiten und werden bei Berechnung der Rentenhöhe behandelt, als hätte die Mutter während dieser Zeit im gleichen Umfang gearbeitet wie vor dem Mutterschutz. Damit werden sie Krankheitszeiten gleichgestellt. Die Verbesserungen sind u.a. Konsequenz eines vom GEW-Rechtsschutz erstrittenen höchstrichterlichen Urteils, welches die bisherige Behandlung von Mutterschutzzeiten als diskriminierend verwarf. Trotzdem hatten sich die kommunalen Arbeitgeber fast bis zum Schluss geweigert, den Tarifvertrag entsprechend anzupassen.

Da die VBL die nötigen Informationen für die Vergangenheit nicht hat, wird für zurückliegende Mutterschutzzeiten ein Antrag nötig sein. Dieser kann bis zum Rentenbeginn gestellt werden. Näheres wird in den Redaktionsverhandlungen geklärt. Die GEW wird ihre Mitglieder hierüber so schnell und umfassend wie möglich informieren.

Lebenspartnerschaften gleichgestellt

Ebenfalls Teil der Einigung ist die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Tarifvertrag über die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Lebenspartner eines verstorbenen Versicherten haben bei der Hinterbliebenenversorgung zukünftig die gleichen Rechte wie Witwen und Witwer.