Fotos: Epic Photography, VBE
Am 29. und 30. März fand der „International Summit on the Teaching Profession 2015“ in Banff/Kanada in der beeindruckenden Kulisse der kanadischen Rocky Mountains statt. Der Gipfel zum LehrerInnenberuf wurde 2011 auf Initiative der Bildungsinternationale und der OECD ins Leben gerufen und in diesem Jahr erstmalig von der kanadische Regierung ausgerichtet. Teilgenommen haben VertreterInnen der OECD, internationale BildungsexpertInnen sowie BildungsministerInnen und BildungsgewerkschafterInnen aus mehr als 15 Ländern (darunter Finnland, China, Schweden, Neuseeland, Japan und Deutschland).
Die deutsche Delegation bestand aus Sachsen-Anhalts Bildungsminister Stephan Dorgerloh, dem stellvertretenden baden-württembergischen Bildungsminister Andreas Stoch, KMK Generalsekretär Udo Michallik, GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann, VBE-Vorsitzender Udo Beckmann (VBE) sowie der Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums in Krefeld, Dr. Tagrid Yousef. Zentrale Themen des Gipfels waren die Ergebnisse der von der OECD durchgeführten TALIS-Studie und deren Schlussfolgerungen, moderne Schulleitung und Zusammenarbeit in der Schule sowie die Rolle der Bildungsgewerkschaften bei bildungspolitischen Innovationen.
Lehrkräfte an Entscheidungsprozessen beteiligen
Die GewerkschafterInnen der Bildungsinternationale (BI), des Dachverbands von rund 400 Bildungsgewerkschaften weltweit, trafen sich vorab zu einem Briefing mit BI-Generalsekretär Fred van Leeuwen, dem BI Berater für OECD-Angelegenheiten John Banks und der Stanford-Professorin Linda Darling-Hammond. Fred van Leeuwen betonte, dass die Lehrkräfte die weltweit am stärksten gewerkschaftlich organisierte Berufsgruppe seien. Die Stärke, sich als Profession zu begreifen und für bessere Bedingungen einzutreten erwachse Ihnen aus den Bildungsgewerkschaften und Lehrerverbänden.
Prof. Darling-Hammond wies darauf hin, dass die OECD-Daten zwar wissenschaftlich korrekt wären, die Schlussfolgerungen aber immer interpretativ. So sei die Klassengröße nicht so unerheblich wie in TALIS dargestellt. Gerade in Armutsgebieten spiele sie eine große Rolle. Auch wäre der Aspekt Gesundheitsbelastung von Lehrkräften unberücksichtigt geblieben.
Als besonders wichtig stellten die ReferentInnen heraus, dass Lehrkräfte in den Schulen selbst und im politischen Feld über ihre demokratisch gewählten GewerkschaftsvertreterInnen an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden müssen und dass die Bedingungen für die Zusammenarbeit in den Schulen und darüber hinaus verbessert werden müssen.
Qualität und professionelle Weiterentwicklung
Die Delegierten-Panels hatten u.a. die Aufgabe, gemeinsame Zielperspektiven von Gewerkschaften und Regierungen zu den diskutierten Themen zu entwickeln. Auffallend war, dass sich GewerkschafterInnen und PolitikerInnen nicht in allen Ländern auf Augenhöhe begegnen. Besonders vorbildlich war hier die schwedische Delegation, die sich die Redezeit partnerschaftlich geteilt hat. In manchen Ländern (Finnland) hat der Gewerkschafter das Abschlussstatement sogar alleine abgegeben.
Im ersten Panel war noch eine gewisse Spannung zwischen Bildungsgewerkschaften und RegierungsvertreterInnen deutlich zu spüren. Einige Regierungsvertreter äußerten Zweifel daran, ob die Gewerkschaften in der Lage seien, Interessen der Lehrkräfte in der Praxis zu vertreten. Die Präsidentin der Bildungsinternationale Susan Hopgood warnte in ihrer Abschlussrede davor, einen Keil zwischen Lehrkräfte und ihre Gewerkschaften zu treiben.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Erfahrungen, Bedingungen und politischen Schwerpunkte waren sich alle TeilnehmerInnen der Delegiertenrunden einig, dass Zusammenarbeit auf allen Ebenen des Bildungssystems und innerhalb der Schule der entscheidende Motor für Qualität und professionelle Weiterentwicklung darstellt.
Deutsche Delegation verständigt sich auf gemeinsame Ziele
GEW Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann machte in ihrem Statement deutlich, dass Teamarbeit und Kooperation in der deutschen Lehrerbildung leider sowohl in den Universitäten als auch im Vorbereitungsdienst so gut wie keine Rolle spielen. Die Solidarität zwischen den Lehrkräften sei deshalb häufig nicht vorhanden. Auch würde diese Form der Professionsentwicklung von der Politik kaum gewürdigt, da weder Räume noch zeitliche Ressourcen für die Teamarbeit zur Verfügung stünden. Hier spielten die Bildungsgewerkschaften eine große Rolle, die Solidarität und Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften zu fördern und für angemessene Arbeitsbedingungen einzutreten.
Die von GEW und VBE gemeinsam formulierten Zielperspektiven wurden eins zu eins von der deutschen Delegation übernommen. So einigte sich die deutsche Delegation auf folgende Ziele für die nächsten Jahre:
• Professionalisierung für den Umgang mit Diversität in den Schulen.
• Professionalisierung in den digitalen Medien und Implementierung digitalen Lernens in den Unterrichtsfächern
• Förderung der Zusammenarbeit auf allen Ebenen des Bildungssystems sowie innerhalb von Schulen
• Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Bildungsgewerkschaften und Regierungen auf dem Feld der Qualitätsverbesserung im Bildungssystem.
Auch 2016 soll der jährliche Gipfel zum Lehrkräfteberuf in Deutschland fortgesetzt werden. Gastgeber wird dann die deutsche Kultusministerkonferenz in Zusammenarbeit mit der Bildungsinternationale und der OECD sein.