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Reform des WissZeitVG

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Nach massiven Protesten von Hochschulbeschäftigten kassiert das Bundesforschungsministerium seine Eckpunkte zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) nach nur 51 Stunden. Die Vorschläge sollen überarbeitet werden.

Die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) gestaltet sich schwierig. (Foto: Dirk Lässig)

So schnell kann es gehen. Erst am 17. März hat das Bundesforschungsministerium seine Vorschläge bekannt gegeben, wie das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) reformiert werden soll. Ein Vorhaben, das im Ampel-Koalitionsvertrag unter dem Motto „Gute Wissenschaft braucht verlässliche Arbeitsbedingungen“ vereinbart wurde.

Massive Proteste in den sozialen Medien

Statt eines ruhigen Wochenendes folgten massive Proteste. Die vorgelegten Eckpunkte seien „Blödsinn“, „arrogant“ und „realitätsfern“, hieß es in den sozialen Medien. Hunderte Professorinnen und Professoren veröffentlichten einen Offenen Brief mit scharfer Kritik. „Wir sind fassungslos“, schrieben sie. Unter dem Hashtag #ProfsfürHannah solidarisierten sie sich mit den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und warnten: „Ihre jetzt schon kaum mehr zumutbaren Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen drohen sich noch weiter zu verschlechtern.“

„Zurück in die Montagehalle“

Sonntagabend reagierte das Ministerium. Der Parlamentarische Staatssekretär Jens Brandenburg (FDP) erklärte auf Twitter, man werde „noch einmal“ debattieren. Seine Kollegin Sabine Döring legte nach: "Ein Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessengruppen wird es nicht tun. Wir brauchen eine neue geteilte Vision." Es gehe jetzt „zurück in die Montagehalle“. Nach nur 51 Stunden waren die Reformvorschläge Makulatur.

Dabei hatten sich Ampel und Ministerium besonders viel Zeit genommen, um die Eckpunkte auszuarbeiten. Über Monate hinweg wurden unzählige Gespräche mit den wichtigsten Akteuren aus dem Hochschulbereich geführt. Qualität gehe vor Schnelligkeit, so äußerten sich die zuständigen Wissenschaftspolitikerinnen und -politiker der Ampel-Fraktionen vergangene Woche bei der GEW-Aktionskonferenz „Her mit den Dauerstellen!“ Man wolle allen „zuhören“, das Gesetz „besser machen“, so der Anspruch.

Doch der große Wurf blieb aus. Das deutete sich schon bei der Konferenz an, zwei Tage vor Bekanntgabe der Eckpunkte. Die Positionen der Koalitionsparteien liegen zu weit auseinander. Was am Freitag vorgelegt wurde, ist deshalb nur der kleinste gemeinsame Nenner. Schritte in die richtige Richtung, so kommentiert Andreas Keller, GEW-Vorstandsmitglied Hochschule und Forschung, aber doch – „halbe Sachen“.

Sehr weit gefasster Qualifizierungsbegriff

An der „grundlegenden Systematik“ des Gesetzes wollte die Ampel offenbar nicht rütteln. Der sehr weit gefasste Qualifizierungsbegriff etwa sollte erhalten bleiben. Ein Systemwechsel war in dem Entwurf nicht vorgesehen. Genau diese tiefgreifende Reform fordern aber viele, auch die GEW. Wie der Soziologe Tilman Reitz auf der Aktionskonferenz sagte, ergebe sich das auch aus der Evaluation des Gesetzes – auf deren Basis die Ampel eigentlich ihre Novelle erarbeiten wollte.

Immerhin sah das Eckpunktepapier erstmals Mindestvertragslaufzeiten für die Erstverträge von Promovierenden vor, nämlich über drei Jahre, aber nur als Soll-Vorschrift. Die Tarifsperre sollte nicht aufgehoben, aber gelockert werden. Für Drittmittelbeschäftigte war in den ersten Jahren eine Gleichstellung vorgesehen und damit ebenfalls einen Anspruch auf Vertragsverlängerung bei Mutterschutz und Elternzeit. Für studentische Beschäftigte war eine Anhebung der Höchstbefristungsdauer von sechs auf acht Jahre geplant und bei der Mindestlaufzeit auf ein Jahr als Soll-Vorschrift.

WissZeitVG novellieren oder abschaffen

Der Protest richtete sich aber vor allem gegen eine weitere geplante Änderung: Nach der Promotion sollte die Höchstbefristungsdauer von sechs auf drei Jahre verkürzt werden, ohne dass die Arbeitgeber zu einer Entfristungszusage verpflichtet gewesen wären, wie es die GEW in ihrem Dresdner Gesetzentwurf für ein Wissenschaftsentfristungsgesetz vorgeschlagen hat. Das sei „besonders erschreckend“, heißt es dazu in dem Offenen Brief der Professorinnen und Professoren. „Dies kommt einer Nivellierung der Weiterqualifikation nach der Promotion gleich.“ Sie fordern: Das WissZeitVG müsse „entweder grundlegend novelliert oder endlich abgeschafft werden“.