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Zukunft durch gute Bildung: Schulische Begegnungen mit Blick auf den Tafelberg

Die deutsche Schule in Kapstadt ist eine der ältesten deutschen Auslandsschulen. Die bilinguale Begegnungsschule unterrichtet rund 700 Schülerinnen und Schüler und ermöglicht sowohl südafrikanische Schulabschlüsse wie auch das deutsche Abitur.

„Hier ist die Welt wohl noch in Ordnung.“ Dass dieser Ausspruch eines unserer Kollegen bei Ankunft der GEW-Delegation in der Deutschen Internationalen Schule Kapstadt (DSK) zwar deren schöne Lage beschreibt, es dort aber trotz eines spannenden Konzepts und vieler engagierter Lehrkräfte auch Probleme gibt, sollten wir am Dienstag Morgen erfahren. Empfangen wurden wir vom GEW-Kollegen Dirk Schulz, der seit zwei Jahren als aus Deutschland entsandte Auslandslehrkraft an der DSK tätig ist. Die Schule mit rund 700 SchülerInnen befindet sich schön gelegen am Hang des Lions Head, mit spektakulären Ausblicken auf Kapstadt und den Tafelberg. Schulleiter Battenberg verfolgt hier das Konzept einer bilingualen Begegnungsschule mit einer deutschsprachigen Grundschulausbildung und gemischten Klassen mit deutschsprachigen und südafrikanischen Kindern und Jugendlichen mit zweisprachlichen Zügen in Deutsch und Englisch ab der 5. Klasse bis zum südafrikanischen Matrik bzw. dem deutschen Abitur. So sollen Begegnungen, Austausch und Zusammenarbeit zwischen deutschsprachigen und südafrikanischen SchülerInnen gefördert und intensiviert werden. Für den Besuch der Schule muss ein jährliches Schulgeld von ca. 3.000 € gezahlt werden, das auf Antrag aus sozialen Gründen reduziert werden kann. Zudem gibt es einige Leistungsstipendien für Deutsche und für Kinder von Partnerschulen in Townships. Letztere müssen allerdings lange Schulwege von jeweils bis zu zwei Stunden Fahrtzeit morgens und nachmittags auf sich nehmen. Da die Anzahl der deutschsprachigen SchülerInnen seit einiger Zeit rückläufig ist, legt die Deutsche Schule Kapstadt nun einen starken Fokus auf die Aufnahme von Schülern der englischsprachigen Mittelschicht. Von den 68 LehrerInnen, die an der DSK unterrichten, sind 16 aus Deutschland vermittelte Lehrkräfte, die anderen werden als lokale Ortlehrkräfte angestellt. Die Schule ist als Verein mit einem Vereinsvorstand organisiert, der einseitig die Gehälter vorschlägt und festlegt. Der Vorstand besteht aus sieben Personen, die für zwei Jahre gewählt werden und in der Regel keinen pädagogischen Hintergrund besitzen. Für die Vertretung des Kollegiums gibt es keine gesetzlichen Mitbestimmungsstrukturen wie in Deutschland, sondern nur einen LehrerInnen-Beirat, der ihre Interessen gegenüber dem Vorstand vertritt. Dieser nimmt aber im Vergleich zu gesetzlich institutionalisierten Personalräten eine deutlich schwächere Position gegenüber der Schulleitung und dem Vorstand ein.

 So verläuft die Zusammenarbeit nicht völlig reibungslos. Probleme bereitet die vergleichsweise geringe Vergütung der Ortslehrkräfte, die im krassen Gegensatz zur guten Bezahlung (inklusive Auslandszuschlägen) der aus Deutschland entsandten Lehrkräfte steht und für einigen Konfliktstoff sorgt. Ursache dafür sind vor allem verschiedene Finanzierungen und Arbeitgeberstrukturen (Zentralstelle für Auslandsschulwesen und Schulvorstand) Zudem führen ein zu kleines LehrerInnen-Zimmer und zu wenige Computer-Arbeitsplätze zu Unzufriedenheit. Auch findet keine systematische Personalentwicklung oder ein Konflikt-Management bei Beschwerden von SchülerInnen und ihren Eltern statt, um ein Lehrenden-Mobbing komplett auszuschließen. Im Unterricht muss zudem der sozialen Herausforderung begegnet werden, deutsche und südafrikanische Erziehungsbilder miteinander zu vereinbaren. Im Vergleich zu staatlichen südafrikanischen Schulen ist die Deutsche Schule Kapstadt aber sehr gut ausgestattet und besitzt hoch motivierte Lehrkräfte. Es existieren Kooperationsmodelle und Coaching-Gruppen zur Unterstützung der Lehrkräfte. Die LehrerInnen an öffentlichen Schulen in Südafrika haben 2009/2010 mit Hilfe ihrer Gewerkschaft SADTU eine deutliche Lohnerhöhung erstreiken können. Für die Lehrenden an der Deutschen Schule gab es dagegen keine generelle Einkommensverbesserung. Gehaltserhöhungen werden hier individuell vom Vorstand angeboten, um gute LehrerInnen zu halten. Ein Drittel der Finanzierung der Schule erfolgt durch staatliche Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund abnehmender SchülerInnenzahlen und erhöhter Strompreise hat die Deutsche Schule seit zwei Jahren keinen ausgeglichen Haushalt mehr. Offen blieb bei unseren Gesprächen, welche Auswirkungen aktuelle Gedankenspiele des Auswärtigen Amtes hinsichtlich einer möglichen Vollprivatisierung der deutschen Auslandsschulen auf die Arbeit der DSK haben könnten. Während unseres Besuchs wurden wir in fünf Gruppen aufgeteilt und konnten jeweils verschiedene Unterrichtsstunden besuchen, so z. B. „Deutsch für Nicht-MuttersprachlerInnen“, wo ein aktuelles Kinoprogramm besprochen und übersetzt wurde. Am Ende der Stunde fand auch eine kleine Vorstellung der deutschen Besucher und kurze Diskussion über die sozialen Hintergründe der SchülerInnen statt. Dabei konnten wir die tolle Arbeit einer engagierten Kollegin beobachten.

Nachmittags stand dann optional ein Besuch bei ‚Workers World Media Production’ auf dem Programm, einer gewerkschaftsnahen Organisation, die seit den frühen 1990er Jahren aktiv in der Ausbildung von GewerkschafterInnen in Medien-Bereichen tätig ist, so z.B. Radio-Sendungen mit Gewerkschaftsthemen, Erstellung kleiner Clips und längerer Filme (u.a. für Gewerkschaftsfestivals), Computer-Programmen, Homepages, blogs sowie einem Medien- und Presse-Training. Dazu gibt es ein Büro mit einigen Medien-Arbeitsplätzen und zwei Studio-Aufnahme-Kabinen. Hier werden mit vielen Ehrenamtlichen gewerkschaftlich-orientierte Medien-Angebote in fünf Sprachen erstellt und Kooperationspartnern kostenfrei angeboten. Daneben wird auch eine gewerkschaftliche Qualifizierung junger KollegInnen ermöglicht und in verschiedenen Foren (z. B. zu Nachhaltigkeit) und Kampagnen (z. B. zu Massen-Medien und Massen-Bildung) diskutiert, um die Gemeinschaft der ArbeiterInnen-Klasse wiederaufzubauen, Armut zu bekämpfen und Menschen zu befähigen sich selbst für ihre Angelegenheiten einzusetzen. Partner sind und waren z. B. die Open Society Foundation von George Soros, das Olaf Palme Institut, die Rosa-Luxemburg-Stiftung, aber auch das DGB Bildungswerk, dass 2003/2004 eine Seminar-Reihe zur Qualifizierung junger Gewerkschaftsführungskräfte in Medien-Fertigkeiten und Organizing unterstützt hat. Auf nationaler Ebene gibt es auch eine Partnerschaft mit dem Gewerkschaftsbund COSATU, die aber an der Basis sehr schwach ausgeprägt ist. Die KollegInen um den Direktor Martin Jansen machen eine tolle Arbeit gegen die Bürokratisierung der Gewerkschaftsbewegung und zur Unterstützung der gewerkschaftlichen AktivistInnen, um sie für die kommenden politischen Herausforderungen auszubilden. Da es insgesamt wenige Ausbildungsmöglichkeiten in Südafrika gibt, ist die Arbeit von ‚Workers World Media Production’ besonders notwendig und wichtig. So gibt es ein landesweites Radio-Programm und die wöchentliche 30minütige Sendung „Workers on Wednesday“, welche auch in anderen Ländern Afrikas und einigen arabischen Ländern übernommen wird. In Kapstadt laufen einige TV-Beiträge im lokalen TV-Kanal (CapeTown TV), sowie teilweise auch im nationalen öffentlichen Fernsehen SABC. Eine kritische Film-Dokumentation über die Regierungszeit des ANC seit 1994 unter dem Titel „Falsche Versprechen“ wartet jedoch bisher noch auf seine Ausstrahlung.