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Lehrkräftemangel

Zeit ist reif für GEW-Leitlinien zur Lehrer_innenbildung

Seit Jahren warnt die GEW vor einem massiven Lehrkräftemangel. Nun sind bundesweit Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern mit dessen Auswirkungen konfrontiert.

Foto: Kay Herschelmann
Foto: Kay Herschelmann

„Es ist allerhöchste Zeit, sich an die Umsetzung der GEW-Leitlinien für eine innovative Lehrerinnen- und Lehrerbildung zu machen“, mahnt der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der Bildungsgewerkschaft, Andreas Keller.

Tepe warnt vor Bildungsnotstand

Die Vorsitzende der GEW, Marlis Tepe, warnt bereits vor einem „Bildungsnotstand“. Bundesweit fehlen tausende Lehrerinnen und Lehrer. Aus purer Verzweiflung stellen die Länder Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger ohne pädagogische Ausbildung ein. In Berlin können nur 37 Prozent der zum neuen Schuljahr eingestellten Lehrkräfte ein abgeschlossenes Lehramtsstudium vorweisen. Das geht aus Zahlen der bezirklichen Schulpersonalräte hervor, die der GEW Berlin vorliegen. Die GEW hat bereits auf ihrem Freiburger Gewerkschaftstag im Mai 2017 ein umfassendes Programm gegen den Lehrkräftemangel vorgelegt.

Ebenfalls vom Gewerkschaftstag beschlossen wurden die GEW-„Leitlinien für eine innovative Lehrer_innenbildung“, die die Bildungsgewerkschaft im Oktober 2017 auf einer Fachtagung in Magdeburg präsentierte. GEW-Vize Keller ist überzeugt, dass deren Umsetzung nicht nur die Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung verbessern, sondern auch einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels leisten können.

KMK-Präsident für Ausbildung nach Stufen

Einer der Kernvorschläge der GEW-Leitlinien: Lehrerinnen und Lehrer sollten künftig nicht mehr getrennt nach Schulformen (Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule usw.), sondern ausschließlich nach Klassenstufen (Primarstufe und Sekundarstufe) ausgebildet werden. „Die Stufenlehrerinnen- und -lehrerausbildung ist nicht nur pädagogisch sinnvoll, sondern gibt Lehrkräften auch die Möglichkeit, an unterschiedlichen Schulformen eingesetzt zu werden. Auf diese Weise kann der Lehrkräftemangel ohne Qualitätsverlust im Unterricht entschärft werden“, sagte Keller.

Auf der GEW-Fachtagung 2017 in Magdeburg hatte sich bereits der sachsen-anhaltische Bildungsminister Marco Tullner (CDU) offen gegenüber dem GEW-Vorschlag gezeigt. Nun gibt auch der amtierende Präsident der Kultusministerkonferenz, der thüringische Bildungsminister Helmut Holter (Die Linke), der GEW Rückenwind. Holter schlägt explizit vor, Lehrerinnen und Lehrer künftig nach Altersstufen auszubilden. Die Stufenlehrerinnen- und -lehrerausbildung wurde über Jahrzehnte reflexartig als „Einheitslehrerausbildung“ abgelehnt. Zeichnet sich nun unter dem Druck des Lehrkräftemangels ein Bündnis für eine umfassende Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ab?

Ausbau der Studiengänge in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung

Darüber hinaus kommt es für die GEW darauf an, dass die Kapazitäten in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ausgebaut werden. „Es kann nicht sein, dass händeringend Lehrkräfte gesucht werden und gleichzeitig zahlreiche Studiengänge mit einem Numerus clausus belegt sind. Wir brauchen daher einen schnellen und deutlichen Ausbau der Studiengänge in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Bei den Verhandlungen über einen neuen Hochschulpakt ist darauf zu achten, dass die Priorität nicht nur auf den Ausbau der Studiengänge in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gelegt wird, sondern auch die Kapazitäten der Lehramtsstudiengänge ausgebaut werden“, mahnte Keller.

Auch mit der Einstellung von Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteigern setzt sich die GEW in ihren Leitlinien auseinander. Zwar pocht die GEW auf den Regelweg der Lehrkräftebildung mit einer bildungswissenschaftlichen, fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und berufspraktischen Ausbildung. „Doch wir erkennen an, dass die Länder in einer Notsituation Lehrkräfte auch ohne Lehramtsausbildung in den Vorbereitungsdienst oder direkt ins Lehramt einstellt. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Land eine berufsbegleitende Nachqualifikation gewährleistet. Schon vor der Einstellung müssen die Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger zumindest einen affinen Hochschulabschluss nachweisen und eine pädagogische Basisqualifizierung absolvieren“, erklärte Keller.