Zum Inhalt springen

Kinderrechte und Kinderarmut

Zäher Prozess

Seit rund 30 Jahren mühen sich jugendpolitisch Engagierte, die Rechte der Kinder auch in Deutschlands höchstem Recht, dem Grundgesetz, zu verankern. Doch über die Formulierung wird sich die Politik nicht einig.

Auf der Website www.kinder-ministerium.de steht es neben einer Geburtstagstorte zum 30. Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention (United Nations, UN-KRK) schwarz auf weiß geschrieben: „Damit die Kinderrechte in Deutschland noch besser beachtet werden, setzt sich das Bundeskinderministerium dafür ein, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen.“ In kindgerechter Sprache führt das 2023 gestartete Internetangebot des Bundesministeriums für Familie, Soziales, Frauen und Jugend von Lisa Paus (Grüne) junge Menschen in die Welt ihrer Rechte ein.

Zugleich sagt einem der Realitätssinn: Mit der schon vor über 30 Jahren erstmals von der Jugendministerkonferenz geforderten Einführung wird es auch in dieser Legislaturperiode wohl nichts werden. Zwar spricht sich auch der Koalitionsvertrag dafür aus, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Doch es läuft nicht nur die Zeit weg. Auch der Stillstand bei dem ebenfalls schwebenden Entwurf für ein Demokratiefördergesetz macht nicht gerade Mut, dass es mit einem Konsens klappt. Und selbst wenn die Ampel sich einig würde: Für die Änderung des Grundgesetzes müssen zwei Drittel der Mitglieder in Bundestag und Bundesrat zustimmen, also auch weite Teile der CDU/CSU und von ihnen regierte Länder.

Reform scheiterte bislang an CDU/CSU

Dabei war schon die Vorgängerregierung so optimistisch, dass sie den Vereinten Nationen in ihrem jüngsten Bericht zur Umsetzung der UN-KRK eine Grundgesetzreform schon einmal angekündigt hatte: Bis Ende 2019 werde ein Vorschlag vorliegen. Den handelten Bund und Länder in einer Arbeitsgruppe dann auch termingerecht aus – indes mit mehreren Varianten.

Um in der bis 2021 regierenden Großen Koalition einen Kompromiss zu erzielen, entschied sich das SPD-geführte Bundesjustizministerium für die am wenigsten weit gehende Formulierung. Diese nahm vor allem Rücksicht darauf, dass die CDU, wie es Fraktionsvize Torsten Frei nannte, einen „übergriffigen Staat“ fürchtete.

Um dem gerecht zu werden, sollte Artikel 6, der Ehe und Familie schützt, um folgende Formulierung ergänzt werden: „Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“ Die Formulierung „angemessen“, die weit hinter dem in der UN-KRK festgehaltenen „vorrangig“ zurückbleibt, sowie ein fehlendes Beteiligungsrecht gingen unter anderem den Grünen nicht weit genug.

Laut des aktuellen Koalitionsvertrags will – oder muss man sagen: wollte? – die Ampel sich nun „maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention“ orientieren.