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Wirtschaftsmythen contra Fakten - Teil 7

Der deutsche Staat hat 2016 rund 23,7 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben und damit das dritte Jahr in Folge einen Überschuss erzielt. In dieser Lage soll Deutschland sich nicht mehr leisten können?

Mythos:   

„Deutsche Schulden könnten griechische Verhältnisse erreichen.“

Fakt:    

„Der deutsche Staat nimmt weit mehr ein als er ausgibt.“

Wer die öffentliche Debatte zur deutschen Haushaltslage verfolgt, muss es mit der Angst zu tun bekommen. „Tatsächlich ist der Reformbedarf in Deutschland gewaltig, wenn verhindert werden soll, dass der Staatshaushalt in den nächsten Jahrzehnten kollabiert“, schreibt die Tageszeitung Die Welt. Und die Frankfurter Allgemeine Zeitung warnt, während der deutsche Staat Rekordüberschüsse einfährt, könnten „deutsche Schulden griechische Verhältnisse erreichen“.

Die von massiven Sozialkürzungen gebeutelten Griechen dürften derartige Vergleiche – beide 2016 veröffentlicht – als Hohn empfinden. Mit der Realität haben sie nichts zu tun. Tatsächlich nahm der deutsche Staat im vergangenen Jahr rund 23,7 Milliarden Euro mehr ein als er ausgab. Das Plus entspricht 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit war 2016 das dritte Jahr in Folge, in denen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen unter dem Strich einen Überschuss erzielten.

In dieser Lage soll Deutschland sich nicht mehr leisten können? Irre, aber wahr ist, dass mit solchen Behauptungen Stimmung gemacht wird: „Mit mehr als 2 000 Milliarden Euro verharrt der gesamte Schuldenstand Deutschlands immer noch auf einem viel zu hohen Niveau“, meint etwa Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Dabei führt der Blick auf die absolute Schuldenhöhe in die Irre. Wie viele Kredite in welcher Höhe sich ein Land leisten kann, hängt von der Wirtschaftskraft ab. Dies gibt die Schuldenquote wider, die alle aufgelaufenen Verbindlichkeiten ins Verhältnis zum BIP setzt.

Diese fällt in Deutschland rapide. Von über 80 Prozent nach der Finanzkrise 2010 wird sie laut offizieller – und viel zu vorsichtiger – Prognose bis 2020 unter 60 Prozent sinken. Damit ist der Maastricht-Wert für die Euro-Staaten unterschritten. Selbst konservative Ökonomen wie der US-amerikanische Harvard-Professor Kenneth Rogoff halten eine Schuldenquote von 90 Prozent für unproblematisch. Japan etwa lebt sogar mit einer Quote von nahezu 250 Prozent ohne Sorge vor einem Staatskollaps oder vor griechischen Verhältnissen.