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Wirtschaftsmythen contra Fakten - Teil 4

Die "E&W" setzt die Serie "Wirtschaftsmythen contra Fakten" fort. Dieses Mal mit dem Mythos: Hohe Steuern schaden der Wirtschaft. Das ist falsch: Qualifizierte Arbeitskräfte und gute Infrastruktur sind für Investoren wichtiger als niedrige Steuern.

Mythos:

"Hohe Steuern schaden der Wirtschaft und kosten Arbeitsplätze."

 

Fakt:

"Guter Marktzugang, qualifizierte Arbeitskräfte und ausgebaute Infrastruktur sind für Investoren viel wichtiger als niedrige Steuern."

Der Steuervirus schien verbannt aus Deutschland, doch nun ist er zurück. Es sei "möglich und notwendig", die Steuern zu senken, sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die nächste Bundesregierung müsse "sowohl an die Lohn- und Einkommensteuer als auch an die Unternehmenssteuern ran". US-Präsident Donald Trump und die britische Regierungschefin Theresa May mit ihren aggressiven Steuersenkungsplänen lassen grüßen. Als zäh und widerstandsfähig erweist sich der Irrglaube, hohe Steuern schadeten der Wirtschaft, bremsten die Leistungsbereitschaft und kosteten Wachstum und Arbeitsplätze. Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung spricht vom "wohl berühmtesten Steuermythos", der für ihn nicht mehr ist als "eine neoliberale Plattitüde".

Dies zeigen die desaströsen Erfahrungen mit Experimenten in der Praxis. Grandios scheiterte Ex-US-Präsident Ronald Reagan, als er von 1981 an die Steuertarife drastisch reduzierte. Zwar kurbelte er kurzfristig die Konjunktur an. Doch der Effekt verpuffte rasch. Dafür blieben die Einbußen für die öffentlichen Kassen. Zwei Jahrzehnte später ließ sich die rot-grüne Bundesregierung davon nicht abschrecken. Mit mehreren Steuersenkungen führte sie Deutschland in die Haushaltskrise, nicht aber aus der Stagnation mit Massenarbeitslosigkeit.

Seit langem entwickeln sich Industrieländer etwa in Skandinavien mit hohen Steuerbelastungen prächtig, während süd- und osteuropäische sowie Schwellenländer mit Dumping-Tarifen vergeblich auf den Schub warten. Viel wichtiger als niedrige Steuern sind für Investoren laut zahlloser Untersuchungen ein guter Marktzugang, qualifizierte Arbeitskräfte und andere Faktoren wie eine gut ausgebaute Infrastruktur. Aus seinen Berechnungen folgert Sebastian Gechert vom Forschungsinstitut IMK, dass Steuersenkungen einen nur "limitierten kurz- bis mittelfristigen Effekt" auf das Bruttoinlandsprodukt hätten.