"Warum Besserverdienende den Sozialstaat finanzieren", erklären deutsche Medien wie die Tageszeitung "Die Welt" der Öffentlichkeit gerne. Auch die "Bild" schlägt besorgt Alarm und beklagt:
"Das oberste Zehntel der Einkommensbezieher zahlt 55 Prozent des gesamten Steueraufkommens."
Ist das deutsche Steuersystem wirklich ungerecht zu den Wohlhabenden und Reichen? Richtig ist: Die zehn Prozent mit den Topeinkommen tragen sogar fast 60 Prozent des Aufkommens aus der Einkommensteuer. Doch: Die Einkommensteuer ist zwar die wichtigste, aber bei weitem nicht die einzige Abgabe in diesem Land. Bei den indirekten Steuern wie Mehrwert-, Mineralöl- oder Tabaksteuer führen der Millionär und die Verkäuferin mit kleinem Gehalt denselben Tarif ab. Weil der Topverdiener viel sparen kann und nicht alles im Supermarkt oder an der Tankstelle ausgibt, wird er für das Gesamtsteueraufkommen sogar unterproportional herangezogen.
Rechnet man die indirekten Steuern ein, sinkt der Anteil der oberen zehn Prozent auf 42 Prozent, wie Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ausgerechnet hat. Es geht aber weiter. Deutschland finanziert seine öffentlichen Aufgaben zu einem ungewöhnlich hohen Anteil mit Sozialabgaben. Deren Tarif ist für alle gleich, greift aber nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Daher belasten Sozialabgaben das Gehalt der Krankenschwester voll, das des Chefarztes aber nur zum Teil.
"Bezieht man die Sozialabgaben ein, schrumpft der Anteil der reichsten zehn Prozent auf 33 Prozent."
Das gilt aber nur, wenn diese brav ihre Steuern bezahlen und nicht – wie gerade die Superreichen – ihre Euro in Niedrigsteuerländer bringen.