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GEW in Bildung unterwegs

Besuch an der Hans-Schüller-Grund- und Mittelschule in Bayern

Die Sommertour durch die Bundesländer hat die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe Ende September an die oberfränkische Hans-Schüller-Grund- und Mittelschule geführt, eine der wenigen gebundenen Ganztagsschulen in Bayern.

Unter dem Motto GEW in Bildung unterwegs reiste Tepe Ende September nach Hallstadt, eine Stadt, die in einer der reicheren Gegenden Bayerns liegt. Der Reifenhersteller Michelin, der Autozulieferbetrieb Brose und viele andere Unternehmen sorgen für hohe Gewerbeeinnahmen.

Zusammen mit der Konrektorin Charlotte Flügel leitet Heinz Jung die Hans-Schüller-Grund- und Mittelschule mit zwei Standorten. Das kleinere Grundschulgebäude im Nachbarstadtteil Dörfleins besuchen 70 Kinder, die Grund- und Mittelschule in Hallstadt ca. 310 Schülerinnen und Schüler, von denen rund 40 Prozent einen Migrationshintergrund haben. Die Schule bietet eine gute Atmosphäre. Zum respektvollen Umgang untereinander tragen das Streitschlichtungsprogramm und der Wertebotschafter Justin bei. Auf ihn und eine engagierte Kollegin geht es zurück, dass sich die Schule vor kurzem der Initiative Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage angeschlossen hat.

Ganztag – viel Licht, aber auch Schatten

Konzeptionell folgt die Hans-Schüller-Grund- und Mittelschule dem Ganztagsprinzip. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler- pro Klasse ist in der Grundschule vorgegeben: „Mit 56 Kindern dürfen nur zwei erste Klassen gebildet werden, ab 57 Mädchen und Jungen muss geteilt werden“, erläutert Flügel das Prozedere. Für die Mittelschule gilt diese Regel nicht. Vor wenigen Jahren, als die Gefahr drohte, dass mehrere kleine Mittelschulen geschlossen werden, sind diese zu Verbünden zusammengefasst worden.

Ein Trick, der sich auch heute noch für die Bezirksregierung auszahlt, denn die Verantwortung für einen Verbund tragen die sogenannten Schulverbundkoordinatorinnen und -koordinatoren. Jung ist einer von ihnen. Bevor er an einer Schule des Verbunds eine Klasse teilen kann, muss er die Schülerinnen und Schüler, die über dem Klassenteiler liegen, einer anderen Schule zuweisen, um mit den von der Regierung zugewiesenen Lehrkräftestunden zurechtzukommen. Den Preis zahlen vor allem die Jugendlichen mit einem längeren Schulweg.

Der Grundschule ist ein Hort der Arbeiterwohlfahrt (AWO) angeschlossen. „Seine Türen stehen auch während der Ferienzeit und am Freitagnachmittag offen“, berichtet Jung. „Die Mittelschule folgt dem Modell des gebundenen Ganztags: Viermal die Woche sind die Kinder und Jugendlichen bis 15.45 Uhr in der Schule.“ Während des Essens, der Freizeit und in den Lernzeiten übernehmen drei Beschäftigte der Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi) und eine Lehrkraft die Aufsicht. Vor allem die Eltern schätzen es sehr, dass die Hausaufgaben in der Schule erledigt werden. Das Familienleben entspannt sich dadurch erheblich. Gleichzeitig kommt man der Chancengerechtigkeit etwas näher.

„Wenn du ein Team leiten willst, dann bräuchtest du eigentlich Vorstellungsgespräche, in denen geklärt wird: Passt die Person ins Team.“ (Heinz Jung)

Kritik am Ganztag äußert Jung trotzdem: Er müsse sich mit einer Fülle unterschiedlicher Arbeitgeber auseinandersetzen, ohne wirklich Einfluss auf das Personal zu haben. „Wenn du ein Team leiten willst, dann brauchst du Vorstellungsgespräche, in denen geklärt wird: Passt der Mensch ins Team. Draußen würde sich keine Firma unter dem Gesichtspunkt der Synergie so ein System leisten. Hier wünsche ich mir mehr Autonomie für die Schulen.“ Tepe gibt zu bedenken, „dass mehr Autonomie auch mit mehr Zeitressourcen verbunden sein muss. In Zeiten des Lehrkräftemangels ist ein Mischsystem aus zentraler Steuerung und Auswahlmöglichkeit  empfehlenswert, da nach Studien aus Berlin eher die Schulen im Brennpunkt, Probleme hätten, Stellen zu besetzen“.

Die Digitalisierung hält Einzug

Die nächste große Veränderung an der Schule entsteht durch die Umsetzung des Digitalpakts: Demnächst werden große Whiteboards mit kleinen analogen Seitenflügeln Einzug halten. Technisch setzt die Schule auf eine Netzanbindung mit Kabeln, um die W-Lan-Belastung möglichst gering zu halten. Für die Wartung wurde eine externe Fachfirma gefunden.

Schulhausinternes Peer-to-Peer-Learning soll den Einstieg in das digitale Unterrichten erleichtern. Dass mit dem Digitalpakt auch eine Entgrenzung der Arbeitszeit einhergehen könnte, sieht auch Schulleiter Jung. Gerade während der Einarbeitungszeit und für die notwendigen Fortbildungen fordert er deshalb vom Dienstherrn entsprechende Anrechnungsstunden.

GEW-Positionen in den regionalen Medien

Damit die GEW-Positionen mehr Öffentlichkeit erlangen, trafen sich GEW-Vorsitzende Tepe und Landesvorsitzender Anton Salzbrunn mit Vertretern der regionalen Medien: Für die Mediengruppe Oberfranken organisierte der Nachrichtenchef Christian Reinisch und die Redakteure Christoph Hägele und Stephan Großmann ein Hintergrundgespräch. Marco Lettner, Redakteur bei Radio Bamberg, führte mit Tepe ein Interview. Die wichtigsten Themen bei beiden Gesprächen waren die GEW-Vorschläge zum eklatanten Lehrkräfte- und Erzieherinnenmangel, zu befristeten Verträgen – für Lehrkräfte an Schulen, aber auch im Mittelbau der Hochschulen, zum Investitionsstau – an Bildungseinrichtungen, zur Bildungsfinanzierung, zur Ganztagsschule, zur Inklusion und Lehrkräftebildung, zur Forderung nach A/E 13 für alle Lehrkräfte, zur Umsetzung des Digitalpakts, zur Situation der Beschäftigten in der Erwachsenenbildung sowie zur Streichung pädagogischer Studiengänge an Universitäten.

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