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Kommentar

Werben für den Lehrberuf

Die GEW fordert von den Bildungsministerinnen und -ministern auch mehr Ehrlichkeit - etwa verlässliche Daten darüber, für welche Fächerkombinationen jetzt schon Lehrkräfte fehlen und wie hoch die Zahl der neu ausgebildeten Lehrkräfte sein wird.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (Foto: Kay Herschelmann)

Der Start ins neue Schuljahr verlief überwiegend holprig. Der Mangel an Lehrkräften verfestigt sich. Insbesondere im Grundschulbereich wirken sich die steigenden Geburtenzahlen, der Generationenwechsel bei den Lehrkräften und die Fehlsteuerung durch zu wenige Studienplätze oder Numerus clausus zum Teil erschreckend aus. Vollständig ausgebildete Lehrkräfte fehlen in erster Linie an weniger beliebten Standorten in abgelegenen ländlichen Räumen oder in sozial benachteiligten städtischen Stadtteilen. Notstand herrscht an Schulen, an denen 80 Prozent der Lehrkräfte ohne grundständige pädagogische Ausbildung unterrichten.

Da die Lücken nicht schnell geschlossen werden können, müssen Überbrückungsmöglichkeiten geschaffen werden. Mut zur genauen Analyse der Lage, Bereitschaft zur politischen Steuerung und eine gute Zusammenarbeit mit den Vertretungen der Beschäftigten in den Personalräten und mit ihren Gewerkschaften sind mehr denn je nötig. Es braucht beispielsweise verlässliche Daten darüber, für welche Fächerkombinationen jetzt schon Lehrkräfte fehlen und wie hoch die Zahl der neu ausgebildeten Lehrkräfte sein wird.

Nur wenn wir für bessere Bildungsbedingungen für die Schülerinnen und Schüler und multiprofessionelle Teams an den Schulen kämpfen, wird die Politik handeln und wird es gelingen, den Lehrerinnen- und Lehrerberuf so attraktiv zu machen, dass er wieder mehr Strahlkraft gewinnt.

Die GEW erwartet von den Bildungsministerinnen und -ministern zunächst mehr Ehrlichkeit. Davor haben manche Politikerinnen und Politiker Angst. Das Amt einer Bildungsministerin oder eines Bildungsministers kann ein Schleudersitz sein. Wenn wir Gewerkschaften Probleme ansprechen, statt sie zu verkleistern, wird uns vorgeworfen, dass wir vom Lehramtsstudium abschrecken. Wir meinen aber: Nur wenn wir für bessere Bildungsbedingungen für die Schülerinnen und Schüler und multiprofessionelle Teams an den Schulen kämpfen, wird die Politik handeln und wird es gelingen, den Lehrerinnen- und Lehrerberuf so attraktiv zu machen, dass er wieder mehr Strahlkraft gewinnt.

Der Lehrerinnen- und Lehrerberuf muss attraktiver ausgestaltet werden. Anwerbemaßnahmen zum Nulltarif ohne qualitative und monetäre Verbesserungen werden nicht ausreichen, um die Lücke zu schließen. Hier sind die Landesregierungen gefordert; sie müssen mehr Geld investieren. Mit diesen Mitteln müssen die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte verbessert werden. Hierfür bietet die GEW Verhandlungen an. Zudem braucht es Unterstützungssysteme für Lehrkräfte wie Team-Coaching und Supervision, die vor allem in Schulen in sozial schwierigen Wohnquartieren und anderen Problemlagen helfen.

Nicht zuletzt benötigen Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger, die für die Arbeit gewonnen werden, ein klares Qualifizierungsprogramm und Zukunftsperspektiven.

Alle Lehrämter mit einer akademischen Ausbildung sind dem höheren Dienst zuzuordnen, sodass die Eingangsbesoldung/-vergütung an allen Schularten mindestens bei A13 (Beamtinnen und Beamte) und E13 (Angestellte) liegt. In Sachsen zeigen erste Erfahrungen mit einer besseren Besoldung bereits Erfolg! Daran muss überall angeknüpft werden, denn dies verringert zum Beispiel die Hürde für ausgebildete arbeitslose Gymnasiallehrkräfte, an andere Schulformen zu wechseln.

Nicht zuletzt benötigen Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger, die für die Arbeit gewonnen werden, ein klares Qualifizierungsprogramm und Zukunftsperspektiven. Der beste Weg ist ein speziell auf die Bedürfnisse der Quereinsteigerinnen und -einsteiger ausgerichteter Vorbereitungsdienst. Beim Einsatz von Seiteneinsteigerinnen und -einsteigern muss eine bestmögliche Qualifizierung, auch in Teilzeit, mit attraktiven Bedingungen für die angehenden Lehrkräfte einhergehen. Die Ausbildung „on the job“ ist so zu gestalten, dass fehlende Ausbildungsinhalte berufsbegleitend nachgeholt werden können. Dafür muss es eine ausreichende zeitliche Entlastung geben. Eine dreimonatige Einführungsphase ist voranzustellen. Nach erfolgreichem Ausbildungsende müssen diese Lehrkräfte allen anderen gleichgestellt werden.

Werben wir mit guten Vereinbarungen für den Beruf. Landesregierungen: Es ist Zeit zum Handeln!