Zum Inhalt springen

Quer- und Seiteneinstieg

„Wenn die pädagogischen Kompetenzen fehlen, leidet die Qualität des Unterrichts“

Trotz tausender Quer- und Seiteneinsteiger werden die Lücken in den Klassenzimmern immer größer. Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe fordert, nicht voll ausgebildete Lehrkräfte ebenso umfassend wie rasch für den Schulalltag zu qualifizieren.

In der Debatte um den akuten Lehrkräftemangel fordert die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe „erhebliche Anstrengungen“ bei der Qualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigern. „Denn wenn die pädagogischen Kompetenzen fehlen, leidet die Qualität des Unterrichts“, betonte Tepe im n-tv.de-Interview. Es bestehe die Gefahr, „dass einer ganzen Generation von Schülern geschadet wird“. Wer zum Beispiel Chemie studiert habe, verfüge über eine hohe wissenschaftliche Kompetenz. „Das heißt aber nicht, dass er oder sie den Stoff auch Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen so vermitteln kann, dass diese das Thema verstehen.“ 

Quereinsteiger bräuchten schon vor ihrem ersten Schultag zumindest einen Crashkurs, sagte die GEW-Vorsitzende. Auch im Schulalltag sei eine gute Unterstützung nötig. Eine Reihe von Quereinsteigerinnen und -einsteigern, die keine Qualifizierungsangebote bekommen hätten, seien bereits wieder aus dem Schuldienst ausgeschieden. „Die Zahlen sind nicht genau erfasst, aber wahrscheinlich relativ hoch.“

Berlin konnte Tepe zufolge nur 37 Prozent der ausgeschriebenen Stellen mit voll ausgebildeten Lehrkräften besetzen. 28 Prozent sind Quereinsteigerinnen und -einsteiger, die Fächer studierten, die in der Schule unterrichtet werden. Gut 34 Prozent sind befristet eingestellte Lehrkräfte, die keinen Master-Hochschulabschluss haben, sondern eine niedrigere Qualifikation.

„Spätestens als diese Entwicklungen aufgetreten sind, hätte man reagieren müssen.“ (Klaus Klemm)

Die Gewerkschafterin bekräftigte zudem die Forderungen nach einer besseren und gerechteren Bezahlung sowie besseren Arbeitsbedingungen. „Da zurzeit in vielen Bereichen Fachkräftemangel herrscht, muss der Lehrerberuf mit anderen akademischen Berufen konkurrieren.“ Die Politik müsse „endlich mehr steuern und die Kapazitäten der Studien- und Referendariatsplätze ausbauen“.

Der Bildungsforscher Klaus Klemm sieht die Gründe für den Personalmangel im massiven Geburtenanstieg und dem Zuzug von Migrantinnen und Migranten. Beide Faktoren habe die Politik nicht vorhersehen können, sagte Klemm der Tageszeitung „Die Welt“. Aber: „Spätestens als diese Entwicklungen aufgetreten sind, hätte man reagieren müssen. Stattdessen sprach die Kultusministerkonferenz noch von einem Lehrerüberschuss.“