Fotos: Manfred Brinkmann
Erneut findet unter der Überschrift ‚Eine andere Welt ist möglich‘ ein Weltsozialforum in Tunis statt. Die tunesische Hauptstadt ist damit der zweite Ort, an den das Weltsozialforum zurückkehrt. Dies war bisher nur der südbrasilianischen Millionenstadt Porto Alegre vorbehalten, dem Geburtsort des Weltsozialforums, wo es Anfang 2001 als zivilgesellschaftlicher Gegenentwurf zum elitären Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos zeitgleich erstmalig stattfand.
Charta der Prinzipien
In Porto Alegre wurde auch die Charta der Prinzipien beschlossen, die als Grundlage für alle weiteren Sozialforen bis heute gültig ist. Darin wird u.a. festgelegt: „Das Weltsozialforum widersetzt sich allen totalitären und verkürzten Ansichten von Wirtschaft, Staat und Geschichte und lehnt Gewalt als Mittel sozialer Kontrolle durch den Staat ab. Es steht für die Menschenrechte, für die Ausübung einer echten, teilhabenden Demokratie, für friedliche Beziehungen in Gleichheit und Solidarität unter Menschen, Ethnien, Geschlechtern und Völkern und verurteilt alle Formen von Herrschaft und Unterdrückung eines Menschen durch einen anderen.“
Bis 2003 fand das Weltsozialforum mit jährlich wachsenden Teilnehmerzahlen in Porto Alegre statt. Im Folgejahr 2004 wechselte es erstmalig ins indische Mumbay, um 2005 noch einmal nach Porto Alegre zurückzukommen, wo es mit 120.000 Menschen seine bisher größte Teilnehmerzahl erreichte.
Weltsozialforum auf Wanderschaft
Seitdem ist das Weltsozialforum auf Wanderschaft und findet als zentrales Ereignis nur noch alle zwei Jahre statt: Nairobi (2007), Belém (2009), Dakar (2011) und Tunis (2013). Jeder der Veranstaltungsorte hat dem Weltsozialforum ein eigenes Gepräge gegeben und nicht nur beim Zeitpunkt hat das Weltsozialforum sich längst von der Fixierung auf das Weltwirtschaftsforum gelöst.
Mit der Entscheidung, das Weltsozialforum 2015 erneut in Tunis stattfinden zu lassen, wird der Fokus ein weiteres Mal auf die arabische Welt gelegt. Zugleich soll die noch junge Demokratiebewegung im Ursprungsland der Arabellion gestärkt werden. Hunderte Veranstaltungen und Zehntausende TeilnehmerInnen werden Ende März auf dem Campus der El Manar Universität, dem Veranstaltungsort in Tunis, erwartet.
Was ist das Weltsozialforum?
Doch was ist das Weltsozialforum heute? Ist es noch soziale Bewegung oder doch inzwischen nicht mehr als eine große Messe von Nichtregierungsorganisationen? Sind von dem Forum noch emanzipatorische Prozesse zu erwarten oder ist es nicht überflüssig geworden angesichts einer Vielzahl von Vernetzungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für zivilgesellschaftliche Organisationen bei Weltgipfeln aller Art?
Für die GEW ist klar: Die Weltsozialforen bieten auch weiterhin eine einzigartige Möglichkeit des Blicks über den Tellerrand, des Kennenlernens und internationalen Erfahrungsaustausches, der Vernetzung und der Verabredung mit Gewerkschaften und Organisationen aus anderen Ländern.
Es ist nicht zuletzt ein Verdienst der GEW und anderer Bildungsgewerkschaften, dass Bildungsthemen zu einem festen Bestandteil im Programm der Weltsozialforen geworden sind. Deshalb wird die GEW sich auch 2015 mit einer überwiegend jungen Delegation und Seminaren und Workshops am Weltsozialforum beteiligten.
GEW plant Veranstaltungen in Tunis
Eine Reihe weiterer deutscher Organisationen wie Attac, Brot für die Welt, Friedrich-Ebert-Stiftung und Rosa-Luxemburg-Stiftung planen ebenso ihre Teilnahme in Tunis und haben sich bei einem Treffen Anfang Dezember 2014 in Berlin, an dem auch GEW-Vertreter teilgenommen haben, auf eine gemeinsame Vorbereitung verständigt. Zusammen mit anderen europäischen und afrikanischen Gewerkschaften der Bildungsinternationale, dem Weltdachverband der Bildungsgewerkschaften, plant die GEW in Tunis Veranstaltungen zu den folgenden Themen:
- Bildung statt Kinderarbeit – Was können Gewerkschaften tun?
- Recht auf Bildung für Flüchtlingskinder – am Beispiel Türkei, Griechenland, Italien, Deutschland
- TTIP, CETA, TISA und Co. – Gegen Privatisierung von Bildung durch Freihandelsabkommen
- Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in sozialen Bewegungen