„Wir sind stolz, dass diese Konferenz nach mehreren Anläufen endlich auf dem afrikanischen Kontinent stattfindet“, leitete Christin Addai-Poku, Präsident der ghanaischen Hochschullehrendengewerkschaft die Konferenz ein. Assibi Napoe, Koordinatorin des regionalen Büros der Bildungsinternationale (BI) für Afrika und den Nahen Osten in Accra, brachte ihre Freude darüber zum Ausdruck, endlich Gastgeberin dieser alle zwei Jahre stattfindenden Konferenz sein zu können und hoffte, dass damit die Vernetzung unter den afrikanischen Hochschulgewerkschaften gestärkt wird.
Wachsender Vulkan
Überall leiden die Hochschulsysteme unter „massification“, der Überlastung wegen wachsender Nachfrage nach Hochschulbildung und damit zusammenhängend stetig steigender Studierendenzahlen. In Afrika handelt es sich weder um einen zu untertunnelnden Studierendenberg noch um ein Hochplateau, die Situation gleicht eher einem ständig in die Höhe wachsendem Vulkan. Zwar sprachen sich die meisten der Diskussionsteilnehmenden für staatliche Verantwortung für Hochschulbildung aus, einige sahen aber auch Privatisierung als Ausweg, weil in ihrem Land offenbar nur so die ausweglos erscheinende Situation abgemildert werden kann.
Selbstevaluation versus externe Evaluation
Interessant auch, dass viele Probleme inzwischen universell geworden sind, beispielsweise die mangelnde staatliche Grundfinanzierung für Forschung und die damit zusammenhängende Abhängigkeit von diversen Drittmittelgebern – bloß dass diese in Afrika ziemlich rar sind, was Folgen für die Forschung hat. In den Workshops wurden dann die weltweit aktuellen Probleme von Hochschule und Forschung behandelt, wie Qualität der Beschäftigungsbedingungen, Evaluation der Lehre, Gender Equality und Nachhaltige Entwicklung. Bei der Lehrevaluation wurden ganz unterschiedliche Positionen deutlich, die auch mit den individuellen soziokulturellen Erfahrungen zusammenhängen: während aus nordamerikanischer und europäischer Sicht vor allem peer evaluation (durch Fachkolleg*innen) kombiniert mit studentischer Befragung und Selbstevaluation befürwortet wird, bevorzugen afrikanische Kolleg*innen unabhängige externe Evaluationsagenturen, da sowohl bei der Bewertung durch Kolleg*innen als durch Studierende die Begleichung alter Rechnungen befürchtet wird.
Nutzungsrechte sollen beim Urheber bleiben
Debatten entstanden bei der Diskussion eines Positionspapiers der BI zu Open Access (freier Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und Lehrmaterial). Dabei kam zum Ausdruck, dass die Nutzungsrechte immer beim Urheber bleiben sollen und das Autoren frei entscheiden sollen, wo und wie sie ihre wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlichen und ob sie die Ergebnisse der Öffentlichkeit frei zugänglich machen. Eine Beschränkung auf wenige, kommerzielle „journals“ wird in diesem Zusammenhang ebenso abgelehnt wie das Abtreten von Nutzungsrechten an kommerzielle Verlage. Ein Augenmerk wurde auch auf die UNESCO-Empfehlungen zu Arbeitsbedingungen von Wissenschaftler*innen aus dem Jahr 1974 gelegt, die derzeit überarbeitet werden. 2017 soll eine neue Fassung erstellt sein, so dass jetzt die letzte Gelegenheit für die BI-Mitgliedsgewerkschaften ist, sich in den Prozess einzubringen.
Schikanen gegen kolumbianischen Wissenschaftler
Ein Konferenzteilnehmer konnte jedoch erst am letzten Tag in Accra eintreffen: Miguel Angel Beltrán Villegas aus Kolumbien, der schon dort wegen seines gewerkschaftlichen Engagements insgesamt acht Jahre inhaftiert war, ist zwar inzwischen freigelassen, wurde jedoch auf seinem Zwischenstopp in Panama von den dortigen Behörden über zwei Tage willkürlich festgehalten. Die Teilnehmenden begrüßten ihn bei seinem Eintreffen in Accra mit stehenden Ovationen. In seiner darauf folgenden Ansprache ermutigte Miguel die Kolleginnen und Kollegen, den Kampf für die Freiheit gewerkschaftlicher Arbeit stetig weiter zu führen
Große Armut und viel Reichtum
Das Gastgeberland Ghana befindet sich als freiheitlicher und demokratischer Staat mitten im Präsidentschaftswahlkampf, in dem große Armut und viel Reichtum unmittelbar aufeinander treffen und wo es erhebliche soziale Diskrepanzen gibt. Ghana als Land, in dem die Bedeutung öffentlicher Bildung erkannt ist: Die damalige ghanaische Bildungsministerin und ehemalige Rektorin der University of Cape Coast, Naana Jane Opoku-Agyemang, bekannte sich auf der Konferenz zur staatlichen Verantwortung für Bildung „We spend 30% of our budget on education. Education must not only reach those, who can effort it. Yes, the children can!” Und Ghana als gastgebendes Land, das stellvertretend für den afrikanischen Kontinent den internationalen Gästen der BI-Hochschulkonferenz viel Herzlichkeit entgegengebrachte.