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Was will ich werden?

Welchen Einfluss haben Geschlechterstereotypen auf die berufliche Orientierung von Mädchen und Jungen? Wissen die jungen Menschen, was ihre Entscheidung für ihr Leben bedeutet? Die "E&W" hat drei Jugendliche aus Berlin befragt.

Emma (15): "Nach dem Abi möchte ich viel reisen und mir viele Länder anschauen und die Zeit genießen." Foto: Kay Herschelmann
  • Paul, 15 Jahre alt, 10. Klasse einer Sekundarschule, macht in diesem Schuljahr seinen Mittleren Schulabschluss (MSA):

"Ich fange gerade an, mich für einen Ausbildungsplatz als Tierpfleger zu bewerben. Schön wäre es, wenn ich irgendwann Hundetrainer werden könnte. Da es den Beruf nicht als Ausbildungsberuf gibt, muss ich zunächst Tierpfleger lernen. Hundetrainer ist aber mein Traumberuf. Den Tipp hat mir meine Mutter gegeben. Mit Hunden konnte ich schon immer gut umgehen. Ich habe es als Kind sogar geschafft, einen Hund, der immer vor Angst bellte, wenn er Kinder gesehen hat, die Angst vor ihnen zu nehmen.

Wichtig ist mir, dass ich so schnell wie möglich eigenes Geld verdienen kann. Ein Beruf muss mir aber auch Spaß machen. Als kleiner Junge wollte ich Feuerwehrmann werden, so wie viele andere Jungs auch. Zurzeit mache ich mir noch keine Gedanken, was nach der Ausbildung sein wird. Ich kann mir aber gut vorstellen, mein Leben lang mit Hunden zu arbeiten. Wenn ich erwachsen bin, würde ich gern in einer Wohngemeinschaft oder allein leben, aber nicht in Berlin. Kinder will ich keine haben, Erziehung wäre mir zu schwierig."

  • Jule, 17 Jahre alt, 12. Klasse eines Gymnasiums, macht in diesem Jahr Abitur:

"Nach dem Abi werde ich zunächst ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Bereich Kultur absolvieren; wenn es klappt, im Archiv der Jugendkulturen in Berlin. Dass meine Mutter Historikerin ist, spielt sicherlich eine Rolle bei meiner Entscheidung, aber keine entscheidende. Ich habe mich eher an meinem Freundeskreis orientiert. Was nach dem FSJ kommt, werde ich sehen. Gleich zu studieren, kommt für mich nicht in Frage; ich habe so viele Interessen und weiß gar nicht, wie ich die unter einen Hut bekommen soll. Vor ein paar Jahren habe ich noch gesagt, ich ziehe mit 18 von Zuhause aus. Das ist aber derzeit aus finanziellen Gründen unrealistisch. 

Meine Berufswünsche haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Als Sechsjährige wollte ich Philosophin werden, später Schriftstellerin, dann Schauspielerin. Wie mein Leben in zehn oder 15 Jahren aussehen wird, wird sich zeigen. Vielleicht habe ich einen Partner oder eine Partnerin. Kinder zu bekommen, kann ich mir auch gut vorstellen. Dann muss aber alles stimmen. Ich hoffe, dass sich in den nächsten Jahren die Gesetze ändern, so dass Adoptionen für gleichgeschlechtliche Paare leichter möglich sind."

  • Emma, 15 Jahre, besucht die 9. Klasse eines Gymnasiums:

"Nach dem Abi möchte ich viel reisen, mir viele Länder anschauen und die Zeit genießen. Vielleicht verbinde ich das auch mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ). Anschauen will ich mir vor allem ganz besondere Orte; das sind für mich Länder und Kulturen außerhalb Westeuropas und Nordamerikas - z.B. Asien, Südamerika, Afrika. Mich interessieren fremde Sprachen, deshalb kann ich mir gut vorstellen, später einmal etwas in diesem Bereich zu studieren.

Als ich ein kleines Kind war, wollte ich Musikerin oder Sängerin werden. Das kann ich mir auch heute noch vorstellen. Den Beruf der Lehrerin fand ich früher auch ganz toll. Heute nicht mehr so, da ich unser Schulsystem alles andere als gut finde. Wenn ich 30 bin, hoffe ich, dass ich bis dahin viel von der Welt gesehen und einen Job habe, der mir gut gefällt. Aber so richtig vorstellen kann ich mir das heute noch nicht. Karriere oder viel Geld zu verdienen, ist für mich nicht wichtig. Über Familie und Kinder mache ich mir noch gar keine Gedanken. Wenn ich erwachsen bin, würde ich gerne von Zuhause ausziehen und mit anderen zusammen in einer Wohngemeinschaft leben."

Das Thema Berufswahl ist mit weiteren Artikeln und Interviews Schwerpunkt der April-Ausgabe der "E&W".