LesePeter Mai 2025
Vorlesebuch über eine kindliche „Chaostruppe“
Martin Muser erzählt in „Das ist nicht lustig!“ 13 turbulente Alltagsgeschichten für die ganze Familie. Die Kapitel können wie Kurzgeschichten rezipiert und so auch in den Unterricht der Grundschule eingebunden werden.
Martin Muser erzählt in diesem Vorlesebuch von einer kindlichen „Chaostruppe“, die ein spielerisches Abenteuer nach dem nächsten erlebt – voller Komik, Alltagsnähe und Fabulierlust. Muser zeigt sich als treffgenauer Beobachter aktueller Kindheit und schafft es, von dieser mit Leichtigkeit und mit Fokus auf Familienbande und Spielfreude zu erzählen. Doch er scheut sich auch nicht, den kindlichen Leser*innen ernste Themen zuzumuten.
Dafür gab es den LesePeter für den Monat Mai.
Als Ich-Erzähler tritt in diesem Vorlesebuch Juri auf, der gemeinsam mit seinen Freund*innen Kette und Quark wilde und spielerische Abenteuer erlebt. „Natürlich heißen die nicht in echt so. Quarks richtiger Name ist Fadi Haddad. Aber weil er immer Früchtequark statt Pausenbrot dabeihat, nennen wir ihn Quark. Und Kette heißt eigentlich Mira-Lotte Kettenbrunner. Aber sie findet Kette cooler“, so stellt der Ich-Erzähler in einem flapsigen Erzählton, der sich nah an der Mündlichkeit bewegt, zu Beginn der Handlung seine Freund*innen vor.
Die drei verlieren sich in überbordender Spielfreude und haben die besten Ideen, die sie in den Augen der Erwachsenen zur „Chaostruppe“ machen. Vieles geht im Spiel zu Bruch, Regeln werden subversiv übertreten, etwa, wenn die drei Grundschulkinder nachts in die Kneipe gehen oder mit dem Einkaufswagen den Berg hinunterrasen. Bei dieser waghalsigen Aktion bricht Quark sich den Arm. Aber wirklich Ärger bekommen sie nie, denn Juri wächst in äußerst liebevollen Familienverhältnissen auf.
Auch zu seinem kleinen Bruder Pippo, der noch in den Kindergarten geht, hat er ein inniges und herzliches Verhältnis. Aus dessen Kindermund stammt der titelgebende Spruch „Das ist nicht lustig!“, den Juri sich damit erklärt, dass dessen „Sinn für Humor noch nicht so richtig entwickelt“ ist. Diese Redewendung taucht in jedem Kapitel auf und ist wechselnden Figuren in den Mund gelegt.
Funktionierende Familienverhältnisse
Neben den Eltern ist Opa Eule eine Bezugsperson der Kinder, der in der Wohnung unter der Familie wohnt. Insofern zeigt Muser in seinen Geschichten funktionierende Familienverhältnisse, in denen verhandelt wird und das kindliche Interesse im Mittelpunkt steht. Jedes Kapitel erzählt dabei eine in sich abgeschlossene Story, sodass diese auch unabhängig voneinander und nicht zwingend in der vorgegebenen Reihenfolge gelesen werden müssen. Es sind alltagsnahe Geschichten über Gegenwartskindheit (in der Mittelschicht), die so ein hohes Identifikationspotenzial für die Adressat*innengruppe stiften.
Die Verortung im Zeitgeist der Gegenwart spiegelt sich einmal mehr, als Juri, Kette und Quark einen Flohmarkt machen und bei diesem von einer Politikerin angesprochen werden, die rechtsextreme Reden hält. Die „Partei für Deutschland“ avanciert in den nachfolgenden Figurendialogen zu den „Popolöchern für Deutschland“. Durch solche Szenen und die sich durchziehende feinsinnige Komik entfaltet das Kinderbuch eine Mehrfachadressierung und wird auch für Erwachsene zur überaus vergnüglichen Lektüre.
Auch ernste Themen
Muser, der vor allem durch die „Kannawoniwasein“-Romane bekannt ist, zeigt sich als treffgenauer Beobachter aktueller Kindheit und schafft es, von dieser mit viel Leichtigkeit und mit Fokus auf Familienbande und Spielfreude zu erzählen. Doch er scheut sich auch nicht, den Realitäten des Lebens ins Auge zu blicken und den kindlichen Leser*innen auch ernste Themen zuzumuten. Am Ende stirbt Opa Eule – das ist die traurige Geschichte, die Raum schafft für Trauer, die aber durch den Zusammenhalt der Familie wieder aufgefangen wird.
Die Illustrationen von Susanne Göhlich bilden pro Kapitel je eine Szene ab, die vor allem die erzählte Situationskomik unterstreicht. Die Geschlossenheit der einzelnen Geschichten erhöht die Zugänglichkeit für Leseanfänger*innen (ggf. zum Ende der 1. oder zu Beginn der 2. Klasse). Die Kapitel können wie Kurzgeschichten rezipiert und auch in dieser Weise in den Unterricht der Grundschule eingebunden werden. Dabei eignen sie sich – wie der Klappentext verspricht – sowohl zum Vor- als auch zum Selberlesen.
Der Autor und die Illustratorin
Martin Muser ist freier Autor, Dramaturg und Dozent und lebt in Berlin. Neben Drehbüchern für das deutsche Fernsehen schreibt er besonders gerne Kinderbücher. Bei Carlsen erschien 2018 sein Debüt „Kannawoniwasein - Manchmal muss man einfach verduften”, für das er mehrere Auszeichnungen bekam.
Susanne Göhlich studierte Kunstgeschichte in Leipzig. Neben dem Studium gestaltete sie Plakate und zeichnete Comics - und beim Zeichnen ist sie dann geblieben. Inzwischen hat sie zahlreiche Kinderbücher illustriert und einige selbst geschrieben.
Die AJuM vergibt den LesePeter monatlich abwechselnd in den Sparten Kinderbuch, Jugendbuch, Sachbuch und Bilderbuch.
Martin Muser: Das ist nicht lustig! mit Bildern von Susanne Göhlich, Hamburg: Carlsen 2024, 144 Seiten, 13 Euro, ISBN 978-3-551-55845-9, ab 6 Jahren