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Von Worten zu Taten

Zur Zweiten Weltfrauenkonferenz der Bildungsinternationalen vom 7. bis 9. April 2014 sind über 300 Gewerkschafterinnen aus allen Teilen der Welt nach Dublin gekommen. Auch fünf GEW-Kolleginnen bringen sich in die globale Diskussion über Geschlechtergerechtigkeit in Bildung und Gewerkschaft ein.

Fotos: Marlis Tepe, Claude Carroue

Neben der GEW-Vorsitzenden Marlis Tepe sind das GEW-Vorstandsmitglied Frauke Gützkow, die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende in NRW, Maike Finnern, die Hamburger GEW-Kollegin Barbara Geier und das Vorstandsmitglied des GEW-Bundesfrauenausschusses Ilke Glockentöger nach Dublin gereist, wo am Montag die zweite Weltfrauenkonferenz der Bildungsinternationale begann. Die Bildungsinternationale ist der Dachverband von rund 400 Bildungsgewerkschaften mit dreißig Millionen Mitgliedern weltweit

Langer Kampf um Frauenrechte

An der Leinwand vorne im Kongresssaal wechseln sich in langsamen Tempo Bilder ab: Suffragetten mit hohen Hüten halten Schilder mit der Forderung nach dem Wahlrecht hoch, bei einer Versammlung spricht eine junge Frau mit erhobener Faust in das Mikrofon, schwarze Frauen in bunten Kleidern demonstrieren auf einer Straße in der Abendsonne. Immer mehr Bilder geben einen Eindruck von dem langen, vielfältigen Kampf von Frauen um ihre Rechte.

Auch Rosie Hackett ist Teil dieser Geschichte. Vor über 100 Jahren hat die Arbeiterin in einer Keksfabrik hier in Dublin Streiks organisiert. Die Aktivistin verlor zwar ihren Arbeitsplatz, blieb der Gewerkschaftsbewegung aber über viele Jahrzehnte bis zu ihrem Tod treu. In der irischen Hauptstadt erinnert deshalb jetzt der Name einer Brücke an die Gewerkschaftsführerin

In Bildung und Erziehung spielen Frauen eine Schlüsselrolle

Auch deshalb ist Susan Hopgood froh, dass die Zweite Weltfrauenkonferenz der Bildungsinternationalen in Dublin stattfindet – einer Stadt, die sehr von Gewerkschaften geprägt wurde. Die Präsidentin des weltweiten Dachverbandes der Bildungsgewerkschaften macht in ihrer Begrüßung klar: „Die Geschichte ist für uns eine Verpflichtung für die Zukunft.“ Und bleibt gleichzeitig eine Herausforderung. Denn obwohl in den Bildungsgewerkschaften weltweit mehrheitlich Frauen organisiert sind, sind sie in den Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert.

Dabei spielen Frauen gerade in Erziehung und Bildung eine Schlüsselrolle. „Oft machen Frauen es zu ihrer Lebensaufgabe, für die folgenden Generationen da zu sein.“ meint auch Ruairi Quinn, der Bildungsminister Irlands, der die Konferenzteilnehmerinnen aus rund 90 Ländern willkommen heißt. Frauen leisten mit ihrer – bezahlten und nicht bezahlten – Arbeit einen unentbehrlichen Beitrag für die Gestaltung des gemeinschaftlichen Lebens. Deshalb ist sich Tarja Halonen, Gewerkschafterin und ehemalige Regierungschefin von Finnland, sicher: „Die Zukunft wird im Klassenraum gemacht.“

In den Führungspositionen dominieren Männer

´Frauen in gewerkschaftlichen Leitungspositionen` ist das Thema der ersten Podiumsdiskussion auf dem Kongress. Neben Christine Blower von der National Union of Teachers (NUT) in Großbritannien und der Generalsekretärin der irischen Lehrergewerkschaft Sheila Nunan gibt es auch eine nicht-europäische Perspektive. Habiba Mizouni ist Generalsekretärin der tunesischen Bildungsgewerkschaft SNMDPHU und berichtet von dem Aufbau ihrer Gewerkschaft nach der Revolution.

Auch wenn an der Basis viele Frauen aktiv sind – in den Führungspositionen sind doch fast nur Männer vertreten. „Wir brauchen eine Quote!“ fordert deshalb die Tunesierin, die nur so die Teilhabe von Frauen an der Macht gewährleistet sieht. Und diese Teilhabe hält Habiba für den Demokratisierungsprozess in ihrer arabischen Heimat, in dem Gewerkschaften eine wichtige Rolle spielen, für unerlässlich.

Irland macht afrikanischen Frauen Visaprobleme

Während der Podiumsdiskussion taucht glücklicherweise endlich Fatima Ilboudo an unserem Tisch im Konferenzraum auf. Sie ist für die frauenpolitische Arbeit der Bildungsgewerkschaft SYNTER in Burkina Faso zuständig, zu der die GEW eine langjährige Partnerschaft pflegt. Leider hat unsere burkinische Kollegin erst nach großem Aufwand und verspätet ihr Visum bekommen, um in Irland einzureisen. Diese Episode zeigt, dass Frauen und Mädchen nicht nur eingeschränkten Zugang zu Bildung und politischen Führungspositionen haben, sondern auch zu dieser Konferenz von Gewerkschaftsfrauen.

Diskussionen in sechs Workshops

Der Nachmittag des ersten Konferenztages war auf der einen Seite geprägt von den Diskussionen in den einzelnen Workshops, auf der anderen Seite von dem Austausch über diese Diskussionen. So hatten die Berichterstatterinnen maximal zwei Minuten Zeit, den Delegierten aus ihren Workshops zu berichten und die wichtigsten Ergebnisse darzustellen - jeweils in den drei Konferenzsprachen Englisch, Französisch und Spanisch. Kompliment an alle - das ist gelungen!

In den sechs Workshops wurden Themen von organisationspolitischer Bedeutung, wie Frauen in Führungspositionen (gerade auch in den Gewerkschaften) und Gleichberechtigung/Inklusion aller in den Gewerkschaften sowie die Aktivierung junger Frauen diskutiert. Immer spielte dabei die Frage nach der Art und Weise, wie gewerkschaftliche Arbeit im 21.Jahrhundert organisiert werden muss, damit sie attraktiv ist, eine wichtige Rolle. Des Weiteren wurde die Rolle der Gewerkschaften bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowie der Umsetzung von Gleichberechtigung und Inklusion thematisiert, wobei die Begriffe jeweils weit geöffnet zu verstehen sind.

Einigkeit über Frauenquote

Damit Frauen eine gerechtere Teilhabe am Erwerbsleben und zugleich eine angemessene Repräsentanz in den Führungsebenen gerade auch der Gewerkschaften bekommen, ist eine Quote wichtig, auch wenn sich alle Teilnehmerinnen darüber einig waren, dass sie nicht ausreicht, sondern mit anderen Maßnahmen kombiniert werden muss. So gilt es Möglichkeiten zu schaffen, eine vernünftige work-privacy-Balance zu gewährleisten und das Selbstvertrauen von Frauen zu stärken, bspw. durch die Schaffung von Netzwerken und Mentoring, frei nach dem Motto: "Power ist taken - not given".

Junge Frauen gezielt ansprechen

Es ist wichtig Vorbilder zu haben, also zu sehen, dass Frauen Gewerkschaften führen. Zu dieser Sichtbarkeit von Frauen in gewerkschaftlichen Führungspositionen gehört es auch, dass auf der im kommenden Jahr stattfindenden Konferenz der Bildungsinternationalen fünfzig Prozent der Delegierten weiblich sein sollten. Die Repräsentanz von Frauen in den Führungsebenen und Entscheidungsgremien der Gewerkschaften ist zudem wichtig, um junge Frauen zu aktivieren.

Sie müssen das Gefühl haben, dass ihre Belange ernst genommen werden und sich gut repräsentiert fühlen, damit sie Mitglied bzw. aktiv werden. Hier wurden auch Kampagnen gefordert, die sich gezielt an junge Frauen richten. Hierbei fällt mir direkt der Slogan der IG Metall "Wer die besten will, darf auf Frauen nicht verzichten" ein, der mit Sicherheit auch für die Gewerkschaften gilt.

Schaffung von Frauennetzwerken
 
Es wurde gefordert, dass Gewerkschafterinnen sich selbstbewusst auch als solche darstellen, denn es gelte: "If you want to go fast, go alone, If you want to go far, go together!" Gewerkschaftsarbeit dürfe sich heute nicht auf Sitzungen an Wochenenden oder nach Feierabend beschränken, vielmehr müssten die Medien genutzt werden, um Frauen zu aktivieren, mehrfach fielen in diesem Zusammenhang Twitter oder Facebook.

"From word to action" ist nicht nur das Motto der Konferenz, sondern sollte Handlungsmaxime auf dem Weg zu Toleranz und Gleichberechtigung aller sein. So gibt es inzwischen Fortschritte durch entsprechende Gesetze für Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle (LSBTI), aber das Thema erfährt immer noch wenig Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Es braucht neben der Schaffung von Netzwerken auch Fortbildung für Lehrkräfte, damit der nächste Schritt getan wird.

Gewalt gegen Frauen in den Fokus nehmen

Auch wenn man die Gewalt gegen Frauen in den Fokus rückt, unterscheiden sich Gesetz und Realität z. T. stark voneinander. Weltweit sind Schulen nach wie vor häufig ein Ort der Gewalt gegen Frauen, Gewalt auf dem Schulweg, Gewalt im Internet, Gewalt gegen Lehrerinnen. Gewalt gegen Mädchen beginnt damit, dass davon berichtet wurde, dass es an einigen Schulen keine Toiletten für Mädchen gebe.

Um dieser Gewalt endlich Einhalt zu gebieten, brauchen wir verstärkt Forschung und einen professionellen und allgemein gültigen ethischen Kodex, der jegliche Gewalt gegen Frauen verhindert. Dieser kurze Ausschnitt zeigt, wie intensiv die Diskussionen sind, die die Frauen (und einige Männer) von Bildungsgewerkschaften aller Kontinente hier in Dublin führen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.