LesePeter Februar 2025 für „Shit Bag“
Vielschichtiger und mutmachender Jugendroman
Als Freya zusammenbricht und mit einem Stomabeutel im Krankenhaus aufwacht, platzt ihr Traum vom perfekten Sommer. Es folgt ein Aufenthalt in einem Camp für Jugendliche mit Darmerkrankungen.
Aufgrund einer Darmerkrankung ist Freya plötzlich gezwungen, einen Stromabeutel zu tragen – eine Shit Bag. Mit der humorvollen literarischen Verhandlung dieses ernsten Themas gelingt es der Autorin Xena Knox in diesem autobiografischen Roman, eine neue Perspektive in die Jugendliteratur zu bringen. Dafür gab es den LesePeter für den Monat Februar 2025.
Die 16-jährige Freya ist sportlich, hat zwei beste Freundinnen und einen Freund, mit dem es mal mehr, mal weniger gut läuft. Das alles gerät ins Wanken, als ihre Verdauungsprobleme eskalieren. Diese hat sie lange für ein prüfungsstressbedingtes Reizdarmsyndrom gehalten. Doch bei ihr wird Colitis Ulcerosa diagnostiziert. Weil ihr ganzer Dickdarm zerlöchert ist, wird ihr ein künstlicher Darmausgang gelegt. Sie muss nun einen Stomabeutel mit sich herumtragen. Als wären ihre eigene Unsicherheit und Scham nicht schon schlimm genug, kursiert kurz darauf ein Meme an ihrer Schule, in dem Freya als Shit Bag bezeichnet wird.
Ausgerechnet ihr Freund Lockie soll das Meme verbreitet haben. Auch Freyas beste Freundinnen verhalten sich seit ihrer Notoperation merkwürdig. Trotzdem würde Freya alles geben, um mit in ein Hockey-Lager nach Portugal zu kommen. Stattdessen stecken sie ihre Eltern jedoch in ein Camp mit Jugendlichen, die ebenfalls chronische Darmerkrankungen haben. Bei einigen von ihnen eckt Freya mit ihrer unverblümten, schroffen Art an.
Der gleichaltrige Chris hingegen findet es amüsant, dass Freya sich kurzerhand selbst als Shit Bag vorstellt. Freya wiederum ist überrascht, dass Chris, der auch einen Stomabeutel hat, wieder mit Rugby anfangen möchte. Gibt es vielleicht doch eine Chance für Freya, ihr altes Leben Stück für Stück zurückzubekommen? Oder kann sie sich ein neues aufbauen, in dem der Stomabeutel kein ekliges, lästiges Anhängsel, sondern eine wertvolle Hilfe für sie ist?
Autorin schreibt aus eigener Erfahrung
Durch die Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor – meist Selbstironie – macht es Spaß, Freyas Entwicklung mitzuverfolgen. Leser*innen ohne Vorwissen können wie nebenbei zusammen mit Freya Neues lernen, weil der Umgang mit ihrer Erkrankung für sie selbst neu ist. Dabei ist spürbar, dass die Autorin durch eigene Erfahrungen weiß, von was sie schreibt. Für die einen kann es also ein Blick über den Tellerrand hinaus sein, für andere vielleicht ein bislang ungewohnter Moment, sich selbst in einem Jugendbuch wiederzuerkennen.
Die sich langsam aufbauende Liebesgeschichte und die Freundschaftskonflikte sind mehr als nur Nebenhandlungen – sie sorgen dafür, dass die Themen Krankheit, Körper, Selbstwert und Erwachsenwerden in verschiedenen Kontexten Raum bekommen. Durch eingeschobene Chat-Nachrichten erschafft die Autorin außerdem einen authentischen, jugendlichen Ton. Gleichzeitig lockert es den Fließtext auf und macht die Lektüre noch zugänglicher. Auf diese Weise gelingt Xena Knox ein unterhaltsamer, vielschichtiger und mutmachender Jugendroman.
Die Autorin und die Übersetzerin
Xena Knox lebt mit ihrem Mann in London und auf einer Farm in Schottland. Ihr Debütroman „Shit Bag“ basiert auf ihren eigenen Erfahrungen mit akuter Colitis Ulcerosa und dem Jonglieren zwischen Leben mit Stoma, Studium und Dating.
Lina Robertz studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und Toulouse. Sie lebt und arbeitet in Deutschland und Frankreich und übersetzt englisch- und französischsprachige Literatur.
Die AJuM vergibt den LesePeter monatlich abwechselnd in den Sparten Kinderbuch, Jugendbuch, Sachbuch und Bilderbuch.
Xena Knox, „Shit Bag“, Arctis Verlag 2024, 304 Seiten, ISBN: 978-3-03880-092-7, 19 Euro, ab 14 Jahren