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Bildungsinternationale

„Unbändiger gemeinsamer Wille im Kampf für gute Bildung“

Marlis Tepe war sechs Jahre lang Vizepräsidentin der Bildungsinternationalen (BI). An diese Themen und Initiativen erinnert sie sich gut.

Marlis Tepe (Foto: Kay Herschelmann)
  • An welche Themen und Initiativen erinnerst Du Dich ganz besonders, wenn Du an Deine Amtszeit zurückdenkst?

Marlis Tepe: Besonders wichtig waren alle Aktionen der internationalen Solidarität. So haben wir zusammen mit anderen Gewerkschaften bei den Prozessen gegen türkische Kolleg*innen Prozessbeobachter*innen in die Gerichtssäle geschickt. Damit war Öffentlichkeit hergestellt und den Betroffenen der Rücken gestärkt. Wenn sie flüchten mussten, haben wir sie begleitet und mit Hilfe des Heinrich-Rodenstein-Fonds unterstützt. Wichtig für mich war unser Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter: Für mehr Frauen in Führung der Gewerkschaften, Förderung der Gleichstellung in der Bildung, wirtschaftliche Stärkung von Frauen und Aktivitäten gegen Gewalt gegen Frauen.

  • Du wurdest 2015 in das Amt gewählt. Damals versuchten EU und USA, die Handelsabkommen TTIP und TISA durchzusetzen – durch die geplanten Liberalisierungen wäre auch das öffentliche Bildungswesen beschädigt worden. Was hat die BI dagegen unternommen?

Marlis Tepe: Wir haben einstimmig beschlossen, uns gegen diese Handelsabkommen aufzustellen, in denen Bildung zur Ware wird. Die BI hat als einen Schwerpunkt die Kampagne „Global Response“ aufgelegt, mit der wir uns durch Forschung, Aufklärung und Protestaktionen weltweit gegen Privatisierung im Bildungsbereich wenden. Die gemeinsame Forschung unterstützt dabei Gewerkschaften bei der Meinungsbildung für ein öffentlich finanziertes Bildungswesen. Wir haben uns damals mit den europäischen Bildungsgewerkschaften in einer europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA gewendet und die riesige Demonstration gegen TTIP in Berlin im Herbst 2015 mitgetragen.

  • In welchen Gremien hast Du mitgearbeitet?

Marlis Tepe: Ich war zum Beispiel Mitglied im OECD Advisory Committee. Dort beraten wir gemeinsam, wie und welchen Einfluss wir auf die OECD nehmen wollen. Die GEW sieht die Wirkung der OECD auf die Bildungspolitik sehr kritisch. Wir haben uns zum Beispiel gegen eine PISA-Studie für KITAs  ausgesprochen. Mit dem International Summit on the Teaching Profession haben wir aber ein Format entwickelt, in dem BI, OECD, Minister*innen und Gewerkschafter*innen jährlich an einem Tisch sitzen und über gute Bildung diskutieren.

  • Was schätzen die BI-Mitgliedsgewerkschaften an der GEW?

Marlis Tepe: Die GEW hat sich seit 2015 für die große Zahl geflüchteter Kinder massiv eingesetzt und sofort die Einstellung von 20.000 Lehrkräften in Deutschland gefordert. Dass das damals gelungen ist und Geflüchtete spätestens nach drei Monaten in die Schule gehen konnten, dieses Engagement wurde sehr gewürdigt.

  • Wie ging die BI während Deiner Amtszeit vor, um politisch verfolgten Mitgliedern von Bildungsgewerkschaften zu helfen?

Marlis Tepe: Im Falle von Bedrohung, Verfolgung, Inhaftierung rufen wir zu urgent actions auf. Dann stellen wir entsprechende Forderungen an die dortige Regierung und fordern unsere eigenen Außenministerien auf, auch aktiv zu werden. Nach einer BI-Vorstandssitzung wurde unser philippinischer Kollege bei der Rückkehr aus Brüssel verhaftet, wir sind sofort aktiv geworden und er wurde freigelassen. Auch von anderen Kolleg*innen hören wir, wie hilfreich es für sie im Gefängnis war, internationale Solidarität zu erfahren.

  • Du hast zwei Weltkongresse der BI erlebt: 2015 in Ottawa und 2019 in Bangkok. Da kamen jeweils 1.800 Menschen zusammen. Wie muss man sich die Atmosphäre dort vorstellen?

Marlis Tepe: Es ist eine große kulturelle und sprachliche Vielfalt zu spüren und gleichzeitig liegt ein unbändiger gemeinsamer Wille in der Luft, im Kampf für gute Bildung und gute Arbeit, für Menschenrecht und Partizipation. Für mich war es immer eine große Rückenstärkung.

  • An welche Begebenheit auf den Weltkongressen erinnerst Du Dich besonders gern?

Marlis Tepe: Wir hatten ein Transparent dabei: Gegen Rassismus, Homophobie, Islamophobie, Antisemitismus und Antiziganismus. Damit haben wir uns in Pausen aufgestellt. Menschen aus aller Welt kamen, um sich vor diesem Transparent mit uns fotografieren zu lassen. Das waren schöne Aktionen.

Liebe Marlis, besten Dank für das Gespräch.