Erneut kommt es in der Türkei zu Massenentlassungen von Lehrerinnen und Lehrern. Nachdem bereits kurz nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli rund 20.000 vermeintliche Gülen-Anhänger vom Schuldienst suspendiert wurden, trifft es nun vor Beginn des neuen Schuljahres die Lehrkräfte in den Kurdenregionen. Ministerpräsident Binali Yıldırım hatte die Suspendierung der Staatsdiener in den mehrheitlich von Kurden bewohnten Städten im Südosten des Landes damit begründet, dass sie "irgendwie mit dem Terror verwoben" seien. Zeitgleich wurden auch 24 gewählte Bürgermeister in den Kurdenregionen wegen angeblicher PKK-Kontakte ihres Amtes enthoben.
Vor allem Gewerkschaftsmitglieder sind von Entlassungen betroffen
Nach offiziellen Informationen des türkischen Erziehungsministeriums sind 11.825 Lehrerinnen und Lehrer von den Entlassungen betroffen. Mehrheitlich handelt es sich dabei um Mitglieder der laizistischen Bildungsgewerkschaft Eğitim-Sen, die im Widerstand zur AKP-Regierung steht und deshalb schon seit Jahren mit Repressalien und Kriminalisierung bedroht wird. Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe verurteilte die neuerlichen Maßnahmen gegen Lehrkräften scharf: "Die Entlassungen sind ausschließlich politisch motiviert und widersprechen jeglichen rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die türkische Regierung betreibt eine Politik auf Kosten der Kinder und Jugendlichen. Das Entfernen zehntausender ausgebildeter Lehrerinnen und Lehrer aus dem Staatsdienst wird nicht ohne negative Auswirkungen auf den Unterricht und die Qualität der Bildung in der Türkei bleiben."
Bildungsinternationale fordert Schutz von Grund- und Freiheitsrechten
Auch Fred van Leeuwen, Generalsekretär der Bildungsinternationale, erinnerte den türkischen Präsidenten Erdogan in einem Schreiben daran, dass "die Türkei zahlreiche internationale Konventionen zu Menschen- und Freiheitsrechten unterzeichnet hat, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf akademische Freiheit." Fred van Leeuwen forderte von der türkischen Regierung, "die unrechtmäßigen Maßnahmen gegen die Beschäftigten im Bildungswesen sofort zurückzunehmen und internationale Standards zum Schutz von Grund- und Freiheitsrechten für Lehrkräfte und alle öffentlichen Beschäftigten zu respektieren." Eğitim-Sen Präsident Kamuran Karaca erklärte, man werde weiter kämpfen, bis die entlassenen Lehrer wieder eingestellt sind: "Wir werden nicht zulassen, dass ein Lehrer, seine Familie, seine Kinder Schaden nehmen. Rechtlich und materiell werden wir solidarisch an ihrer Seite stehen."