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Sozial- und Erziehungsdienst

Tausende Beschäftigte bundesweit im Ausstand

Im Tarifstreit für den Sozial- und Erziehungsdienst legen die Gewerkschaften nochmal eine härtere Gangart ein. Wegen erneuter Warnstreiks sind in dieser Woche viele Kitas bundesweit geschlossen geblieben.

Um im Tarifkonflikt der Sozial- und Erziehungsberufe vor der dritten Verhandlungsrunde am 16. und 17. Mai in Potsdam den Druck auf die kommunalen Arbeitgeber nochmals zu erhöhen, sind Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter von ver.di und GEW in dieser Woche erneut für ihre Forderungen auf die Straße gegangen.

Ein Schwerpunkt der Warnstreikwelle war im Osten Deutschlands. Auf dem Richard-Wagner-Platz in Leipzig versammelten sich Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere pädagogische Fachkräfte aus den GEW-Landesverbänden Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu einer Streikkundgebung mit mehr als 1.000 Beteiligten. Die Delegationen kamen unter anderem aus Chemnitz, Dresden, Leipzig, Halle, Dessau, Erfurt, Weimar und Gotha.

„Und wenn es nicht gleich ein 100-Milliarden-Programm für Chancengleichheit in der Bildung ist, vielleicht würde es für den Anfang schon reichen, wenn für die Bildung mindestens genauso viel ausgegeben wird, wie für die Ausstattung der Bundeswehr.“ (Eva Gerth)

Die Landesvorsitzende der GEW Sachsen, Uschi Kruse, sagte: „Unsere Gesellschaft braucht die Motivation der pädagogischen Fachkräfte. Wir alle haben ein Interesse daran, dass junge Menschen die Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst attraktiv finden und sich für sie entscheiden. Wir alle wollen gute Bildungsangebote – in kindgerechten Gruppen und mit genügend Zeit zur Vor- und Nachbereitung.”

Die Landesvorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt, Eva Gerth, betonte: „Wir sind hier, weil die Belastung steigt, weil ständig überdurchschnittliches Engagement von den Erzieherinnen und Erziehern und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern verlangt wird.“ Die Forderungen der Gewerkschaften richteten sich nicht nur an die Arbeitgeber in den Kommunen, sondern auch an die Politik in den Ländern und im Bund. „Und wenn es nicht gleich ein 100-Milliarden-Programm für Chancengleichheit in der Bildung ist, vielleicht würde es für den Anfang schon reichen, wenn für die Bildung mindestens genauso viel ausgegeben wird, wie für die Ausstattung der Bundeswehr.“

„Die Fachkräftesituation spitzt sich immer mehr zu.“ (Kathrin Vitzthum)

Die Landesvorsitzende der GEW Thüringen, Kathrin Vitzthum, ergänzte: „Die Fachkräftesituation spitzt sich immer mehr zu: nicht besetzte Stellen, langzeiterkrankte Kolleginnen und Kollegen, fehlende Qualifikation der wenigen Bewerberinnen und Bewerber. Je prekärer die Rahmenbedingungen, umso größer die Einschränkungen beim Bildungs- und Erziehungsauftrag.“

Warnstreiks in Bayern, Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg

In Bayern legten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus Kitas, der sozialen Arbeit und der Behindertenhilfe am Montag, Mittwoch und Donnerstag die Arbeit nieder. Auf dem Wittelsbacher Platz in München betonte die Erzieherin Gundula Lang „Die Kitas werden nur durch das außergewöhnliche Engagement von uns am Laufen gehalten – aber Improvisation am Rande des Erschöpfungszustandes ist kein tragfähiges Konzept gegen jahrzehntelange Mangelwirtschaft.“

In Hessen beteiligten sich rund 3.000 Beschäftigte an Warnstreikaktionen und Protestaktionen. Allein in Frankfurt am Main kamen mehr als 1.000 Kolleginnen und Kollegen zu einer Kundgebung zusammen. In Hamburg versammelten sich rund 2.000 Beschäftigte vor dem DGB-Gewerkschaftshaus und zogen von dort zum Rathausmarkt.

In Baden-Württemberg fanden die ganze Woche über Warnstreiks statt, betroffen waren Kitas und weitere soziale Einrichtungen unter anderem in Mannheim, Stuttgart, Ludwigsburg, Böblingen, Ulm, Heilbronn, Reutlingen, Tübingen, Konstanz und Pforzheim.

Hintergrund

Die Gewerkschaften verhandeln seit 25. Februar 2022 mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über die Weiterentwicklung der Sonderregelungen und der Tätigkeitsmerkmale für den Sozial- und Erziehungsdienst im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die GEW fordert, gemeinsam mit ver.di, die für die DGB-Gewerkschaften die Verhandlungen führt, von den Arbeitgebern echte Anerkennung und Wertschätzung statt nur lobender Worte.

In der Tarifrunde geht es um einen weiteren Schritt zur Aufwertung der Tätigkeit in Kitas, sozialen Einrichtungen und in der Behindertenhilfe. Es geht um eine bessere Eingruppierung und bessere Arbeitsbedingungen für die kommunal Beschäftigten im Geltungsbereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD).

2015 und 2009 kämpfte die GEW gemeinsam mit ver.di für die Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst. In den Tarifverhandlungen konnten sie für die Beschäftigte spürbare Verbesserungen erreichen. Dennoch blieben viele Forderungen offen. 2020 sollten die Verhandlungen fortgesetzt werden, pausierten jedoch pandemiebedingt.