Fachgespräch im Bildungsausschuss des Bundestags
Task Force KI-Bildung gefordert
Expertinnen und Experten drücken beim Thema ChatGPT aufs Tempo. Deutschland und Europa dürften auf dem Feld der künstlichen Intelligenz nicht den Anschluss verpassen. Das betreffe auch die schulische und hochschulische Bildung.
Die Professorin für Wirtschaftsinformatik, Doris Weßels, hat sich in einem Fachgespräch des Bildungsausschusses des Deutschen Bundestages für die schnelle Gründung einer „Task Force KI-Bildung“ ausgesprochen. Diese müsse sich mit zielgruppengerechten Qualifizierungsangeboten an alle Lehrenden, aber auch alle Verantwortlichen im deutschen Bildungswesen wenden, sagte Weßels.
Für viele Lehrende seien das Thema künstliche Intelligenz und KI-Tools wie ChatGPT „immer noch neu“. Hier sei dringend Aufklärung erforderlich, um ein grundlegendes Verständnis zu schaffen, das einen Diskurs ermögliche. „Diesen ersten Schritt sehe ich noch nicht sichergestellt“, sagte sie – dabei sei das Thema Geschwindigkeit jetzt zentral.
„Wir machen uns als GEW stark für gute Fortbildungsangebote und die zeitlichen Ressourcen, diese auch wahrzunehmen.“ (Anja Bensinger-Stolze)
GEW-Schulexpertin Anja Bensinger-Stolze betonte in diesem Zusammenhang derweil: „Wir machen uns als GEW stark für gute Fortbildungsangebote und die zeitlichen Ressourcen, diese auch wahrzunehmen. Gerade ChatGPT hat gezeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen vor Ort gerne an Fortbildungen teilnehmen und sehr flexibel auf die ständig neuen Herausforderungen in der Schule reagieren.“
Die GEW-Organisationsbereiche Schule, Berufliche Bildung und Weiterbildung sowie Hochschule und Forschung bieten zum Beispiel am 30. Mai die Onlinetagung ChatGPT im Bildungsbereich: Chaos oder Chance für Schulen und Hochschulen? an.
Lehrkräfte didaktisch fortbilden
Nach Einschätzung der Professorin der Fachhochschule Kiel werden Schülerinnen und Schüler mit KI-gestützten Sprachmodellen künftig eigenständiger und autonomer lernen. Das bringe auch einen Rollenwandel für Lehrkräfte mit sich, der begleitet werden müsse. Lehrerinnen und Lehrer müssten mit Blick auf ChatGPT und ähnliche Software nicht nur technisch, sondern auch didaktisch geschult werden, sagte Weßels.
GEW: KI kein Mittel gegen Fachkräftemangel
„Wer denkt, Lehrkräfte könnten durch den Einsatz von KI ersetzt werden, unterschätzt die zwischenmenschliche Ebene und die pädagogische Profession.“ (Anja Bensinger-Stolze)
Kritisch sieht die GEW auch Forderungen in der Stellungnahme Weßels‘, „neue Potenziale von KI-gestützten Lehr- und Lernsettings angesichts des Fachkräftemangels bei Lehrenden in Schulen und Hochschulen zu analysieren und auszuschöpfen“. Auf keinen Fall dürfe künstliche Intelligenz „als neuer Lösungsansatz gegen Lehrkräftemangel salonfähig gemacht werden. Hier ziehen wir als GEW die rote Linie. Bildung und Lernen brauchen Beziehungen. Wer denkt, Lehrkräfte könnten durch den Einsatz von KI ersetzt werden, unterschätzt die zwischenmenschliche Ebene und die pädagogische Profession“, sagte Bensinger-Stolze. „Mit unseren 15 Punkten gegen Lehrkräftemangel haben wir konstruktive Vorschläge unterbreitet, wie der Personalmangel an Schulen angegangen werden kann.“
Grundlage des Gesprächs im Bildungsausschuss war ein Hintergrundbericht des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) zu Chancen und Risiken des KI-Einsatzes. Chancen sah das TAB darin, dass KI Lehrkräfte bei Routineaufgaben entlasten und Schülerinnen und Schülern als individualisierter Lernpartner dienen könne. Risiken sahen die Wissenschaftler darin, dass durch KI-Anwendungen die Bildungsungleichheit weiter verstärkt werden könne. Zu diesem Aspekt, der von mehreren Teilnehmenden des Fachgesprächs geäußert wurde, gibt es nach Angaben von TAB-Mitarbeiter Steffen Albrecht allerdings noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen.
Die Aufzeichnung des öffentlichen Fachgesprächs, die Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen sind auf der Webseite des Bundestages anzuschauen bzw. nachzulesen.