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Tarifrunde ohne L-ego beendet

Die GEW konnte ihr Ziel, die Bezahlung der Lehrkräfte per Tarifvertrag zu regeln, nicht durchsetzen. Die Gremien der GEW empfehlen trotzdem die Annahme des Tarifergebnisses, weil das Gesamtpaket positive Elemente enthält. Es besteht aus einer Gehaltserhöhung, dem Abschluss der allgemeinen Entgeltordnung zum Tarifvertrag der Länder (TV-L), einer Öffnungsklausel für landesbezirkliche Tarifverträge zur Altersteilzeit sowie weiteren Punkten.

Für die Eingruppierungsregelung im Osten wurde ein Sonderkündigungsrecht vereinbart. Jetzt entscheiden die GEW-Mitglieder über dieses Ergebnis.

Gehaltserhöhung ab 1. April

Die Tarifeinigung zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und den Gewerkschaften ver.di, dbb tarifunion, GEW und GdP sieht vor, dass die Beschäftigten eine Einmalzahlung in Höhe von 360 Euro erhalten, Teilzeitbeschäftigte anteilig, Auszubildende bekommen 120 Euro. Ab 1. April werden die Monatsentgelte um 1,5 Prozent angehoben. Zum 1. Januar 2012 gibt es noch einmal eine Erhöhung der Tabellenwerte um 1,9 Prozent und anschließend um 17 Euro. Mit Blick auf die ausgehandelten Gehaltserhöhungen sprachen die Verhandlungsführer aller Gewerkschaften von einem „ordentlichen Ergebnis“. GEW-Verhandlungsführerin Ilse Schaad betonte, das sei nur möglich gewesen, weil die Beteiligung an den Warnstreiks in den vergangenen Wochen so gut gewesen sei. Diese seien im Wesentlichen von den Beschäftigten an den Schulen getragen worden.

L-ego abgelehnt

Die Tarifpartner nahmen sich erneut zwei Tage Zeit, um über die Lehrkräfte-Eingruppierung zu verhandeln. Allen war klar, dass es eine Lehrkräfte-Regelung nicht kostenlos geben würde. Ver.di hatte erklärt, einer Anrechnung der damit verbundenen Mehrkosten auf das Gesamt-Tarifergebnis zuzustimmen. Dennoch beklagten die Arbeitgeber die zu hohen Kosten. Auch den GEW-Vorschlag, stufenweise in eine tarifliche Regelung für die Lehrkräfte einzusteigen, haben die Arbeitgeber schlicht vom Tisch gewischt. Über Lehrkräfte an Hochschulen wollten sie erst gar nicht reden. Es wurde immer klarer: Die Arbeitgeber verteidigen ihr einseitiges Bestimmungsrecht über die Eingruppierung der Lehrkräfte mit Zähnen und Klauen.

Skandalös ist, dass die TdL der größten Beschäftigtengruppe der Länder, den Lehrerinnen und Lehrern, seit Jahrzehnten das vorenthält, was für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Gang und Gäbe ist: eine in freien Tarifverhandlungen ausgehandelte Eingruppierung. "Die Arbeitgeber haben sich als obrigkeitsstaatliche Vordemokraten geriert“, erklärte GEW-Verhandlungsführerin Ilse Schaad nach Abschluss der Verhandlungen. "Das uns vorgelegte Arbeitgeberangebot zur Lehrereingruppierung war indiskutabel. Die TdL verlangte von uns einen vertraglich besiegelten Freibrief dafür, dass sie so weiter machen können wie bisher. Die Arbeitgeber haben dem Bildungsbereich mit ihrer Blockade einen schlechten Dienst erwiesen. In einer Zeit sich verschärfenden Lehrermangels das Einkommen der Lehrkräfte nicht auf das Niveau anzuheben, das für andere Akademiker im öffentlichen Dienst gilt, ist das falsche Signal an junge Menschen. Das wird auch künftig für Unruhe an den Schulen sorgen!“

Trotz des großen Engagements der streikenden Lehrerinnen und Lehrer: Die Kraft hat dieses Mal noch nicht gereicht, die Arbeitgeber zum Einlenken zu bewegen. Als "arrogantes Machtgehabe“ bezeichnete Ilse Schaad den von den Arbeitgebern geforderten Verzicht auf eine Kündigungsmöglichkeit der Eingruppierungsregelungen im Osten, die bisher die Friedenspflicht in dieser Frage ausgelöst haben. Um künftig durchsetzungsfähig zu sein, konnte die GEW am Ende ein Sonderkündigungsrecht für frühestens zum 31.12.2011 für die Regelungen in den Ost-Bundesländern erreichen. Dann sind in allen Bundesländern Arbeitskämpfe zur Lehrer-Eingruppierung möglich. Mit der Zustimmung zum Tarifergebnis 2011 hat die GEW ihre Forderung nach einer tariflichen Vollregelung nicht aufgegeben.

Allgemeine Entgeltordnung mit deutlichen Verbesserungen

Die allgemeine Entgeltordnung zum TV-L, die seit Einführung des TV-L im November 2006 überfällig ist, konnte endlich vereinbart werden. Damit wurde ein Schlusspunkt unter anderthalb Jahre wechselvoller Verhandlungen gesetzt. Die neue Entgeltordnung zum TV-L, die nicht für Lehrkräfte gilt, tritt am 1. Januar 2012 in Kraft. Bis dahin müssen noch viele Überleitungsdetails geklärt werden. Die GEW wird ihre betroffenen Mitglieder ausführlich informieren, sobald die komplizierten Redaktionsverhandlungen abgeschlossen sind.

Besonders strittig war in den Verhandlungen zur Entgeltordnung stets, wie mit den Aufstiegen verfahren werden soll, die mit dem BAT-Ende abgeschafft wurden. Neu Eingestellte wurden seither nach der früheren Eingangsgruppe bezahlt, hatten also gegenüber den Altbeschäftigten herbe Verluste. Alle in den Entgeltgruppen 2 bis 8, die im BAT Bewährungsaufstiege nach spätestens sechs Jahren gehabt hätten, kommen nun sofort in die höhere Entgeltgruppe, die der alten BAT-Aufstiegsgruppe entspricht. Darunter fallen z. B. viele Erzieherinnen im Landesdienst. Für Beschäftigte, die im BAT nach maximal sechs Jahren eine Vergütungsgruppenzulage bekommen hätten, gibt es jetzt Zulagen. Für die Lehrkräfte in den Entgeltgruppen 2 bis 8 besteht die Zusage der Arbeitgeber, die Verbesserungen auch in den Lehrerrichtlinien nachzuvollziehen, die die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte weiterhin regeln.

Öffnungsklausel für Altersteilzeit

Die neu geschaffene Möglichkeit, das Thema Altersteilzeit auf Landesebene zu regeln, erlaubt es, für die Beschäftigten einen sozial abgefederten Übergang in die Rente zu vereinbaren. In etlichen Bundesländern gibt es bei den Beamten noch Altersteilzeit, hier können die Angestellten jetzt endlich nachziehen. Anderswo bieten sich gewerkschaftliche Aktionsspielräume. Eine bundesweite Lösung bei der Altersteilzeit hätte weiterhin den letzten Bremser auf Arbeitgeberseite zum Maßstab gemacht.

Stufenlaufzeit bei Lehrkräften mit Fristverträgen

Zu Gunsten von Lehrkräften hat die GEW erreicht, dass Beschäftigungszeiten aus mehreren Arbeitsverhältnissen beim selben Arbeitgeber (zuzüglich sechs Monate vom Referendariat bzw. Vorbereitungsdienst) bei der Stufenlaufzeit zusammengezählt werden. Dies war in einigen Bundesländern zum Nachteil der Betroffenen bisher nicht passiert, die Kolleginnen und Kollegen mussten immer wieder in Stufe 1 anfangen.

Die Aufnahme von künstlerischen Lehrkräften an Kunst- und Musikhochschulen in den Geltungsbereich des TV-L soll in den Redaktionsverhandlungen geklärt werden. Bisher sind diese Beschäftigten vom Schutz des Tarifvertrages ausgenommen.

Mitglieder werden befragt

Die GEW wird nun, wie in den früheren Tarifrunden, die GEW-Mitglieder, die im Tarifbereich des TV-L beschäftigt sind, befragen, ob sie dem Verhandlungsergebnis zustimmen. Die Gremien der GEW haben nach ausgiebiger und kontroverser Diskussion die Zustimmung zu dem Verhandlungsergebnis empfohlen. Das Tarifergebnis kann nur als Ganzes abgelehnt oder angenommen werden. Einzelne Teile anzunehmen oder abzulehnen, ist nicht möglich. Alle Mitglieder sind aufgerufen, ihr Votum zum Tarifabschluss auch unter dem Gesichtspunkt abzugeben, ob sie bereit sind, für ein besseres Ergebnis unbefristet zu streiken.