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Tagung zu "Zigeuner"-Bildern in der Kinder- und Jugendliteratur

„Zigeuner“-Figuren und -Bilder durchziehen die Kinder- und Jugendliteratur seit ihren Anfängen. Die Tagung "Denn sie rauben sehr geschwind jedes böse Gassenkind..." war der Auftakt für eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Thema.

Ziel ist es, antiziganistischer Stereotype zu dekonstruieren und Vielfalt zu fördern.

Bei der Tagung der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien (AJuM) der GEW, des Dokumentationszentrums Deutscher Sinti und Roma und der Gesellschaft für Antiziganismusforschung. Anfang März in Berlin ging es auch um bildungspolitische und didaktische Perspektiven: Ziel der pädagogischen Arbeit in Schule und Unterricht sollte neben der sachkundigen Vermittlung von Wissen über die Geschichte und Gegenwart der nationalen Minderheit der Sinti und Roma die Dekonstruktion antiziganistischer Stereotype sein.

Romani Rose, langjähriger Vorsitzender des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, betonte in seinem Grußwort, er habe immer wieder erfahren müssen, dass bei Diskussionen über den Holocaust oder auch über Diskriminierungen Sinti und Roma übergangen würden. Ihre Diskriminierung sei so gravierend, dass nicht wenige ihre ethnische Zugehörigkeit verleugneten.

Der Vorsitzende der Gesellschaft für Antiziganismusforschung, Wilhelm Solms, sagte, Gestalten und Bilder in Kinderbüchern prägen das Bild von Ethnien und Personengruppen besonders nachhaltig, da sie die kindliche Phantasie in besonderer Weise ansprechen würden.

Reine Sprachkosmetik reicht nicht

Zwei Beispiele: Das prämierte Jugendbuch "The Road oft he Dead" von Kevin Brooks enthält negative und klischeehafte Stereotypen über Roma. In einem Interview darauf angesprochen, sagte der Autor, Roma seien die einzige Ethnie, die man in einem Buch noch negativ darstellen dürfe, ohne als politisch inkorrekt kritisiert zu werden.

Auch Wolfdietrich Schnurres in Schulen viel gelesene Geschichte „Jöno war mein Freund“ wartet mit den üblichen Klischees des raffinierten, ungewaschenen und stehlenden Zigeunerjungen auf. Dies konterkariert auch die kritische Intention des Buches - Jönos Familie wird am Ende nach Auschwitz deportiert.

Die Tagungsteilnehmer waren sich einig: Diese Beispiele zeigten einmal mehr, wie notwendig es sei, gerade in Bezug auf Sinti und Roma gegen Stereotypien zu kämpfen. Reine Sprachkosmetik und die Änderung von Begriffen in Kinderbüchern reiche nicht, da dies nichts an den verinnerlichten Bildern ändere.

Für die GEW ist die vorurteilsbewusste Erziehung in Bezug auf Sinti und Roma ein wichtiges Thema, denn gerade Mitglieder dieser Minderheit sind auch heute noch von Bildungsbenachteiligungen und Diskriminierungen betroffen - obwohl Sinti und Roma seit rund 600 Jahren  zur deutschen Bevölkerung gehören.

 

 

Ilka Hoffmann, Romani Rose, Prof. Dr. Hans Richard Brittnacher, Dr. Frank Reuter, Prof. Dr. Caroline Roeder, Prof. Dr. Petra Josting