Auf der heutigen Streikversammlung im kleinen Saal des Hamburger GEW-Gewerkschaftshaus wurden die streikenden Kolleginnen und Kollegen über den neuesten Stand der Tarifauseinandersetzung informiert. Aus der gestern stattgefundenen und wieder mal sehr eindrucksvollen Streik-Demonstration in Hamburg-Ottensen, schilderten Kolleginnen ein berührendes Erlebnis: Eine Mutter mit ihrem vierjährigen Kind begegnete dem Streik-Demo-Zug. Dabei entdeckte der Vierjährige seine streikende Bezugserzieherin, löste sich von seiner Mutter und umschlang seine Erzieherin: "Du musst bald wiederkommen", rief er dabei. Sichtlich bewegt übergab die Kollegin das Kind wieder in die Obhut seiner Mutter und verabschiedete sich von dem Kind.
Allein der Bericht dieser Begebenheit rührte die versammelten Kolleginnen und Kollegen und machte nochmal deutlich mit welchen Emotionen alle Streikenden umzugehen haben. Dass wir dennoch alle zusammenstehen, zeigt einmal mehr auf, mit welcher Ernsthaftigkeit jede einzelne streikende Kollegin das Ziel der Aufwertung verfolgt. Mit Leib und Seele der Profession verpflichtet, muss nun endlich auch finanziell anerkannt werden.
In der Erwartung am nächsten Tag entweder ein vernünftiges Verhandlungsergebnis zu erfahren oder aber sich für die Fortführung des Arbeitskampfes zu entscheiden, wurde der bestehende Streikablaufplan geändert und auch für morgen zur Streikversammlung ins Curio-Haus eingeladen.
Text: Jens Kastner
In Schleswig-Holstein legten erneut rund 1.500 Beschäftigte aus dem Sozial- und Erziehungsdienst die Arbeit nieder. Sie folgten dem Streikaufruf der Gewerkschaften GEW und ver.di.
In Flensburg umzingelten die Streikenden mit einer Menschenkette das Rathaus. In Kiel bauten die Streikenden eine Mauer aus Kartons vor das Gebäude der kommunalen Arbeitgeber-Vereinigung. Jeder Karton symbolisierte Belastungsfaktoren und Arbeitsinhalte, wie zum Beispiel Bildungsdokumentation und Inklusion. Ziel dieser Aktionen: Druck machen auf die Arbeitgeber für eine deutlich bessere Bezahlung und höhere Eingruppierung.
„Wir hoffen auf ein akzeptables Ergebnis bei den Verhandlungen in Berlin. Knapp vier Wochen Streik im Sozial- und Erziehungsdienst sind nicht nur für betroffene Eltern, sondern auch für die Streikenden eine enorme Belastung. Niemand streikt aus Jux und Dollerei. Die Streikenden würden lieber arbeiten. Aber ohne Streik würde und wird es keine spürbaren Verbesserungen bei Bezahlung und Eingruppierung geben“, sagte GEW-Landesgeschäftsführer Bernd Schauer bei der Menschenkette mit rund 100 Streikenden vor dem Flensburger Rathaus.
Aus Sicht des GEW-Landesgeschäftsführers ist die unterdurchschnittliche Bezahlung im Sozial- und Erziehungsdienst nicht länger zu tolerieren. Warum liegt das Gehalt einer Erzieherin (Durchschnittsgehalt: 2.879 Euro) knapp 650 Euro unter dem Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (3.527 Euro)? Arbeiten Erzieherinnen für 20 Prozent schlechter als die anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?, fragte der Gewerkschafter. „Das glaubt kein Mensch. Deshalb ist es Zeit, dass sich was dreht und die sozialpädagogischen Fachkräfte endlich besser bezahlt werden. Umso mehr, weil zum Beispiel in den Kitas weit über die Hälfte der Beschäftigten wegen der Öffnungszeiten der Einrichtungen quasi in „Zwangsteilzeit“ arbeiten muss.“
Text: Bernd Schauer