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Kommentar zum Infektionsschutzgesetz

Stotterbremse

Die Notbremse wird bei allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, Hochschulen und außerschulischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung zur Stotterbremse.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (2.1.2018, Foto: Kay Herschelmann)

Das Infektionsschutzgesetz ist beschlossen. Nun sind die Personal- und Betriebsräte am Zug. Die Festlegungen für den Bildungsbereich verschlechtern den Gesundheitsschutz in vielen Bundesländern. Die GEW hatte sich massiv für Wechselunterricht ab einer Inzidenz von über 50 und Fernunterricht ab einer Inzidenz von 100 stark gemacht. Diesen Werten ist die Politik nicht gefolgt. Die Notbremse wird bei allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, Hochschulen und außerschulischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung zur Stotterbremse.

Für die Betriebs- und Personalräte im Bildungsbereich steht nun viel Arbeit an. Es war gut, dass der Bundespräsident ihre Arbeit gewürdigt hat. In der Realität haben es die Personalvertretungen in der Pandemie aber besonders schwer. Auch wenn die Personalvertretungsgesetze in den 16 Bundesländern überall unterschiedlich ausgestaltet sind, eint die Vertretungen eins: Sie müssen in der Corona-Pandemie ständig den politischen Entscheidungen hinterherrennen. Entscheidungen werden häufig am Freitagnachmittag verkündet, Mitwirkung und Mitbestimmung müssen viel zu oft erst erstritten werden.

Gutachten der GEW

Bei der Einhaltung der Abstands-, Hygiene-, Atemschutz- und Lüftungsregeln sind Gefährdungsbeurteilungen notwendig. Lange nicht überall sind die Lüftungsmöglichkeiten ausreichend. Personalräte ringen mit den Dienststellen um sichere Lösungen. Die GEW hat für diese Arbeit in allen Bildungsbereichen Gutachten als Hilfen und Anregungen zur Verfügung gestellt. Die Lehrkräfte beanstanden, dass bei Maskenpflicht nicht überall genügend Masken bereitgestellt werden. Hier setzen die Personalräte nach.

Aktuell geht es überall um die Ausgestaltung der Testpflicht für Schüler:innen und Personal. Die Personalräte verhandeln darüber, wie und unter welchen Bedingungen die Tests erfolgen sollen. Auch der Einsatz der vulnerablen Lehrkräfte muss gut geregelt werden. Das sind viele immer wieder neue Aufgaben infolge der Pandemie, für die die Betriebs- und Personalräte Lösungen suchen.

Digitalisierung wirft Fragen auf

Sie sind aber auch mit Herausforderungen konfrontiert, die zwar in der Corona-Krise besonders groß sind, als Folge aber alle auch über das Ende der Pandemie hinaus fordern. So sind im Zuge der Digitalisierung vielfältige Fragen zu klären. Das GEW-Bundesforum „Bildung in der digitalen Welt“ hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit den Aufgaben der Personal- und Betriebsräte befasst. Hier werden Dienstvereinbarungen aus den Bundesländern gesammelt und Hinweise erarbeitet. Sie betreffen zum Beispiel den Datenschutz, die Einrichtung von Schulclouds, die Entgrenzung von Arbeit, die Nutzung der dienstlich gestellten Endgeräte. Die Frage, wann eine dienstliche E-Mail gelesen werden muss, wann und wie schnell reagiert werden soll, ist umkämpft.

Die besonderen Belange der Teilzeitbeschäftigten dürfen dabei nicht aus dem Blick geraten. Mitteilungen können auf elektronischem Weg ohne Zeitverzögerung zugestellt werden. Es ist aber nicht zumutbar, dass die Nutzer:innen ständig ihr E-Mail-Fach kontrollieren, Mitteilungen innerhalb von Chaträumen des Messengers lesen oder sofort auf Benachrichtigungen im Lernmanagementsystem reagieren müssen. Dies muss durch eine Dienstvereinbarung geregelt und begrenzt werden. Je nach Regelungen des Personalvertretungsgesetzes können diese Vereinbarungen auf der Länder-, Bezirks- oder Ortsebene geschlossen werden.

Heikel ist auch der Umgang mit strafrechtlich relevanten Äußerungen sowie abfälligen oder verletzenden Kommentaren in den schulischen digitalen Netzwerken. Es müssen Regelungen erarbeitet werden, wann Lehrkräfte Vorfälle ahnden oder gegebenenfalls einzelne Nutzer:innen sogar sperren können.

Gut geschulte Personal- und Betriebsräte sind ein Markenzeichen der GEW. Danke für Eure Arbeit!

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:

5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.