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Lehrkräftefortbildung

Spuren guter Praxis

Bei einer Tagung zur Lehrkräftefortbildung in Berlin wurden viele gute Beispiele diskutiert. Doch an Standards und Ausstattung fehlt es weiterhin.

Als Peter Daschner 2018 die Lehrkräftefortbildung erforschte, war seine Bilanz düster: Der ehemalige Direktor des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg fand weder Standards noch systematische Erhebungen, kaum Länderaustausch, und eine bundesweite Qualitätsoffensive Lehrerbildung, bei der die Weiterbildung ausgelassen wurde. Was also tun? Daschner machte sich selbst auf die Suche nach guten Beispielen. 

Weißbuch Lehrkräftefortbildung

In Kooperation mit der Max-Traeger-Stiftung der GEW und mit Co-Herausgeber Dieter Schoof-Wetzig produzierte er ein „Weißbuch Lehrkräftefortbildung“, das in seinem Umfang ohne Vorbild ist: Auf 500 Seiten stellen 73 Autorinnen und Autoren 77 Good-Practice Beispiele in 20 Themenfeldern vor. In drei Kapiteln von Qualifizierung über Steuerung bis zu diversitätsorientierter Bildung stießen sie in ganz Deutschland – und in Exkursen bis nach Singapur – auf spannende Modelle: etwa auf Lehrkräfte, die gemeinsam Unterricht entwickeln; Werkstätten, in denen Schulleitungen auf ihre Aufgabe vorbereitet werden; auf Projekte, in denen Fachlehrkräfte und Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache zusammen unterrichten.

Anfang Dezember stellte Daschner das Weißbuch in Berlin vor. Der Titel der Tagung: „Faktor Professionalität – Das Weißbuch Lehrkräftefortbildung. Impulse und Szenarien für gute Praxis“. Nicht nur war die Veranstaltung ausgebucht; auch der Fortbildungswille unter Lehrkräften sei enorm, stellte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied für Schule, fest. Laut einer Umfrage hätten sich bereits vor der Covid-19-Pandemie 58 Prozent der Lehrkräfte binnen der zurückliegenden zwei Jahre zu Digitalhemen fortgebildet. „Das Interesse und der Bedarf sind groß – doch 18 Prozent sagen, das Angebot reicht nicht aus“, so die GEW-Vorständin. Zugleich attestierte sie „Licht am Ende des Tunnels“: Immerhin gäbe es seit 2020 einen Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Fortbildung von Lehrkräften als „Bestandteil ihrer Professionalisierung in der dritten Phase der Lehrerbildung“. Auch im Koalitionsvertrag der scheidenden Bundesregierung war das Thema verankert. 

„Das Bedürfnis nach Fortbildung macht Hoffnung“ (Prof. Ewald Terhart)

„Das Bedürfnis nach Fortbildung macht Hoffnung“, konstatierte Prof. Ewald Terhart, der sich seit Jahrzehnten mit Lehrerbildung befasst. Dennoch sei das Verhältnis zwischen der im Vergleich kurzen Ausbildungs- und der langen Berufszeit ohne systematisches Weiterlernen ein „trauriges Kapitel“: Die Wahrheit der Lehrerbildung liegt in der Lehrerfortbildung“. Es sei wichtig, die berufliche Phase „zu entwickeln, zu unterstützen, zu spezialisieren, zu stabilisieren.“ Auch die steigende Zahl an Quer- und Seiteneinsteigenden erfordere „neue Modelle des Hineingleitens“. Es sei ein „Skandal“, wie wenig systematisch diese bisher qualifiziert werden, stimmte Daschner ein: „Weder für Nachqualifizierung noch für die Vorbereitung auf den Unterricht gibt es Standards.“ Gute Modelle hat er für das Weißbuch gefunden: etwa das Modell BQL (Berufsbegleitende Qualifizierung von Lehrkräften) an der TU Dresden, und das Berliner Programm Querber, ein Sechs-Phasen-Unterstützungsmodell für Quereinsteigende mit „hohem Output“, wie Daschner sagte.

GEW: ein Recht auf gute Fortbildung

Der Vorsitzende der KMK-Amtschefkommission „Qualitätssicherung in Schulen“ Rainer Schulz sprach sich für mehr Einheitlichkeit aus: „Wir müssen weg von ,So machen wir das in Bayern, Hamburg oder Hessen‘ – und hin zu ,So machen wir das in Deutschland‘“, sagte der Hamburger Staatsrat für Schule und Berufsbildung mit Blick auf den KMK-Beschluss von 2020, dessen Umsetzung weiterhin den Ländern vorbehalten ist. Schulz erklärte, Fortbildung trage dazu bei, Lehrkräfte „länger gesund im System zu halten“. Wie Terhart begrüßte er eine Verpflichtung zur Fortbildung, wie es sie in Hamburg mit 30 Stunden im Jahr gibt. Anja Bensinger-Stolze wollte da nicht mitgehen: Es brauche ein „effektives Unterstützungssystem im laufenden Betrieb“ und „gehaltvolle Angebote“. Bensinger-Stolze: „Ich bin für ein Recht auf gute Fortbildung!“

Der langjährige Sprecher des Deutschen Schulpreises Prof. Michael Schratz (Universität Innsbruck) appellierte, sich ungeachtet aller Widrigkeiten auf den Weg zu machen, wie es viele Schulpreis-Schulen täten: „Es braucht immer Menschen, die den Mut haben und subversiv wirken.“