Planspiel Gute Schule
Spielend die Schule verbessern
Viele Schulen drängt das Bedürfnis, sich weiterzuentwickeln. Das Planspiel Gute Schule öffnet einen neuen Weg, dieses Ziel zu erreichen. Die Gerda-Taro-Schule, ein Gymnasium in Leipzig, hat es ausprobiert. Ein Fazit des Schulleiters Uwe Schmidt.
- E&W: Auf die Idee, ein Spiel zu nutzen, um Schulentwicklung voranzutreiben, muss man erst einmal kommen. Was gab bei Ihnen den Ausschlag?
Uwe Schmidt: Wir sind eine Schule im Aufbau, derzeit mit den Jahrgangsstufen 5 bis 9. Mit jedem neuen Jahrgang wächst auch unser Kollegium. Unser Wunsch war es, in der Vorbereitungsphase auf das neue Schuljahr die neuen Kolleginnen und Kollegen direkt mit einzubinden, ihre Meinungen und Ideen darüber zu hören, wie sie sich gute Schule vorstellen. Da kam das Planspiel Gute Schule gerade zum richtigen Zeitpunkt.
- E&W: Trotzdem: Warum ein Spiel und nicht der traditionelle pädagogische Tag?
Schmidt: Die Bereitschaft in unserem Team, neue und ungewöhnliche Wege zu gehen, ist extrem groß. Vielleicht liegt es an unserem Durchschnittsalter von rund 35 Jahren. Ein großer Vorteil des Spiels ist seine Flexibilität und die Möglichkeit, sich an den sechs Qualitätsbereichen des Deutschen Schulpreises zu orientieren. Man kann einen Bereich auswählen oder auch alle „spielerisch“ checken. Ein zweiter Vorzug ist die hohe Kommunikation, die durch das gemeinsame Spielen gefördert wird.
- E&W: Können Sie das Planspiel auch Schulen mit älteren Kollegien empfehlen?
Schmidt: Auf jeden Fall. Aber ich bin überzeugt, dass es nur dann eingesetzt werden sollte und kann, wenn es bereits einen gewissen Leidensdruck und den Wunsch gibt, etwas zu verändern. Ansonsten werden die Kolleginnen und Kollegen im doppelten Sinne des Wortes „nicht mitspielen“. Bevor ich als Schulleiter das Planspiel vorschlage, muss ich spüren, dass es beim Kollegium auf Widerhall stößt. Anordnen würde ich es auf keinen Fall.
- E&W: Wie sind Sie konkret vorgegangen?
Schmidt: Wir haben die Idee, das Planspiel einzusetzen, vorgetragen und sind in unserem damals 40 Mann und Frau starken Team sofort übereingekommen, es auszuprobieren. Wir haben Gruppen gebildet und insgesamt fünf Stunden gespielt. Dabei kam jeder Qualitätsbereich unter die Lupe. Das Gute ist, dass die Spielkarten, sogenannte Fokus- und Innovationskarten, einerseits Lösungsvorschläge anbieten und zeigen, wie andere Schulpreisschulen einzelne Dinge weiterentwickelt haben. Andererseits bieten sie Raum zum gemeinsamen Gedankenaustausch und zur Entwicklung eigener Lösungsansätze.
- E&W: Zum Beispiel?
Schmidt: Eine Karte ist „Raus aus der Schule: andere Lernorte nutzen“ überschrieben. Sie bietet mir Hinweise, welche Qualitätsmerkmale – in diesem Fall Unterrichtsqualität, Umgang mit Vielfalt und Schule als lernende Institution – damit zu tun haben. Sie gibt Tipps, wie Lehrkräfte einen außerschulischen Lernort finden und verweist via QR-Code auf Texte über Schulen, die gelingende Konzepte entwickelt haben.
- E&W: Der Blick in andere Schulen hilft?
Schmidt: Ja. Man muss sich ehrlich eingestehen, dass die Bereitschaft, sich in die eigenen Karten schauen zu lassen und bei anderen Anregungen zu suchen, in der Vergangenheit nicht unbedingt ein Markenzeichen von Schulen war. Doch das ändert sich meines Erachtens derzeit. Der Blick auf andere, ihre Ideen, Visionen und tägliche Arbeit ist extrem hilfreich, erweitert den Horizont und erleichtert die eigene Arbeit. Er kann extrem motivierend wirken: Ja, so wollen wir es auch machen.
- E&W: Das Spiel bietet auch die Möglichkeit des Rollentauschs. Sprich, man wird aufgefordert, einen Gesichtspunkt einmal aus der Sicht der Sozialpädagogen, der Schulpsychologin, der Lehrkraft, ja sogar der Erziehungsberechtigten zu betrachten. Ein sinnvoller Weg?
Schmidt: Es ist ganz schön herausfordernd, in eine andere Rolle als die eigene, doch sehr verinnerlichte zu schlüpfen. Wenn man sich aber darauf einlässt, spürt man sehr schnell und sehr intensiv, aus wie vielen Blickwinkeln man etwas betrachten kann und dass jede Sichtweise ihre Berechtigung hat. Ein gutes Instrument.
- E&W: Zu welchen Erkenntnissen sind Sie und das Kollegium für die eigene Schulentwicklung gekommen?
Schmidt: Wir wollen und werden ziemlich viel angehen. Maßnahmen zur eigenen Teambildung – gemeinsam Sport treiben/Brunch am letzten Schultag – gehören ebenso dazu wie die Etablierung demokratischer Beteiligungsstrukturen für die Schülerinnen und Schüler. Wir richten das Instrument „Schüler unterrichten Schüler“ ein und werden die Kooperation mit anderen Bildungseinrichtungen wie Grund- und Hochschulen ausbauen. Das sind nur einige Erkenntnisse, die wir gewonnen haben. Und wir wissen, dass wir für die Umsetzung Zeit benötigen. Wir haben Arbeitsgruppen eingerichtet, die Maßnahmen entwickeln, um die identifizierten Ziele zu erreichen.
- E&W: Und das Spiel verschwindet im Schrank?
Schmidt: Natürlich können und werden wir jetzt nicht jeden Tag spielen. Mittelfristig werden wir es aber wieder auf den Tisch holen und als Handlungsrahmen nutzen, schauen, was passiert ist und wie wir uns weiterentwickeln möchten.