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Sparkurs erwürgt Südeuropa

In Griechenland, Spanien und Portugal führt die Sparpolitik zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten und verschärft die Rezession. Auf Einladung von GEW und DGB waren Vertreter südeuropäischer Bildungsgewerkschaften zu Besuch in Deutschland, um über ihre Situation zu berichten.

Fotos: Manfred Brinkmann

„Wir sind GEW und DGB sehr dankbar, dass sie uns nach Deutschland eingeladen haben, um über unsere Wirklichkeit in Portugal, Spanien und Griechenland zu berichten“, erzählt Manuela Mendonça von der portugiesischen Bildungsgewerkschaft FENPROF, die gemeinsam mit ihrem spanischen Gewerkschaftskollegen Pedro González. von der Gewerkschaft FECCOO und dem griechischen Lehrergewerkschafter Themistoklis Kotsifakis vom 16. – 19. April an einer Solidaritätsreise mit Veranstaltungen und Pressekonferenzen in Frankfurt, Köln und Dortmund teilgenommen hat. Die Berichte der drei südeuropäischen Gewerkschafter klingen sehr ähnlich: Portugal, Griechenland und Spanien befinden sich in einer wirtschaftlichen Rezession. Die Lasten der Krise werden auf Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner und sozial Schwache abgewälzt. Massive Sparprogramme im öffentlichen Dienst führen zu Entlassungen von Lehrern, Erhöhung von Stundenzahlen, größeren Klassenstärken sowie Gehalts- und Pensionskürzungen. „In den letzten drei Jahren sind 25.000 Lehrerstellen in Portugal gestrichen worden. Die Arbeitslosigkeit liegt heute bei fünfzehn Prozent“, berichtet Mendonça. „Das Sparprogramm verschärft die Krise und wird noch mehr Menschen arbeitslos machen.“ Von zwanzig Prozent Arbeitslosigkeit in Griechenland berichtet der Athener Themistoklis Kotsifakis von der griechischen Sekundarschullehrergewerkschaft OLME: „Besonders die Jugend leidet darunter. Jeder zweite Grieche zwischen 15 und 25 Jahren hat keine Arbeit.“ Kotsifakis kritisiert den Verlust staatlicher Souveränität und eine fortschreitende Entdemokratisierung in Griechenland und in Europa. „In Griechenland entscheidet die Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU. Die griechischen Politiker, die ihre Vorgaben umsetzen, hätten das Volk nicht gefragt und seien nicht dazu legitimiert. „Die Troika fordert die billige Schule. Nie war die Demokratie mehr abwesend im Land ihrer Entstehung “, empört sich Kotsifakis. Griechenland, Portugal und Spanien seien heute das Versuchsmodell für den weiteren Abbau sozialer Errungenschaften und gewerkschaftlicher Rechte in Europa. Pedro González. beim Vorstand der FECCOO in Madrid für Internationales zuständig, kann das nur bestätigen. Mit 24 Prozent erreicht die Arbeitslosigkeit in Spanien den Spitzenwert in Europa. Jeder zweite Jugendliche ist ohne Arbeit. Die Massenarbeitlosigkeit führe zum sozialen Abstieg und raube vielen Jugendlichen die Hoffnung auf die Zukunft, so González. Die jungen Menschen könnten nicht aus ihren Elternhäusern ausziehen und eine Familie gründen, da ihnen das Geld fehlt. Die Krise führe zu einer weiteren Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen. Gleichzeitig finde ein Angriff auf Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte statt, der unter der sozialistischen Regierung Zapatero begonnen hat und unter der konservativen Regierung Rajoy verschärft fortgesetzt wird. Ende März hatten die spanischen Gewerkschaften dagegen einen Generalstreik organisiert. Der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne, der auch Vizepräsident des Dachverbandes der europäischen Bildungsgewerkschaften EGBW ist, warnt davor, dass eine ähnliche Entwicklung wie in Südeuropa nicht auch in Deutschland stattfindet. „Was jetzt in Griechenland, Portugal und Spanien passiert, droht auch uns, wenn wir uns nicht frühzeitig dagegen zur Wehr setzen“, so Thöne. Der europäische Fiskalpakt werde in Deutschland zu massiven Einsparungen im öffentlichen Dienst führen. Die Bildung wird davon nicht verschont bleiben. Daher lehnt die GEW den Fiskalpakt ab. Thöne fordert stattdessen eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, eine stärkere Besteuerung großer Vermögen und Einsparungen bei Militär- und Rüstungsausgaben. Mit Blick auf Griechenland kritisiert Thöne, dass die Troika zwar Kürzungsvorgaben für die Bildung mache, Militärausgaben und Rüstungseinkäufe jedoch ungeschoren lasse. „Es kann nicht sein, dass Deutschland U-Boote nach Griechenland verkauft, während dort Schulen geschlossen und Lehrer entlassen werden,“ so der GEW-Vorsitzende. Thöne versicherte den südeuropäischen Gästen die Unterstützung und Solidarität der GEW in ihrem Widerstand gegen die Sparpolitik und gegen die Angriffe auf Arbeitnehmerrechte und forderte zur Teilnahme an den europäischen Aktionstagen und an der internationalen Demonstration vom 17. – 19. Mai in Frankfurt auf.