Gesellschaftliche Vielfalt und Geschlechtervielfalt finden sich an Grundschulen nicht wieder: Nur zwölf Prozent der Lehrkräfte dort sind männlich, Tendenz sinkend. Das Berliner Bildungsinstitut Dissens hat zusammen mit den Soziologen Olaf Stuve (Institut für politische Wissenschaften und Institut für Didaktik der Demokratie an der Leibniz Universität Hannover) und dem Psychologen Thomas Viola Rieske (Europa-Universität Flensburg) im Auftrag des GEW-Zukunftsforums Lehrer_innenbildung in der Studie „Männer ins Grundschullehramt“ analysiert, wie in Grundschulkollegien mehr Geschlechtervielfalt erreicht werden könne, und wie heterogene Kollegien geschlechts- und diversitätsreflektiert arbeiten könnten.
Um den Anteil männlicher Lehrkräfte an Grundschulen zu erhöhen, schlagen die Autoren Folgendes vor:
- Es braucht eine Ausweitung einer geschlechter- und diversitätsreflektierten Berufswahlbegleitung.
- Zugangswege zum Grundschullehramt sollten weiter diskutiert werden – sowohl hinsichtlich des Zugangs zu Studienplätzen als auch hinsichtlich der Möglichkeiten eines qualifizierenden Quer- und Seiteneinstiegs.
- Die materielle und kulturelle Konstruktion des Grundschullehramts ist verbesserungswürdig. Zum Beispiel gilt es, das Grundschullehramt als Beruf attraktiver zu machen, indem es in gleicher Weise wie andere Lehrämter besoldet wird und mehr Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung bietet.
- Geschlechterbilder in der Grundschule gilt es zu vervielfältigen.
- Die (Weiter)Entwicklung von Gender- und Diversitätskompetenz als Teil pädagogischer Professionalität sollte als Kernaufgabe der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen wahrgenommen und umgesetzt werden.
- Vernetzung der Initiativen: Aus dem Projekt Männer und Grundschullehramt der Universität Hildesheim ist eine Vernetzung der Projekte und Initiativen entstanden. Diese Vernetzung sollte aufgegriffen und ausgebaut werden.
- Es braucht weitere Forschung zum Thema: Die Bedeutung der Zugehörigkeiten von Lehrkräften für die Bildungsprozesse von Kindern ist unzureichend geklärt.
Die 56 Seiten lange Studie präsentiert zudem Zahlen und Ursachen des geringen Männeranteils im Grundschullehramt. Demnach meldet Sachsen-Anhalt aktuell den niedrigsten Männeranteil (7 Prozent), Hamburg, Hessen und Saarland die höchsten Männeranteile (14 Prozent). Seit 1994 sank der Anteil der Grundschullehrer unter allen männlichen Erwerbspersonen von 0,18 auf 0,12 Prozent.
Die GEW befürwortet, „dass als Mindestquote für das unterrepräsentierte Geschlecht 30 Prozent angestrebt werden“. Die Bildungsgewerkschaft startete im November 2016 auch die Kampagne „JA 13 – weil Grundschullehrerinnen es verdienen“, um eine gerechtere Bezahlung an Grundschulen zu erreichen. Auch Stuve und Rieske untersuchten Status und Image des Grundschullehramts als Zugangshindernis.
Unterdessen stieg der Männeranteil bei Kita-Betreuern in den vergangenen zehn Jahren von 3,1 auf 5,8 Prozent. Dies teilte die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/2928) auf eine Kleine Anfrage der Grünen (19/2504) mit.
„Dissens – Institut für Bildung und Forschung e. V.entwickelt Forschungs- und Bildungsprojekte zu vielfältigen Themen im Bereich Geschlechterverhältnisse, unter Berücksichtigung von Mehrfachdiskriminierungen.