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Schulen in der Coronapandemie

„Geplanter Inzidenzwert von 165 ist immer noch zu hoch“

Die Pläne für die Corona-Notbremse des Bundes sind noch einmal nachgebessert worden. Ein wichtiger Punkt: Schulen sollen früher als bisher geplant auf Distanzunterricht umschalten. Der GEW geht die Verschärfung nicht weit genug.

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Die GEW setzt sich weiterhin dafür ein, dass Schulen ab einem Wert von 100 auf Präsenzunterricht verzichten und Kitas geschlossen werden. (Foto: Shutterstock)

Die Pläne für die Corona-Notbremse des Bundes sind noch einmal nachgebessert worden. Laut Medienberichten sollen Schulen früher als bisher geplant auf Distanzunterricht umschalten und Kitas geschlossen werden. Der GEW geht die Änderung des Infektionsschutzgesetzes jedoch nicht weit genug.

„Der jetzt geplante Inzidenzwert von 165, ab dem Schulen auf Fernunterricht umstellen sollen, ist immer noch zu hoch. Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern werden damit Risiken ausgesetzt, die Politik in anderen Teilen der Gesellschaft nicht für akzeptabel hält“, sagte GEW Chefin Marlis Tepe mit Blick auf die Beratung des Infektionsschutzgesetzes am Mittwoch im Bundestag.

Die GEW setzt sich deshalb weiterhin dafür ein, dass Schulen ab einem Wert von 100 auf Fernunterricht umschalten und Kitas geschlossen werden. Nur so sei der Gesundheitsschutz für Lehrkräfte, Kita-Fachkräfte, Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern zu sichern.

 

Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:

5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

Voraussetzungen für Schul- und Kita-Öffnungen schaffen

„Wer das – grundsätzlich richtige – Ziel verfolgt, Schulen und Kitas so lange wie möglich offen zu halten, muss dafür die Voraussetzungen schaffen und den Gesundheitsschutz aller Beteiligten sicherstellen. Dies ist gut ein Jahr nach Beginn der Pandemie immer noch nicht geschehen: Es gibt keine alltagstaugliche, stringente Teststrategie, die Impfung der an Schule und Kitas Beschäftigten geht im Schneckentempo voran. Luftfilter für Klassen- und Gruppenräume sind bis heute die Ausnahme. Weiterhin fehlt flächendeckendes W-LAN, Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler sind meist nicht mit digitalen Endgeräten ausgestattet, ganz zu schweigen von der Einstellung der dringend benötigten IT-Fachleute“, sagte Tepe weiter.

„Das A und O bleibt die schnelle und deutliche Erhöhung des Impftempos.“ (Marlis Tepe)

Sie betonte noch einmal: „Das A und O bleibt die schnelle und deutliche Erhöhung des Impftempos. Dafür müssen alle Lehrkräfte und weitere im Bildungsbereich Beschäftigte in die Impfgruppe 2 aufgenommen werden. Nur Impfungen bieten einen hohen Schutz für alle Menschen in Schulen, Kitas, Hochschulen und der Erwachsenenbildung.“

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

Schwellenwert senken

Bund und Länder wollen mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes einheitliche Regelungen im Kampf gegen die dritte Corona-Welle festschreiben. Das gilt auch für die Schulen. Im ersten Entwurf des Bundes war vorgesehen, dass Schulen in den Distanzunterricht wechseln müssen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz auf 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner steigt.

Dieser Schwellenwert soll nun aber gesenkt werden. Nach übereinstimmenden Medienberichten sieht die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses vor, an Schulen schon bei einer Inzidenz von 165 in den Distanzunterricht zu wechseln. Abschlussklassen und Förderschulen sollen vom Stopp des Schulbesuchs ausgenommen werden können.

Die Notbremse soll am Mittwoch im Bundestag verabschiedet werden. Der Bundesrat will sich am Donnerstag damit befassen.