Deutsches Schulbarometer 2025
Schulen brauchen „Zeit für Demokratie“
Lehrkräfte wünschen sich laut des aktuellen Schulbarometers mehr Demokratiebildung an Schulen, sehen den Einsatz von KI im Unterricht skeptisch und empfinden das Verhalten vieler Schüler*innen zunehmend als belastend.
Angesichts der politischen Entwicklungen in Deutschland und weltweit muss Demokratiebildung nach Ansicht der GEW zum Topthema der Schulpolitik werden. „Demokratiebildung findet in den Schulen zu spät, zu wenig und vor allem kaum auf den Unterricht und die Schule selbst bezogen statt“, sagte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied Schule mit Blick auf die Ergebnisse des am Mittwoch vorgestellten Deutschen Schulbarometers der Robert Bosch Stiftung. „Wenn über die Hälfte der Lehrkräfte sagt, dass an ihrer Schule mehr für Demokratiebildung getan werden sollte, und mehr als drei Viertel als Haupthindernis hierfür die fehlende Zeit nennen, lautet das Gebot der Stunde: ‚mehr Zeit für Demokratie‘.“
„Demokratiebildung braucht eine stärkere Verankerung in den Lehrplänen, mehr schulische Ressourcen und Räume sowie personelle Unterstützung für eine demokratische Schulentwicklung.“ (Anja Bensinger-Stolze)
Die GEW-Schulexpertin forderte: „Demokratiebildung braucht eine stärkere Verankerung in den Lehrplänen, mehr schulische Ressourcen und Räume sowie personelle Unterstützung für eine demokratische Schulentwicklung.“ Dabei gehe es nicht nur darum, Rechtsextremismus und Fake News zu begegnen, sondern auch darum, Konflikten in der Schule vorzubeugen. Demokratie müsse in der Schule auch gelebt werden, vom regelmäßigen Feedback im Unterricht bis zur paritätischen Vertretung der Schüler*innen in der Schulkonferenz. „Kinder und junge Menschen sollen erfahren, dass ihr Wort etwas zählt und ihr Tun etwas bewegt.“
Lernen über KI kommt zu kurz
Mit Blick auf die Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Unterricht, die von den befragten Lehrkräften unterschiedlich bewertet wurde, schließt sich die GEW der eher skeptischen Perspektive an. Die Unsicherheit sei berechtigt, sagte Bensinger-Stolze. Die Erwartung vieler Lehrkräfte, dass die Nutzung von KI-Tools negative Folgen für soziale Fähigkeiten sowie das kritische Denken habe, werde bereits durch erste Studien bestätigt. Auch gebe es bereits zu viele Anwendungen, die pädagogisch und datenschutzrechtlich bedenklich seien.
Unter dem Strich werde der Fokus bisher zu einseitig auf das Lernen mit KI gelegt. Das Lernen über KI komme – sowohl im Unterricht als auch in der Aus- und Fortbildung – deutlich zu kurz.
- Mehr als die Hälfte der Lehrkräfte ist der Meinung, dass an ihrer Schule mehr für die Demokratiebildung getan werden sollte. Von denjenigen, die sich ein stärkeres Engagement in diesem Bereich wünschen, sehen 77 Prozent die fehlende Unterrichtszeit als das größte Hindernis.
- Rund jede fünfte Lehrkraft äußert die Sorge, dass Demokratiethemen im Unterricht zu kurz kommen könnten, weil viele unsicher im Umgang mit dem Neutralitätsgebot sind.
- In ostdeutschen Bundesländern berichten 38 Prozent der Lehrkräfte von einem geringen Interesse im Kollegium an Demokratiebildung. Zudem befürchten 29 Prozent, dass Diskussionen über demokratische Themen zu Konflikten unter den Schülerinnen und Schülern führen könnten.
- Der Einsatz von KI im Unterricht wird von vielen Lehrkräften mit gemischten Gefühlen betrachtet. Vor allem bei sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sowie beim kritischen Denken sehen mehr als 60 Prozent der Befragten eher negative Auswirkungen. Wenn KI gezielt zur individuellen Förderung eingesetzt werde, sehen 57 Prozent darin aber auch einen klaren Vorteil für das Lernen.
- Die größte berufliche Herausforderung für Lehrkräfte stellt derzeit das Verhalten der Schülerinnen und Schüler dar. Der Anteil der Lehrkräfte, die dies als zentrales Problem benennen, stieg von 35 Prozent auf 42 Prozent. An Haupt- Real- und Gesamtschulen trifft das sogar auf jede zweite Lehrkraft zu (52 Prozent).
- An zweiter Stelle der meistgenannten Herausforderungen stehen die hohe Arbeitsbelastung und der zunehmende Zeitmangel (34 Prozent). Der Lehrkräftemangel, der lange Zeit als zentrales Problem galt, wird aktuell nur noch von 20 Prozent der Befragten als größte Schwierigkeit genannt.
(Quelle: Deutsches Schulbarometer 2025)
„Gesunde Schulen“ für Lehrende und Lernende
Mit Blick auf die besorgniserregenden Befunde zum Verhalten sowie psychischen Problemen von Schüler*innen und den damit verbundenen Belastungen für Lehrkräfte plädierte Bensinger-Stolze für „gesunde Schulen“ für alle. „Das Wohlbefinden der Lehrenden und Lernenden wie auch die Arbeitsbedingungen müssen endlich zu Kriterien für Schulqualität werden“, betonte sie.
Ein Drittel der Lehrkräfte fühle sich mehrfach in der Woche erschöpft, zehn Prozent sogar täglich. Dies sei nicht nur angesichts des Lehrkräftemangels alarmierend. „Wir brauchen deutlich mehr Zeit im Schulalltag, also die Senkung der Unterrichtsverpflichtung sowie eine deutlich bessere personelle Ausstattung mit Lehrkräften, Erzieher*innen, Schulsozialarbeiter*innen und -psycholog*innen und nicht zuletzt Verwaltungspersonal. So wird mehr pädagogische Arbeit möglich“, forderte die Schulexpertin.