Zum Inhalt springen

Schlechte Chancen für Bildungsaufsteiger

Das Bildungsviveau in Deutschland stagniert: Laut der am Dienstag in Berlin vorgelegten OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" erreichen nur 20 Prozent der jungen Erwerbstätigen hierzulande einen höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern, 22 Prozent dagegen einen niedrigeren. Im internationalen Vergleich ein Armutszeugnis.

Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verweist in der jüngsten Ausgabe ihrer jährlich erscheinenden Bildungsstudie darauf, dass im OECD-Vergleich 37 Prozent der 25- bis 34-jährigen Erwerbstätigen einen höheren Bildungsstand als ihre Eltern erreichen, lediglich 13 Prozent bleiben auf einem niedrigeren Niveau.

"Deutschland hat sich damit vom allgemeinen Trend zu formal höheren Abschlüssen in den OECD-Staaten signifikant abgekoppelt", erklärte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne. Grund dafür sei auch, dass die Bildungsmobilität durch eine Fehlsteuerung von Mitteln eingeschränkt werde. So würde etwa das Geld für BAföG reduziert und stattdessen ein Stipendiensystem nach dem Lostopf-Prinzip aufgebaut.

Tendenziell wird Deutschland laut Studie in Bezug auf das Bildungsniveau gegenüber anderen OECD-Staaten künftig eher weiter zurückfallen. Dies auch, weil die Studienanfänger- und -abschlussquoten trotz leichter Steigerung noch immer deutlich niedriger liegen als im OECD-Durchschnitt.

Auch beim Geld, das für Bildung ausgegeben wird, hat Deutschland weiter Rückstand: Die Bildungsausgaben stiegen zwar zwischen 2008 und 2009 leicht an. Da viele Staaten ihre Bildungsbudgets aber ähnlich stark oder sogar noch kräftiger steigerten, liegt Deutschland hier weiterhin deutlich unterhalb des OECD-Durchschnitts.

"Beruf attraktiver machen"

Die OECD-Studie belegt auch, dass Lehrkräfte an Grundschulen und in der Sekundarstufe I weniger verdienen als vergleichbare Akademiker. Hier besteht laut Thöne Nachholbedarf.

In Bezug auf die Vergleichbarkeit der Gehälter müsse bei internationalen Vergleichen stets beachtet werden, dass beispielsweise die Lebenshaltungskosten in Deutschland deutlich höher als in den meisten anderen OECD-Ländern sind, die Arbeitszeit deutscher Lehrkräfte klar über dem OECD-Mittel liege, die Ausbildung wegen des Referendariats länger sei und das Durchschnittseinkommen mit dem Alter steige, so der GEW-Vorsitzende: "Der Durchschnittsverdienst weist auf ein ernst zu nehmendes Problem hin: Fast 50 Prozent der Lehrkräfte an Schulen sind 50 Jahre und älter." Zudem müsse berücksichtigt werden, dass in vielen anderen Ländern Leistungen der Lehrkräfte wie Prüfungen, Elternarbeit oder Klassenfahrten zusätzlich entlohnt werden, dies jedoch nicht in die OECD-Berechnung der Durchschnittslöhne einfließe.

"Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der Lehrkräfte müssen verbessert werden, um den Beruf attraktiver zu machen", sagte Thöne. "Schon heute fehlen tausende voll qualifizierte Lehrkräfte an den Schulen. Der Bedarf wird in den nächsten Jahren, wenn die Pensionierungswelle voll weiter rollt, noch größer."