Bildung(unter)finanzierung
Schlechte Aussichten
Unsicherheit und kritische Fragen überwiegen beim Entwurf des Bundeshaushalts für Bildung und Forschung 2025.
Der Armutsforscher Christoph Butterwegge bringt es auf den Punkt: Haben die Regierungen von Bund und Ländern Probleme bei der Aufstellung ihrer Haushalte, dann dominieren schnell neoliberale Forderungen nach Kürzungen der Sozialausgaben. Seltener sind dagegen Rufe, Superreiche durch Vermögen- und Erbschaftsteuer sowie höhere Spitzensteuersätze stärker an der Finanzierung dringender gesellschaftlicher Aufgaben zu beteiligen.
Dabei springen aktuell Schlagzeilen über diverse Studien ins Auge, die den seit Monaten schwelenden Streit der Ampelkoalition über den Bundeshaushalt 2025 begleiten. Beispiel eins: Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl der Superreichen in der Bundesrepublik von 3.000 auf 3.300 gestiegen. Als superreich gilt, wer ein Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro sein Eigen nennt.
Beispiel zwei: Durch das Aussetzen der Vermögensteuer 1996 ist dem Staat bis heute ein gesellschaftlicher Einnahmeverlust von 380 Milliarden Euro entstanden – Geld, das vor allem in den Haushalten der Länder fehlt.
Beispiel drei: Die Wiedereinführung einer Vermögensteuer in Deutschland auf dem Niveau der gültigen Vermögensteuersätze der benachbarten Schweiz würde dem deutschen Fiskus Jahr für Jahr rund 73 Milliarden Euro mehr in die Kassen spülen. Doch im FDP-geführten Bundesfinanzministerium will man von Steuererhöhungen nichts wissen. Und: An der Schuldenbremse soll eisern festgehalten werden, auch wenn nicht wenige Wirtschaftswissenschaftler das als völligen Unsinn bezeichnen.
Sparkurs bei steigendem Etat?
Für Bildung wie für Forschung bedeutet das erhebliche Probleme, obwohl diese Bereiche laut den Beteuerungen nahezu aller Parteien angeblich „Priorität“ genießen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plädierte unlängst erneut für Kürzungen im Sozialbereich – zugunsten der „neuen, wichtigeren Prioritäten“ Verteidigung, Sicherheit und natürlich auch Bildung.
Doch wie kann das funktionieren? Lernbeispiel dafür ist der Kabinettsbeschluss der Regierung vom 17. Juli. Der Etat von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) soll demnach im kommenden Jahr formal um rund 830 Millionen auf 22,3 Milliarden Euro steigen. Doch zugleich soll sie laut Beschluss im laufenden Ausgabenvollzug 2025 rund 800 Millionen als „globale Minderausgabe“ einsparen. Zudem muss die Ministerin durch Kürzungen bei anderen Posten in ihrem Etat zusätzliches Geld für die BAföG-Erhöhung zusammenkratzen, ebenso rund 400 Millionen für die erste Jahresrate des Startchancenprogramms.
Weitere 600 Millionen werden den Ländern für dieses Programm durch Änderung des Umsatzsteuerschlüssels zugutekommen. Ein kleinerer Teil des Startchancengeldes fließt erstmals nach sozialen Kriterien an die Länder, was wirtschaftsschwächere Länder wie Bremen mit hohem Migrantenanteil besserstellt. Bisher galt bei anderen Bundesprogrammen der Königsteiner Schlüssel. Dabei gelten Wirtschaftskraft, Steueraufkommen und Bevölkerungszahl als Kriterien. Das neue Verteilungssystem entspricht zum Teil Vorschlägen der GEW. Sie hatte 2022 dazu ein Gutachten vorgelegt.
Nullsummenspiel
Aber wie kann man der Öffentlichkeit Bildungsausgaben politisch als „absolut prioritär“ verkaufen, real jedoch Ausgaben kürzen? Die Antwort: mit Etat-Kosmetik und vielen Tricks. Die Ausgaben für den Digitalpakt I waren bisher im Einzelplan 60 des Bundeshaushalts ausgewiesen. Das ist ein ressortübergreifender Sondertopf für diverse temporäre Programme oder Ausgaben des Bundes. Für den jetzt auslaufenden Pakt I waren noch gut 1,3 Milliarden Euro von den Ländern bisher nicht abgerufene Restmittel in diesem Etat.
Über die Finanzierung des Folgepaktes II streiten Bund und Länder nach wie vor. Nach übereinstimmenden Recherchen und Aussagen der Länder verschob Lindner jetzt die bisher nicht abgerufenen Gelder für den Pakt I vom Einzelplan 60 in den Einzelplan 30 von Stark-Watzinger. So kommt rein rechnerisch im Etat für Bildung und Forschung zwar ein Aufwuchs zustande, real ist das jedoch ein Nullsummenspiel.
Unter dem Strich bleiben zwei Szenarien. Entweder hübschen die Haushaltspolitikerinnen und -politiker der Koalition im Spätherbst den Etatentwurf im Parlament noch ein wenig auf; ihr maximaler Spielraum dürfte dabei bei 200 bis 300 Millionen Euro liegen. Oder die Ampelkoalition platzt – mit der Folge Große Koalition oder Neuwahl. Für Bildung und Forschung sind das alles keine guten Perspektiven.