Übergangsregelung für Honorarlehrkräfte und Lehrbeauftragte an Hochschulen
Rechtssichere und faire Beschäftigungsbedingungen schaffen
In seiner vorletzten Sitzungswoche vor der Bundestagswahl 2025 hat der Deutsche Bundestag am 30. Januar 2025 eine Gesetzesänderung beschlossen, mit der ein neuer § 127 SGB IV eingeführt wurde.
Der neue Paragraf schafft eine Übergangsregelung zur Sozialversicherungspflicht für Lehrkräfte bis Ende 2026. In dieser Zeit können Lehrkräfte, die einen Honorarvertrag abgeschlossen haben, als Selbständige weiterbeschäftigt werden, auch wenn bei einer Statusfeststellung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) herauskommt, dass sie scheinselbständig seien.
Reaktion auf „Herrenberg-Urteil“
Diese Übergangsregelung ist eine Reaktion auf das „Herrenberg-Urteil“ und Ergebnis eines intensiven Dialogprozesses des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), an dem die GEW beteiligt war. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte in dem „Herrenberg“- Urteil bereits 2022 festgestellt, dass eine Lehrkraft an einer kommunalen Musikschule scheinselbständig, also sozialversicherungspflichtig beschäftigt war: „Denn für eine unternehmerische Tätigkeit der Beigeladenen fehlen jegliche Anhaltspunkte (BSG, 28.06.2022, B 12 R 3/20 R).“
Dieses Urteil hatte zu Verunsicherung bei vielen Trägern geführt, ob sie nun überhaupt noch Honorarlehrkräfte rechtssicher beschäftigen könnten. In diesem Zusammenhang warben sie für eine Übergangsfrist, um ihre Beschäftigungsverhältnisse anzupassen.
- Die Kriterien zur Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung haben sich nicht geändert. Nicht durch das „Herrenberg-Urteil“ und nicht durch die Übergangsregelung. Sie gelten uneingeschränkt auch für Honorarlehrkräfte und Lehrbeauftragte an Hochschulen.
- Geprüft wird jeweils der Einzelfall. Es gibt keine K.-o.-Kriterien, vielmehr kommt es darauf an, welche Kriterien überwiegen: Die, die für eine Selbständigkeit sprechen, oder jene, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Dabei kommt es weiterhin vor allem auf die Weisungsgebundenheit und Eingliederung der Lehrkraft in den Betrieb des Auftraggebers bzw. Arbeitgebers an.
- Die Rentenversicherungsträger werden in der Übergangsphase voraussichtlich keine Betriebsprüfungen bei den Bildungsträgern und Hochschulen durchführen, obwohl das Gesetz sie nicht ausdrücklich dazu verpflichtet, diese zu unterlassen. Vielmehr umfasst die Regelung ausdrücklich auch Statusfeststellungen im Rahmen von Betriebsprüfungen. Sie werden auch nicht, wie vor Beginn des Dialogprozesses, jede Lehrkraft, die sich als Honorarlehrkraft gemäß § 2 SGB VI bei der Rentenversicherung anmelden möchte, auffordern, zuvor eine Statusfeststellung zu beantragen. Aber eine freiwillige Statusfeststellung im Antragsverfahren gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist weiterhin jederzeit möglich. Diese kann durch die Lehrkraft oder ihre*n Auftraggeber*in beantragt werden.
- Kommt die DRV im Antragsverfahren zu dem Schluss, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, wird die Lehrkraft gefragt, ob sie zustimmt, bis Ende 2026 weiterhin als Selbständige behandelt zu werden. Wenn die Lehrkraft widerspricht, treten die üblichen Rechtsfolgen ein. D.h. in der Regel muss der Auftraggeber die RV-Beiträge nachzahlen, die Lehrkraft hat ggf. einen Erstattungsanspruch. Wie zuvor erlangt sie aufgrund der sozialrechtlichen Statusfeststellung aber arbeitsrechtlich keinen Arbeitnehmerstatus und hat somit keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.
- Beschäftigte, die erwägen, ihren (sozialrechtlichen) Status feststellen zu lassen, sollten sich der damit verbundenen Risiken bewusst sein. In der Regel wird der Auftraggeber sie, wenn bei der Statusfeststellung herauskommt, dass sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, nicht weiterbeschäftigen. Als Selbständige darf er sie nicht mehr behandeln, ist aber auch nicht verpflichtet, sie als Arbeitnehmer*in zu beschäftigen. Die Lehrkraft hat schlechte Chancen, dies vor einem Arbeitsgericht einzuklagen. Insbesondere sollten alle Honorarlehrkräfte stets die bereits bestehende Rentenversicherungspflicht als selbständige Lehrkräfte gem. § 2 SGB VI beachten. Sonst drohen ihnen selbst ggf. erhebliche Nachzahlungen.
Bundestariftreuegesetz gefordert
Die GEW fordert die Träger und die künftige Bundesregierung auf, die Übergangszeit zu nutzen, um rechtssichere und faire Beschäftigungsbedingungen in allen Bereichen der Erwachsenenbildung sicherzustellen.
- Dazu gehört auch ein Bundestariftreuegesetz, das bewirkt, dass staatliche Gelder nicht an Träger und Unternehmen fließen, die Tarifflucht begehen.
- Dazu gehört – unabhängig vom Beschäftigungsstatus – ein Einkommen, das der Tätigkeit einer akademisch ausgebildeten Fachkraft angemessen ist.
- Dazu gehört auch die Aussicht auf eine Rente, die einen entsprechenden Lebensstandard ermöglicht. Die Sozialversicherungsbeiträge sind paritätisch zu tragen.
Rechtssicherheit für die Träger darf nicht zulasten der Lehrkräfte gehen!