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Kommentar

Rat-los

Beim Nationalen Bildungsrat bleibt die Bundesregierung ratlos. Die GEW fordert, Linien aufzuzeigen, wie Bildung von der Kita über Schule im Ganztag, berufliche Bildung, Hochschule und Weiterbildung zusammengedacht und fortentwickelt werden könne.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (Foto: Kay Herschelmann)

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, „die Bildungschancen in Deutschland im gemeinsamen Schulterschluss von Bund und Ländern zu verbessern“. Dafür wollte sie einen Nationalen Bildungsrat einrichten, wie ihn GEW sowie Expertinnen und Experten vorgeschlagen hatten. Im September erreichen wir die Halbzeit der Legislaturperiode und stellen fest: Beim Nationalen Bildungsrat bleibt die Bundesregierung ratlos. Bund und Länder streiten von Anfang an über die Zusammensetzung und die Kompetenzen des Rates. Scharf kritisieren wir, dass Sozialpartner und somit Gewerkschaften außen vor bleiben sollen. Eine Einigung scheint nicht in Sicht, denn nach dem Gespräch von Kultusministerkonferenz (KMK) und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) Anfang Juni gibt es keine neuen Verlautbarungen, keine Einigung.

Am Beispiel des Digitalpaktes wird deutlich, wie schwer sich die politischen Ebenen tun, Schülerinnen und Schüler so mit guter Bildung auszustatten, dass sie ihr Leben und Arbeiten in der sich durch Globalisierung und Digitalisierung rasant verändernden Welt selbstbestimmt und kompetent gestalten können. Viel Zeit ist verloren gegangen, und die bisherige Ausgestaltung von Aus- und Fortbildung für Lehrkräfte ist mangelhaft. Wir haben unsere Mitglieder befragt: Diese brauchen ein funktionierendes WLAN, sie brauchen Systemadministratoren, sie wollen, dass die Technik funktioniert und einsetzbar ist. Immerhin hatte die Kultusministerkonferenz ein gemeinsames Strategiepapier erstellt, und nach der Lockerung des Kooperationsverbotes werden für den Digitalpakt nun über den Sommer die Verwaltungsvereinbarungen geschlossen, damit die Schulträger an das Geld kommen.

Von einem Bildungsrat wünsche ich mir, dass er die gesamte Bildungsbiografie der Menschen in den Blick nimmt.

Ein Nationaler Bildungsrat müsste Linien aufzeigen, wie Bildung von der frühkindlichen Bildung über Schule im Ganztag, berufliche Bildung, Hochschule und Weiterbildung zusammen gedacht und fortentwickelt werden kann. Untersuchungen des Nationalen Bildungsberichts könnten Ausgangspunkte für Problemanalysen sein. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssten Vorschläge entwickeln, die mit den Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und Eltern, den Sozialpartnern und natürlich der Bildungsverwaltung diskutiert werden. Vorgesehen sind jetzt zwei Kammern. Die eine soll aus Wissenschaft und Praxis sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bestehen, die andere aus Bildungsverwaltung von Bund, Ländern und Kommunen. Der Streit geht um das Gewicht der Ebenen und Vetorechte bei Empfehlungen. Wir brauchen jedoch eine ganz andere Diskussion: um Inhalte und drängende Ziele sowie Maßnahmen für eine gute gemeinsame Bildungsstrategie!

Von einem Bildungsrat wünsche ich mir, dass er die gesamte Bildungsbiografie der Menschen in den Blick nimmt, aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, wissenschaftliche Erkenntnisse aufgreift, verschiedene Bildungspolitiken bewertet und sie der Öffentlichkeit so präsentiert, dass es eine gute Debatte gibt. Eine gemeinsame bildungspolitische Weiterentwicklung muss breit getragen werden.

Wenn die Lehrkräfte und ihre Gewerkschaften einbezogen werden, steigen die Chancen, dass Entwicklungen und Veränderungen gelingen.

Das alles bedeutet: Ein Bildungsrat wird nur langsam arbeiten, er würde Zeit brauchen. Er könnte praktische Probleme, die sich bereits heute stellen, nur langfristig lösen. Die Strukturen wie Bundesbildungsministerium, KMK, Kommunen müssen ihre Zusammenarbeit so entwickeln, dass alle Bildung für alle vorantreiben. Die Bildungsgewerkschaft GEW bietet dafür auf allen Ebenen ihre Gesprächsbereitschaft und Mitarbeit an.

Denn, das zeigt die internationale Erfahrung: Wenn die Lehrkräfte und ihre Gewerkschaften einbezogen werden, steigen die Chancen, dass Entwicklungen und Veränderungen gelingen. Wenn die Regierungen für gute Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen sorgen, werden die Pädagoginnen und Pädagogen die Bildungsentwicklung vorantreiben.